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Nacrit


Formel: Al2Si2O5(OH)4, monoklin

Typlokalität: Sonne Erbstolln, Halsbrücke bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen

Erstbeschreibung:
WERNER A.G. (1780): Axel von Kronstedts Versuch einer Mineralogie. Aufs neue aus dem Schwedischen übersetzt und nächst verschiedenen Anmerkungen vorzüglich mit äussern Beschreibungen der Fossilien vermehrt.- Ersten Bandes erster Theil, Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius, 254 p. (p. 218)
     (als Talkerde)

Benennung:
BRONGNIART, A. (1807): Traité élémentaire de minéralogie avec ses applications aux arts.- Tome Premier, Paris, Chez Deterville, 564 p. (p. 505-506)
     (als Nacrit)
BREITHAUPT, A. (1832): Vollständige Charakteristik des Mineral-System's.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 3. Auflage, 358 p. (p. 94)
     (als Nakrit)





Weißer, schuppiger Nacrit. Steinbruch Naundorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen. Größe der Stufe 11,5 cm. Foto und Sammlung Thomas Witzke.



         Die Talkerde von Halsbrücke bei Freiberg

Die erste Beschreibung des Minerals lässt sich nur rückwirkend aus den Beschreibungen späterer Autoren ermitteln, da sie recht kurz und, zumindest aus heutiger Sicht, nur wenig aussagekräftig ist. In der Gattung "Talk" beschreibt Abraham Gottlob WERNER 1780 unter dem etwas irreführenden Namen "Talkerde" in seiner mit zahlreichen Ergänzungen und Änderungen versehenen Übersetzung von Axel Frederic VON CRONSTEDTs Werk "Försök til Mineralogie" ein Mineral:
"    I. Talkerde.
Sie ist von einer grünlichweissen mehr oder weniger ins grüne fallenden, zuweilen auch lauchgrünen Farbe,
von schuppigen Theilen,
schimmernd,
meist zusammenhängend,
färbt etwas ab,
fühlt sich sehr fett an, und
ist leichte.
Talkerde bricht bey Freyberg, auf der Sonne Erbstolln an der Halsbrükke. Auch bey Gera im Gräflich Reussischen, bricht eine feine Talkerde, die Hr. Professor Lippert in Dresden, seine Glaspasten damit zu überziehen, braucht."
Als weitere Spezies in der Gattung "Talk" beschreibt WERNER noch "Gemeiner Talk" und "Verhärteter Talk. Topfstein". CRONSTEDT selber führt 1758 zwar den Talk unter den Glimmermineralen auf, kennt hier jedoch nur eine Spezies, bei der es sich wohl um echten Talk handelt und nicht um das später als Nacrit bekannte Mineral.

Eine etwas ausführlichere Beschreibung, in der auch erstmals der typische Perlmuttglanz erwähnt wird, gibt Ludwig August EMMERLING 1793 in seinem "Lehrbuch der Mineralogie" unter der Gattung "Talk":
"Iste Art. Erdiger Talk oder Talkerde.
Latein. Talcum proprium terrosum Wern.
Franz. Terre talcaire oder Talc terreux.
    Aeussere Kennzeichen.
Der erdige Talk ist von einer grünlichweißen, mehr oder weniger ins Grüne fallenden, zuweilen auch röthlichweißen ins Silberweiß übergehenden, wie auch blaßapfelgrünen und lichtegrauen ins Gelbliche fallenden Farbe.
Er kommt zuweilen als Ueberzug, zuweilen in unvollkommenen nierförmigen Stücken, vor, und
besteht aus perlmutterartig schimmernden, schuppigen Theilen, die
bald lose bald zusammengebacken sind, und etwas abfärben.
Er fühlt sich sehr fett an, und
ist leicht.
    Geburtsort.
Freyberg (auf der Sonne Erbstolln an der Halsbrücke); Grönland; Sylva in Piemont; der Stiefelberg ohnweit Meronitz in Böhmen.
    Anmerkungen.
Das Fossil, das ohnweit Gera im Gräfl. Reussischen bricht, und bisher fast allgemein für Talkerde angesehen wurde, gehört, der chemischen Untersuchung des Herrn Wieglebs zu Folge, nicht hierher, sondern zum Kalkgeschlechte, wo dessen ausführlicher gedacht werden wird."


