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Pinnoit


Formel: MgB2O(OH)6, tetragonal

Typlokalität: Von der Heydt-Schacht, Staßfurt, Sachsen-Anhalt

Erstbeschreibung:
STAUTE, H. (1884): Pinnoit, ein neues Borat von Stassfurt.- Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 17, 1584-1586




Hellgelber Pinnoit. Staßfurt, Sachsen-Anhalt. Größe der Stufe 5,5 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Ein neues Borat aus dem Stassfurter Revier

Das neue Magnesiumborat aus dem Stassfurter Revier wurde von H. STAUTE (1884) erstmals beschrieben:
"Die neuesten Aufschlüsse im Preussischen Salzlager führten zur Auffindung eines anderen, noch nicht bekannten Borates, das sich in seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften von den genannten wesentlich unterscheidet. Das neue Mineral, dem ich zu Ehren des um den Stassfurter Bergbau hoch verdienten Königlichen Oberbergrath Pinno in Halle a./S. den Namen Pinnoit beigelegt habe, wurde vor einigen Monaten in einer Quantität von mehreren Kilo in dem zur Boracitwäsche geliefertem Haufwerke gefunden, wo es vermöge seines lebhaften Farbentones unter den weissen Knollen des Boracit leicht zu erkennen war. Die darauf angestellten Nachforschungen nach dem Fundorte führten zu dem sicheren Schlusse, dass dasselbe ausschliesslich in den höheren Schichten des Kainit anzutreffen ist. Gewöhnlich ist der Pinnoit mit weissem, erdigen Boracit verwachsen, der mikroskopisch und chemisch mit dem in den Kalisalzen vorkommenden Mineral ganz übereinstimmt; seltener wurde es frei davon, dann aber mit Kainit innig durchsetzt, gefunden.
Die einzelnen Knollen des Pinnoit zeigen beim Zerschlagen einen ziemlich ebenen, schwach schimmernden Bruch und ein oft etwas verstecktes Fasergefüge. Am deutlichsten tritt diese Faserstruktur in dünnen, plattenförmigen Massen auf, die sich in den Boracit hinein erstrecken und beim Abwaschen desselben ein Maschenwerk darstellen. Unter der Lupe erscheint der Körper feinkörnig bis dicht. Seine Farbe ist meist schwefel- bis strohgelb, zuweilen pistaziengrün und mitunter finden sich auch röthliche und graue Nuancen. Die mit unregelmässigen, länglichen Wülsten und dazwischen liegenden Einsenkungen bedeckte Oberfläche der compakten Knollen besteht an vielen Stellen aus sehr kleinen, lebhaft glänzenden Krystallflächen, welche unter einer stärkeren Lupe mannichfaltige Umrisse erkennen lassen. Die einzelnen Krystallindividuen sind jedoch so dicht an einander gedrängt, dass die Freilegung eines einzelnen nicht gelingen wollte. Daher lässt sich über die Form der mikroskopischen Krystalle nur soviel sagen, dass sie nicht tesseral [= kubisch - T.W.] sind, weil Dünnschliffe der Substanz überall die lebhaftesten Polarisationsfarben zwischen gekreuzten Nikols geben.
Die Härte des Minerals ist 3 - 4, sein specifisches Gewicht 2.27. Die chemische Untersuchung ausgesuchter reiner Stücke von verschiedenen Fundpunkten ergab, dass dem Mineral, seiner procentischen Zusammensetzung nach, die Formel MgB2O4 + 3 H2O zukommt".

Nach einer Mitteilung von STAUTE stammt das Originalmaterial aus dem Von der Heydt-Schacht bei Stassfurt (LUEDECKE, 1885).


         Weitere Untersuchungen an Pinnoit

An kleinen Kristallen von Pinnoit konnte Otto LUEDECKE (1885) eine Vermessung durchführen. Danach kristallisiert der Pinnoit tetragonal und ist eines der wenigen Beispiele für pyramidal-hemiedrische Symmetrie. Er fand an den Kriställchen die Formen {100}, {111}, {011} und {132}. Aus den Winkeln zwischen den Flächen ließ sich ein Verhältnis der Achsenabschnitte von a : c = 1 : 0,7609 berechnen.
H.E. BOEKE (1910) konnte an Pinnoit von Neustassfurt die Brechungsindizes ω = 1,565 und ε = 1,575 feststellen. Als Dichte für das Mineral fand er einen Wert von 2,292 g/cm3.
Victor GOLDSCHMIDT (1920) gibt unter Bezug auf die Daten von LUEDECKE (1885) ein Achsenabschnittsverhältnis von a : c = 1 : 1.0761 an.


