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Tachyhydrit Formel: CaMg2Cl6 · 12 H2O, trigonal Typlokalität: Staßfurt, Sachsen-Anhalt Erstbeschreibung: RAMMELSBERG, C.F. (1856): Ueber den Tachhydrit, ein neues Mineral aus dem Steinsalzlager von Stassfurth.- Annalen der Physik und Chemie 174 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 98), 261-263 |
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Gelber Tachyhydrit mit farblosem bis rosafarbenem Carnallit. Grube Brefeld, Tarthun bei Staßfurt, Sachsen-Anhalt. Bildbreite 4 cm. Das Mineral ist stark hygroskopisch und muss in einem verschlossenenen Glas aufbewahrt werden. Das Foto wurde durch das Glas gemacht. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Ein neues Salzmineral Carl Friedrich RAMMELSBERG berichtet 1856 über die Entdeckung eines neuen Salzminerals aus Stassfurt in einer kurzen Notiz. Zu den Eigenschaften des Minerals wird nur wenig mitgeteilt.
Vom Tachhydrit über Tachydrit zum Tachyhydrit RAMMELSBERG nannte das Mineral 1856 "Tachhydrit", offenbar nach griechisch ταχύς (tachys) = schnell und ϋδωρ (hydor) = Wasser, was jedoch in seiner Veröffentlichung nicht angegeben ist. 1860 verwendete RAMMELSBERG die Schreibweise "Tachydrit", ohne auf den Unterschied in der Schreibweise zu seiner ursprünglichen Veröffentlichung einzugehen. Ob die Änderung in "Tachyhydrit" durch die bessere Ableitung aus den griechischen Wurzeln, die leichtere Aussprache des Namens oder aus anderen Gründen erfolgte, ist aus der Literatur nicht klar ersichtlich. Änderungen von Mineralnamen durch andere Autoren sind zu dieser Zeit nicht ungewöhnlich. Wer den neuen Namen "Tachyhydrit" erstmals verwendete, ist nicht eindeutig zu ermitteln. Bei F. BISCHOF 1864 und James Dwight DANA 1868 findet sich nur die Schreibweise "Tachhydrit". Nur wenige Jahre später, 1874, verwendet Paul GROTH den Namen "Tachyhydrit", wiederum ohne auf die neue Schreibweise einzugehen. Bei Carl HINTZE (1915) findet sich das Mineral als "Tachyhydrit", wobei er unter Bezug auf die griechischen Wörter dies als den korrekten Namen bezeichnet. Die ursprüngliche Variante bleibt jedoch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts am stärksten verbreitet in der Literatur (u.a. DE SCHULTEN, 1890; VAN'T HOFF, 1897; DANA, 1904; BOEKE, 1908) und wird auch heute noch gelegentlich verwendet. Auch wenn "Tachhydrit" eigentlich Priorität hätte, setzte sich schließlich die besser auszusprechende Form "Tachyhydrit" durch. Ein wesentlicher Anstoß dafür dürfte die Entscheidung des "Committee on Nomenclature and Classification of the Minerlogical Society of America" (FOSHAG et al., 1924) zugunsten von "Tachyhydrite" sein. Die Form "Tachhydrite" bei DANA wurde als "unacceptable in English" bezeichnet. Dies entspicht auch der aktuellen Nomenklatur der IMA (PASERO, M. (Editor), 2017). Weitere Untersuchungen Der Bergrat F. BISCHOF, der Direktor des Steinsalzwerkes Stassfurt, gibt 1864 für den "Tachhydrit" eine Dichte von 1,671 an. Das Mineral findet sich in dünnen Lagen mit Carnallit und Kieserit verwachsen. Erste Angaben zu den optische Eigenschaften von "Tachydrit" finden sich bei Alfred Louis Olivier Legrand DES CLOIZEAUX (1867). Er findet eine starke Doppelbrechung für das einachsig negative Mineral und optische Störungen durch Zwillingslamellen wie beim Doppelspat (Calcit). Paul GROTH (1874) stellt nur eine schwache Doppelbrechung fest und findet nach Vermessungen der Spaltrichtungen mit dem Anlegegoniometer einen Polkantenwinkel von 76°, woraus er ein Achsenabschnittsverhältnis von a : c = 1 : 1.900 bestimmt. Vermessungen mit einem Reflexionsgoniometer waren auf Grund der leichten Zerfließlichkeit nicht möglich. Synthetische Kristalle erhielt August Benjamin DE SCHULTEN (1890), die in ihrer Zusammensetzung völlig den natürlichen entsprachen. Die Dichte lag bei 1,666. Die kleinen, rhomboedrischen, sehr zerfließlichen Kristalle waren optisch einachsig. Der Chemiker Jacobus Henricus VAN'T HOFF (1897) beschäftigt sich ausführlich mit