         Die Benennung als Nacrit

Der von EMMERLING 1793 erwähnte Perlmuttglanz führte schließlich zur dem heute gebräuchlichen Namen des Minerals. In dem Werk "Traité de Minéralogie" des französischen Mineralogen René-Just HAÜY (1801) heißt es:
"Talc granuleux. Erdiger talk ou talkerde, Emmerling, t I, p. 389. Très-friable; composé de grains agglutinés d'un gris de perle. Si après l'avoir plongé dans l'eau, peudant une ou deux minutes, on le passe avec frottement entre les doigts, il s'attache à la peau, sous la forme d'un enduit nacré."
Weitere Angaben finden sich nicht, auch Fundorte werden keine erwähnt. Die Übersetzung lautet:
"Körniger Talk. Erdiger Talk oder Talkerde, Emmerling Band I, S. 389. Sehr brüchig, besteht aus zusammenhängenden Körnern von perlgrauer Farbe. Nachdem man es in Wasser getaucht hat, kann man es nach ein oder zwei Minuten zwischen den Fingern zerreiben und es klebt an der Haut als ein perlmuttartiger Überzug."

Die französische Bezeichnung für Perlmutt, "nacré", nahm Alexandre BRONGNIART 1807 zum Anlass, das Mineral Nacrit zu nennen:
"70e ESP. NACRITE
CE minéral se présente sous la forme de petites paillettes d'un blanc argentin ou d'un gris de perle très-éclatant; il est friable et très-onctueux au toucher; il recouvre la peau d'un enduit nacré; enfin il est très-léger, se gonfle un peu dans l'eau, et se fond très-facilement au chalumeau.
Le Nacrite se distingue extérieurement du talc par sa grande fusibilité et par la faculté qu'il paroit devoir à sa composition, très-différente de celle du talc. M. Vauquelin a trouvé dans le Nacrite 0,50 de silice, 0,26 d'alumine, 0,17 de potasse, un peu de fer, de chaux et même d'acide muriatique. La couleur du Nacrite et son analyse le distinguent aussi de la chlorite; mais il se rappoche beaucoup de la lépidolithe par sa composition, et il n'en diffère même que par son extrême onctuosité.
Le Nacrite se trouve disséminé en paillettes ou en petites masses réniformes dans les cavités des roches primitives, et notamment dans les interstices des cristaux de quartz.
On en rapporte de Sylva en Piémont, des environs de Freyberg en Saxe, de Meronitz en Bohême, &c."
Die Übersetzung:
"Dieses Mineral zeigt sich in Form von kleinen silberweißen oder perlgrauen, stark glänzenden Blättchen; es ist zerbrechlich und beim berühren sehr mild; es bedeckt die Haut mit einem perlmuttartigen Überzug; es ist sehr leicht, bläht sich etwas auf in Wasser, und schmilzt schnell unter dem Brenner.
Der Nacrit unterscheidet sich äusserlich vom Talk durch seine gute Schmelzbarkeit und seine Zusammensetzung, die sehr verschieden von der des Talks ist. Herr Vauquelin hat in Nacrit 0,50 Kieselsäure, 0,26 Tonerde, 0,17 Kali, etwas Eisen, Kalk und sogar Salzsäure gefunden. Der Nacrit unterscheidet sich nach der Farbe und der Analyse auch vom Chlorit; er ähnelt sehr dem Lepidolit in der Zusammensetzung, und unterscheidet sich nur in seiner extremen Schmierigkeit/Fettigkeit. Der Nacrit kommt verteilt in Blättchen oder kleinen nierenförmigen Massen in Hohlräumen im Urgestein vor, vor allem in den Zwischenräumen von Quarzkristallen.
Er wird von Sylva in Piemont, aus der Umgebung von Freiberg in Sachsen, von Meronitz in Böhmen und anderen erwähnt."
Ob mit "onctuosité" = 'Schmierigkeit' oder 'Fettigkeit' gemeint ist, dass sich das Mineral im trockenen Zustand fettig anfühlt oder dass es leicht verschmiert, wenn es nass ist, ist nicht klar ersichtlich.


