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Vanthoffit


Formel: Na6Mg(SO4)4, monoklin

Typlokalität: Wilhelmshall, Anderbeck bei Halberstadt, Sachsen-Anhalt

Erstbeschreibung:
KUBIERSCHKY, K. (1902): Über ein eigenthümliches Salzvorkommen im sogenannten Magdeburg-Halberstädter Becken.- Sitzungsberichte der Königlichen Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jahrgang 1902, 404-413




Farbloser Vanthoffit. Berlepsch-Schacht, Stassfurt, Sachsen-Anhalt. Bildbreite 7 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Ein neues Natrium-Magnesium-Sulfat

K. KUBIERSCHKY berichtet 1902 über Funde seltener Salzminerale in den Stassfurter Salzlagern, wie zum Beispiel den Langbeinit und ein neues, bisher noch nicht bekanntes Mineral:
"Im vorigen Jahr hatte ich Gelegenheit, das Bergwerk der Gewerkschaft Wilhelmshall zu befahren und dabei auch die eben erwähnte Lagerstätte von Langbeinit in Augenschein zu nehmen. Hierbei fielen mir in dem in der Grube aufgestapelten Haufwerk Salzstücke von besonderm Aussehen auf, die als Schönit bezeichnet wurden, aber Schönit offenbar nicht waren. Nach mir gewordener Mittheilung bildete das Material den Übergang vom Langbeinit zu dem aufgelagerten Hartsalz. Ohne die Erwartung besonderer Überraschungen nahm ich seiner Zeit von dem erwähnten Material ein Stück etwa von der Grösse eines Handtellers zur Untersuchung mit.
Die weitere Betrachtung bei Tageslicht bestätigte ein eigenthümliches, von mir bisher noch nicht beobachtetes Aussehen. Eine auffällige Weisse bez. Farblosigkeit, ein unregelmässiger Bruch ohne irgend welche Krystallfläche, eine theilweise perlmutterig schillernde Oberfläche, eine gewisse Bröckligkeit und ein schwacher Geschmack zeichneten das Stück aus."
Die chemische Analyse des Materials zeigte uneinheitliche Ergebnisse. Das Verhältnis von Kaliumsulfat, Magnesiumsulfat und Natriumsulfat schwankte recht stark. Das analysierte Materialwar offensichtlich ein Gemenge. Ein Fragment des Handstücks, das Professor VAN'T HOFF übersandt wurde, enthielt nach dessen Analyse kein Kalium. KUBIERSCHKY kommt zu dem Ergebnis, dass ein wasserfreies Natrium-Magnesium-Sulfat vorliegt und das Kaliumsulfat sowie das Wasser auf Beimengungen zurückzuführen sind. Auch etwas Natriumchlorid ist als Beimengung vorhanden. Für das neue Mineral nimmt KUBIERSCHKY die Formel "3Na2SO4 . MgSO4" an. Weiter schreibt er:
"Diese Zusammensetzung ist vorher weder in der Natur, noch im Laboratorium beobachtet worden. Ein Zweifel über deren Vorhandensein ist vollkommen ausgeschlossen, zumal Hr. Prof. VAN'T HOFF nach privater Mittheilung vermocht hat, den Stoff im Laboratorium nachzubilden. Wie später gezeigt werden wird, ist das natürliche Vorkommen weiter bestätigt worden, und wir haben es also mit einem neuen Mineral zu thun, das ich mich freue nach dem erfolgreichen Pfadfinder in den Wirrsalen der oceanischen Salzablagerungen mit dem Namen Vanthoffit belegen zu dürfen."
Als Begleitminerale, die eng mit dem Vanthoffit verwachsen sind, findet KUBIERSCHKY neben Halit auch Glaserit und Löweit und nimmt weiterhin ein unbekanntes Kalium-Magnesium-Natrium-Sulfat an.

