|
|
|
|
|
|||||||||
|
|
|
Plagionit Formel: Pb5Sb8S17 Typlokalität: Graf-Jost-Christian-Zeche, Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt Erstbeschreibung: ZINCKEN, J.L.C. (1831): Ueber ein neues Spiessglanzerz.- Annalen der Physik und Chemie 98 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 22), 492 ROSE, G. (1833): Ueber die Krystallform des Plagionits, eines neuen Antimonerzes.- Annalen der Physik und Chemie 104 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 28), 421-424 Plagionit. Jost Christian-Zeche, Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt. Bildbreite 33 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Ein neues Blei-Antimon-Sulfid von Wolfsberg Johann Ludwig Carl ZINCKEN beschrieb 1831 kurz ein neues Mineral, das ihm unter den Antimonerzen von Wolfsberg im Harz aufgefallen war:
Die weitere Beschreibung des Minerals nimmt Gustav ROSE 1833 vor. Nach der Vermessung der Kristallflächen, die dadurch erschwert war, dass die Flächen oft nicht glatt und zum Teil stark gestreift sind, kommt er zu dem Ergebnis:
Da sowohl Johann Ludwig Carl ZINCKEN (1831) als auch Gustav ROSE (1833) signifikant zur Beschreibung des Minerals beigetragen haben, ist es sicher sinnvoll, beide hier gemeinsam als Erstbeschreiber des Plagionits zu führen. Meist gilt nur ROSE als der Entdecker, da er das Mineral benannt hat. Er verweist jedoch in seiner Publikation zum Verhalten vor dem Lötrohr und den Eigenschaften explizit auf ZINCKEN. Andere Benennungen Für den Plagionit finden sich nur vereinzelt andere Benennungen in der Literatur. Es handelt sich dabei in allen Fällen um von Mineralsystematikern aufgestellte wissenschaftliche Namen entsprechend der Stellung in einem kompletten System. Friedrich MOHS (1842) gibt in seiner Systematik dem Mineral den Namen 'hemiprismatischer Dystom-Glanz'. 'Hemiprismatisch' ist eine alte Bezeichnung für monokline Kristallisation. Entsprechend der LINNÉschen binomialen Nomenklatur stellt James Dwight DANA 1844 den Namen 'Lycites obliquus' für das Mineral auf. Er stellt es in der Systematik in die Ordnung "X. GALINEA", "Genus 3. LYCITES". Letzteres bezieht sich auf griechisch Λύκος = Wolf, da das graue Antimon von den Alchemisten "lupus metallorum", Wolf der Metalle, genannt wurde. Ernst Friedrich GLOCKER, ebenfalls ein Anhänger einer auf den LINNÉschen Prinzipien basierenden Nomenklatur, wählt die Bezeichnung 'Plagionites nigricans. Schwarzgrauer Plagionit'. Keine dieser Benennungen erlangte jedoch eine Bedeutung. Mehrere miteinander konkurrierende Systeme und die zum Teil sehr sperrigen lateinischen Bezeichnungen verhinderten eine breite Anwendung dieser Nomenklaturen. Weitere Analysen an dem Mineral Jöns Jacob BERZELIUS (1835) bezweifelte die Existenz des Minerals. Unter Bezug auf die von ROSE (1833) angegebene Formel schreibt er:
Diese Zweifel veranlassten KUDERNATSCH (1836) zu einer erneuten Analyse. Er verwendete dafür ausgesucht reine Kristalle von Wolfsberg. Seine Ergebnisse lagen sehr dicht an den von ROSE publizierten Werten. Als Fazit vermerkt KUDERNATSCH:
Kristallografische Untersuchungen Nachdem Gustav ROSE (1833) bereits einige Kristallflächen vermessen und die Formen bestimmen konnte, fand Otto LUEDECKE (1883) bei weiteren Vermessungen neue, bisher nicht bekannte Flächen. Für die monoklinen Kristalle stellte er die Achsenabschnittsverhältnisse a : b : c = 1,1331 : 1 : 0,4228 und β = 72° 49,5' auf. Weitere Vermessungen an Kristallen von Wolfsberg nahm Leonard James SPENCER (1897) vor. Er konnte weitere Flächen finden, die jedoch keine genauere Bestimmung des Verhältnisses der Achsenabschnitte erlaubten. Bei Dichtemessungen fand er einen Mittelwert von 5,5. Nach weiteren kristallografischen und chemischen Untersuchungen an Plagionit von Wolfsberg, Heteromorphit von Arnsberg in Westfalen sowie Semseyit von Wolfsberg kamen L.J. SPENCER & G.T. PRIOR (1899) zu dem Ergebnis, dass die drei Minerale eine morphotrope Reihe bilden, in der sich die vertikale kristallografische Achse mit wachsendem Bleigehalt vergrößert. Die chemischen Analysen fallen in drei sich deutlich unterscheidbare Gruppen, jedoch merken die Autoren an, dass es schwierig sei, einfache Formeln für diese Minerale aufzustellen. Sie nennen verschiedene mögliche Formeln, wobei die Reihe am deutlichsten bei