den Bildungsbedingungen von Tachyhydrit, speziell der Temperaturabhängigkeit und der Löslichkeit. Er fand, dass sich das Mineral nur bei einer Temperatur oberhalb von 21,95° aus Lösungen bilden kann. H.E. BOEKE (1908) untersuchte die Substitution von Chlor durch Brom in Tachyhydrit. Er stellte in synthetischen Proben eine gewisse Vertretbarkeit fest, das Brom-Analogon konnte jedoch nicht erhalten werden. Auch in natürlichem Tachyhydrit von Neu-Stassfurt ließ sich ein geringer Brom-Gehalt von 0,158 - 0,166 % feststellen. Die Kristallstruktur von Tachyhydrit Die Gitterparameter und die Kristallstruktur von Tachyhydrit blieben lange unbekannt. Erst 1979 konnten ERD et al. an synthetischen Kristallen eine trigonal-rhomboedrische Symmetrie mit a = 10,136, c = 17,318 Å und V = 1540,9 Å3 in hexagonaler Aufstellung zeigen. Bei Z = 3 beträgt die berechnete Dichte 1,673 g/cm3. CLARK et al. (1980) führten eine Strukturanalyse an einem synthetischen Kristall durch. Danach wird die Struktur (Raumgruppe R-3) aus isolierten CaCl6- und Mg(H2O)6-Oktaedern aufgebaut, die nur durch Wasserstoffbrücken von H2O zu Cl verbunden werden. Gelber Tachyhydrit mit farblosem bis rosafarbenem Carnallit. Grube Brefeld, Tarthun bei Staßfurt, Sachsen-Anhalt. Bildbreite 5 cm. Das Mineral ist stark hygroskopisch und muss in einem verschlossenenen Glas aufbewahrt werden. Das Foto wurde durch das Glas gemacht. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Chemische Analyse von Tachyhydrit (in Masse-%)
Literatur: BISCHOF, F. (1864): Die Steinsalzwerke bei Stassfurt.- Halle, C.E.M. Pfeffer, 70 p. BOEKE, H.E. (1908): Über das Krystallisationsschema der Chloride, Bromide, Jodide von Natrium, Kalium und Magnesium, sowie über das Vorkommen des Broms und das Fehlen von Jod in den Kalisalzlagerstätten.- Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie 45, 346-391 (speziell p. 364-365 und 388) CLARK, J.R.; EVANS, H.T. & ERD, R.C. (1980): Tachyhydrite, Dimagnesium Calcium Chloride 12-Hydrate.- Acta Crystallographica B36, 2736-2739 DANA, E.S. (1904): The System of Mineralogy of James Dwight Dana 1837-1868. Descriptive Mineralogy.- 6th edition, New York, John Wiley & Sons, London, Chapman & Hall, 1134 p. + 73 p. Appendix (p. 178) DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries.- London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 119) DE SCHULTEN, A. (1890): Synthèse de la kaïnite et de la tachhydrite.- Comptes Rendus Hebdomdaires des Séances de l'Académie des Sciences 111, 928-930 DES CLOIZEAUX, A. (1867) Nouvelles recherches sur les propriétés optique des cristaux, naturels ou artificiels, et sur les variations que ces propriétés éprouvent sous l'influence de la chaleur.- Paris, Imprimerie Impériale, 222 p. (p. 20) ERD, R.C.; CLYNNE, M.A.; CLARK, J.R. & POTTER, R.W., II (1979): Crystal data for tachyhydrite, CaMg2Cl6.12H2O.- Journal of Applied Crystallography 12, 481-482 FOSHAG, W.F.; ROGERS, A.F.; WALKER, T.L.; WASHINGTON, H.S.; WHERRY, E.T. & WATSON, T:L. (1924): Report of the Committee on Nomenclature and Classification of the Mineralogical Society of America.- American Mineralogist 9, 60-65 GROTH, P. (1874) Tabellarische Übersicht der Mineralien nach ihren krystallographish-chemischen Beziehungen geordnet.- Braunschweig, Friedrich Vieweg und Sohn, 120 p. (p. 74) PASERO, M. (Editor) (2017): The New IMA List of Minerals.- http://nrmima.nrm.se/ (Stand Juni 2017) RAMMELSBERG, C.F. (1856): Ueber den Tachhydrit, ein neues Mineral aus dem Steinsalzlager von Stassfurth.- Annalen der Physik und Chemie 174 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 98), 261-263 RAMMELSBERG, C.F. (1860): Handbuch der Mineralchemie.- Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann, 1038 p. (p. 195) VAN'T HOFF, J.H. (1897): Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen, insbesondere des Stassfurter Salzlagers.- Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Jahrgang 1897, Erster Halbband, 508-515 |
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