Der Chemieprofessor Jacobus Hendricius VAN'T HOFF (1902) konnte, wie er in einem Nachtrag zu der Schrift von KUBIERSCHKY beschreibt, die Substanz im Labor aus einer Lösung von Natriumchlorid, Natriumsulfat und Magnesiumsulfat erhalten.


         Weitere Untersuchungen an Vanthoffit

Rudolf GÖRGEY (1909) untersuchte Vanthoffit aus Hall, Tirol, Österreich, und fand für das Mineral eine Härte von 3,5 - 3,6 und eine Dichte von 2,694 (bei 20°C). Vanthoffit ist optisch zweiachsig negativ mit den Brechungsindizes α = 1,4855, β = 1,4876 und γ = 1,4893 sowie einem Achsenwinkel 2V = 84°. Das Kristallsystem des Minerals konnte nicht bestimmt werden, da keine Kristalle oder Kristallflächen erkennbar waren. Vanthoffit fand sich lediglich in einem Handstück als linsenförmige Einlagerung in Blödit.


         Kristallografische Analysen

Werner FISCHER & Erwin HELLNER (1964) führten röntgenografische Untersuchungen an synthetischem Vanthoffit durch. Das Mineral kristallisiert nach Weissenberg-Aufnahmen monoklin, in der Raumgruppe P21/c. Aus Guinier-Aufnahmen bestimmten sie die Gitterparameter a = 9.797, b = 9.217, c = 8.199 Å und β = 113.5°. Pro Elementarzelle sind 2 Formeleinheiten vorhanden. Auch die Atompositionen wurden bestimmt.


         Die Fundstelle

Nachdem man 1884 am Huy, einem nördlich von Halberstadt gelegenen Höhenzuge, Kalisalze erbohrt hatte, begann man am 22. Juli 1889 mit dem Abteufen des Schachtes Elisabeth (Wilhelmshall I). Er erreichte 1892 seine Endteufe von 344 Metern und nahm noch im gleichen Jahr die Förderung auf. Am 14.Januar 1913 begann man mit dem Abteufen von Schacht Anderbeck (Wilhelmshall II), der 1920 seine Endteufe von 485 Metern erreichte. Abgebaut wurde die Nord- und Südflanke des Kaliflözes Staßfurt. Bereits 1926 wurde der Abbau eingestellt. Das stillgelegte Bergwerk wurde von 1934 bis zum 8. April 1945 als Heeresmunitionsanstalt genutzt.
Das Bergwerk Wilhelmshall ist die Typlokalität von zwei Salzmineralen: Langbeinit und Vanthoffit.



Chemische Analyse von Vanthoffit (in Masse-%)

    Vanthoffit
  Wilhelmshall,
  bei Halberstadt
  KUBIERSCHKY (1902) 1) 
  Vanthoffit
  Wilhelmshall,
  bei Halberstadt
  KUBIERSCHKY (1902) 1) 
  Vanthoffit,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  K2SO4     6.2     1.4  
  Na2SO4   68.0   68.3   77.97
  MgSO4   22.6   19.6   22.03
  NaCl     1.3   10.2  
  H2O     7.2     0.9  
  Summe     105.3 100.4 100.00

1) Auswahl aus mehreren Analysen. Alle Proben waren mit anderen Mineralen verunreinigt.



Literatur:
FISCHER, W. & HELLNER, E. (1964): Über die Struktur des Vanthoffits.- Acta Crystallographica, 17, 1613

GÖRGEY, R. (1909): Salzvorkommen aus Hall in Tirol.- Tschermaks mineralogische und petrographische Mitteilungen 28, 334-346

KUBIERSCHKY, K. (1902): Über ein eigenthümliches Salzvorkommen im sogenannten Magdeburg-Halberstädter Becken.- Sitzungsberichte der Königlichen Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jahrgang 1902, 404-413

VAN'T HOFF, J.H. (1902): Nachtrag.- Sitzungsberichte der Königlichen Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jahrgang 1902, 414-415





© Thomas Witzke / Stollentroll

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