I. DE FINÁLY & Sándor KOCH fügten 1929 der Plagionit-Gruppe mit dem Fülöppit, 3PbS·4Sb2S3 bzw. Pb3Sb8S15, ein weiteres Mineral hinzu. Eine erste Bestimmung der Gitterparameter von Plagionit wurde von Edward Wilfried NUFFIELD & Martin Alfred PEACOCK (1945) vorgenommen. Das Mineral kristallisiert monoklin, Raumgruppe C2/c. John Leslie JAMBOR (1969) untersuchte die Minerale der Plagionit-Gruppe weiter. Für die röntgenografische Untersuchung von Plagionit wurde Material von Wolfsberg verwendet. Die Röntgenpulverdaten konnten mit einer Zelle a = 13,47, b = 11,82, c = 19,99 Å und β = 107° 20' indiziert werden. Innerhalb der Plagionit-Gruppe wird mit steigendem Bleigehalt etwa linear die Dichte, das Volumen der Elementarzelle und der Wert c sinβ größer. Diese Daten wurden verwendet, um Werte für den nur wenig bekannten Heteromorphit zu prognostizieren. Eine Strukturanalyse an Plagionit von Wolfsberg führten Seung-Am CHO & B.J. WUENSCH (1974) durch. Sie bestätigten die bekannte Raumgruppe und fanden eine Zelle a = 13,4857, b = 11,8656, c = 19,9834 Å und β = 107,168°, Z =4 und eine berechnete Dichte von 5,55 g/cm3. Die Struktur enthält Schichten mit PbS-ähnlichem Aufbau. Für die anderen Vertreter der homologen Reihe Pb3+2nSb8S15+2n (mit n = 0, 1, 2, 3), Fülöppit, Heteromorphit und Semseyit, wird ein Aufbau mit ähnlichen Schichten angenommen, die sich dann in der Breite der PbS-ähnlichen Bereiche unterscheiden. Änderung der Eigenschaften in der homologen Reihe Pb3+2nSb8S15+2n
SIE et al. (2018) fanden, dass sich Pb5Sb8S17 zur Herstellung von sogenannten Quantum dot-sensitized solar cells (QDSC) eignet. Das aus synthetischen Plagionit-Nanopartikeln hergestellte Material weist besonders bei niedrigen Lichtstärken eine gute Effizienz auf. Chemische Analyse von Plagionit (in Masse-%)
1) nicht explizit angegeben, aber zu der Zeit von keiner anderen Fundstelle bekannt 2) Analyse von SCHULTZ
Literatur: BERZELIUS, J.J. (1835): Jahres-Bericht über die Fortschritte der physischen Wissenschaften, 14. Jahrgang, 173-174 CHO, S.-A. & WUENSCH, B.J. (1974): The crystal structure of plagionite, Pb5Sb8S17, the second member in the homologous series Pb3+2nSb8S15+2n.- Zeitschrift fur Kristallographie 139, 351-378 DANA, J.D. (1844): A System of mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, Wiley & Putnam, 2nd edition, 633 p. (p. 208 und 494) DE FINÁLY, I. KOCH, S. (1929): Fülöppite, a new Hungarian mineral of the plagionite-semseyite group.- Mineralogical Magazine 22, 179-184 EDENHARTER, A. (1980): Die Kristallstruktur von Heteromorphit, Pb7Sb8S19.- Zeitschrift für Kristallographie 151, 193-202 GLOCKER, E.F. (1847): Generum et Specierum Mineralium Secundum Ordines Naturales digestorum Synopsis.- Halle, bei Eduard Anton, 347 p. (p. 31) JAMBOR (1969), J.L. (1969): Sulphosalts of the plagionite group.- Mineralogical Magazine 37, 442-446 KUDERNATSCH (1936): Ueber den Plagionit.- Annalen der Physik und Chemie 113 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 37; = 2. Reihe, 7. Band) 588-590 LUEDECKE, O. (1883): Beobachtungen an Harzer Mineralien. I. Über die Formen des Plagionits (Rose).- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1883, II. Band, 112-116 MATSUSHITA, Y. (2018): Reexamination of the crystal structure of semseyite, Pb9Sb8S21.- Zeitschrift für Kristallographie - Crystalline Materials 233 (DOI10.1515/zkri-2017-2108) MOHS, F. (1842): Die ersten begriffe der Mineralogie und Geognosie für junge praktische Bergleute der k.k. österreichischen Staaten. Erster Theil. Mineralogie.- Wien, gedruckt bei Carl Gerold, LIV + 328 p. (p. 301) NUFFIELD, E.W. (1975): The crystal structure of fülöppite, Pb3Sb8S15.- Acta Crystallographica B31, 151-157 NUFFIELD, E.W. & PEACOCK, M.A. (1945) Studies of mineral sulpho-salts: VIII - plagionite and semseyite.- Univ. Toronto Studies, Geol. Ser., 49, 17-39 RAMMELSBERG, C.F. (1860): Handbuch der Mineralchemie.- Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann, 1038 p. (p. 1006) ROSE, G. (1833): Ueber die Krystallform des Plagionits, eines neuen Antimonerzes.- Annalen der Physik und Chemie 104 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 28), 421-424 SIE, S.-F.; SURIYAWONG, N.; SHI, J.-B.; HE, X.; ZHANG, L.; SINGH, D.J. & LEE, M.-W. (2018): Pb5Sb8S17 quantum dot-sensitized solar cells with an efficiency of 6% under 0.05 sun: Theoretical and experimental studies.- Progress in Photovoltaics 26, 205-213 SPENCER, L.J. (1897): The crystallography of plagionite : New crystal forms on stephanite, enargite and anglesite.- Mineralogical Magazine 11, 192-197 SPENCER, L.J. & PRIOR, G.T. (1899): Plagionite, heteromorphite and semseyite as members of a natural group of minerals.- Mineralogical Magazine 12, 55-68 ZINCKEN, J.L.C. (1831): Ueber ein neues Spiessglanzerz.- Annalen der Physik und Chemie 98 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 22), 492 |
|
|
|
|
|
|||||||||
|
|
|