         Analysen zur Kristallstruktur

Nach röntgenografischen Untersuchungen fand H.P. STADLER (1947) für den Pinnoit die tetragonale Raumgruppe P42 oder P42/m und die Gitterparameter a = 7,617 und c = 8,190 Å. Da unterhalb von 180 °C kein Kristallwasser abgegeben wird, vermutete STADLER, dass Pinnoit OH-Gruppen statt H2O-Gruppen enthält und es sich nicht, wie vorher angenommen, um ein wasserhaltiges Metaborat handelt.

Eine erste Strukturanalyse wurde von F. PATON & S.G.G. MACDONALD (1957) angefertigt. Sie verwendeten dafür Material von Stassfurt aus der Sammlung des British Museum of Natural History. Sie bestimmten die Raumgruppe P42 mit den Gitterparametern a = 7,62 und c = 8,19 Å, fanden aber Hinweise auf eine Pseudosymmetrie in der Raumgruppe P42/n. Für die Strukturbestimmung wurde letztere Raumgruppe gewählt. Pinnoit weist H6B2O7-Gruppen auf, die aus zwei eckenverknüpften BO4-Tetraedern gebildet werden. Das Magnesium ist oktaedrisch von Sauerstoff umgeben. Nach den Untersuchungen konnte bestätigt warden, dass das Kristallwasser nicht als H2O, sondern in Form von OH-Gruppen vorliegt. Dir Formel von dem Mineral sollte deshalb besser MgB2O(OH)6 geschrieben warden.
Unter Verwendung der Daten von PATON & MACDONALD (1957) führte J. KROGH-MOE (1967) eine erneute Berechnung durch, jedoch in der Raumgruppe P42, und konnte dabei bessere Ergebnisse erzielen. Die grundlegende Struktur wurde dabei bestätigt, es konnten aber die Atompositionen und -abstände genauer bestimmt warden.
Eine neue Strukturverfeinerung unter Bestimmung der Wasserstoffpositionen führten E.A. GENKINA & Y.A. MALINOVSKII (1983) durch. Sie fanden die Gitterparameter a = 7,6140 und c = 8,1898 Å und bestätigten die Raumgruppe P42.



Chemische Analysen von Pinnoit (in Masse-%)

    Pinnoit,   
  Stassfurt,   
 STAUTE (1884)  
  Pinnoit,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  MgO   24.45   24.58
  B2O3   42.50   42.47
  H2O   32.85   32.95
  Fe     0.15  
  Cl     0.18  
  Summe     100.13 100.00




Literatur:
BOEKE, H.E. (1910): Ueber die Borate der Kalisalzlagerstätten.- Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Jahrgang 1910, 531-539

GENKINA, E.A. & MALINOVSKII, Y.A. (1983): Refinement of the structure of pinnoite: Location of hydrogen atoms.- Soviet Physics, Crystallography 28, 475-477

GOLDSCHMIDT, V. (1920): Atlas der Krystallformen. Band VI. Markasit - Pyrit.- Heidelberg, Carl Winters Universitätsbuchhandlung, 208 p. + 144 Tafeln (p. 155)

KROGH-MOE, J. (1967): A note on the structure of pinnoite.- Acta Crystallographica 23, 500-501

LUEDECKE, O. (1885): Beobachtungen an Stassfurter Vorkommnissen (Pinnoit, Pikromerit, Kainit und Steinsalz).- Zeitschrift für die Gesammten Naturwissenschaften 58, 645-662

PATON, F. & MACDONALD, S.G.G. (1957): The crystal structure of pinnoite.- Acta Crystallographica 10, 653-656

STADLER, H.P. (1947): The cell dimensions and space group of pinnoite.- Mineralogical Magazine 28, 26-28

STAUTE, H. (1884): Pinnoit, ein neues Borat von Stassfurt.- Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 17, 1584-1586





© Thomas Witzke / Stollentroll

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