         Rätselhafte erste Analysen

Rätselhaft sind die ersten Angaben zur chemischen Zusammensetzung des Minerals. BRONGNIART erwähnt 1807 eine Analyse von Louis Nicolas VAUQUELIN mit 50 % SiO2, 26 % Al2O3, 17 % K2O, etwas Eisen, Kalk und eine Spur Salzsäure (Summe 93 %) ohne weitere Quellenangabe. Carl Cäsar VON LEONHARD führt 1826 zum Teil identische, aber zum Teil auch abweichende Zahlen an, 50 % SiO2, 26 % Al2O3, 5 % Fe2O3, 17,5 % K2O und 1,5 % CaO (Summe 100 %), ebenfalls von VAUQUELIN stammend, und hier mit Quellenangabe. In der betreffenden Arbeit von VAUQUELIN (1801) finden sich jedoch ganz andere Zahlen: 56 % SiO2, 18 % Al2O3, 4 % Fe2O3 (mit etwas Magnesium), 8 % K2O, 3 % CaO, 6 % Wasser (Summe 95 %). Der Chemiker hatte einen "silberweißen Chlorit" analysiert, dessen Charakteristik mit den Angaben von EMMERLING (1793), HAÜY (1801) und BRONGNIART (1807) übereinstimmt: das Material ist sehr weich, lässt bei Berührung eine schuppigen Überzug zurück, und in Wasser wird es perlmuttartig glänzend. Der Fundort des Materials war nicht bekannt. VAUQUELIN kommt nach der Analyse zu dem Ergebnis, dass sich das Material von Chlorit unterscheidet und von diesem getrennt werden müsse. Was VAUQUELIN hier untersucht hat, lässt sich nicht mehr sicher feststellen. Der Kaliumgehalt spricht für einen etwas verunreinigten Glimmer, vielleicht Illit, der einem Nacrit recht ähnlich sehen kann. Auch wenn BRONGNIART sich in seiner Beschreibung auf HAÜY und EMMERLING bezieht, und letzterer auf WERNER, so ist doch klar, dass BRONGNIARTs Nacrit nicht dem Mineral im heutigen Sinne entspricht. Sowohl die von BRONGNIART erstmals erwähnte gute Schmelzbarkeit als auch die chemische Analyse zeigen dies klar.


         Erneute Beschreibung als Nakrit

August BREITHAUPT benennt 1832 in seiner "Vollständigen Charakteristik des Mineral-System's" den Erdigen Talk von WERNER als Nakrit. Die Namensgebung durch Alexandre BRONGNIART 1807 wird nicht erwähnt, ebenso fehlt ein Hinweis auf die dort erwähnten Eigenschaften oder die chemische Analyse:
"Nakrit.
[Erdiger Talk, W., von Erzgängen zu Freiberg, Marienberg, etc.]
Perlmutterglanz.
F., weiss.
Schuppen, in sechsseitige Tafeln übergehend.
H. 1.
Fettig anzufühlen."

James Dwight DANA schreibt 1844 zum Nacrit, dass noch weitere Untersuchungen zu dem Mineral notwendig sind. Zu der bekannten Analyse von VAUQUELIN führt er noch zwei weitere Analysen anderer Autoren an, die sich davon sehr deutlich unterscheiden und offenbar auch nichts mit dem Nacrit im heutigen Sinn zu tun haben.

1865 berichtet August BREITHAUPT über einen neuen Fund von Nakrit:
"Vor wenigen Jahren ist der Nakrit auf der Grube Einigkeit zu Brand bei Freiberg in so ausgezeichneter und schöner Abänderung vorgekommen, wie bisher noch keine bekannt war. Herr Dr. Madelung fand dieselbe zuerst auf. Sie besteht aus schnee- und gelblichweissen sechsseitig tafelartigen Krystallen, welche theils fächerförmig, theils nierenförmig zusammengehäuft sind, und deren Perlmutterglanz bis in den Demantglanz übergeht. Sein spezifisches Gewicht fand ich = 2.627, etwas höher, als man früher von diesem Mineral angegeben.
Man findet ihn auf Gängen und Klüften im Gneise, zuweilen mit etwas Bleiglanz. [...]
Auf meinen Wunsch hin hat Herr Richard Müller den neuen Nakrit von Einigkeit in Krystallen analysirt, und unter anderem gefunden, dass derselbe etwas reicher an Kieselsäure sei, als andere früher untersuchte Varietäten.
Er wird sowohl durch Schwefelsäure als durch Chlorwasserstoffsäure, unter Abscheidung von Kieselsäure zersetzt. In der Platinzange geglüht zerblättert er sich, und schwillt ähnlich dem Pyrauxit (Pyrophyllit), nur nicht ebenmässig stark, zu einer schneeweissen unschmelzbaren Masse auf."
Die Analyse von MÜLLER ist außerordentlich dicht an der idealen Zusammensetzung des Minerals.


         Nacrit = Kaolinit oder Muskovit

1868 stellt James Dwight DANA den Nakrit von BREITHAUPT zum Kaolinit auf Grund der identischen chemischen Zusammensetzung. Den Nacrit von BRONGNIART betrachtet er als einen Muskovit und schreibt weiter, dass BRONGNIART das von ihm behandelte Mineral fälschlicherweise mit der Talkerde in Verbindung gebracht hat. In den folgenden Jahrzehnten wird Nacrit/Nakrit im Sinne von BREITHAUPT (bzw. WERNER) überwiegend als Synonym von Kaolinit oder als gut kristalline Varietät von diesem betrachtet.


         Nacrit bekommt wieder den Status einer Mineralspezies

Unterschiede in den optischen Daten und nach Entwicklung der Röntgendiffraktometrie auch bei den Beugungsdaten zwischen dem Kaolinit im engeren Sinn als Hauptmineral der Kaolin-Lagerstätten, dem meist gut kristallinen, selteneren Nacrit und einer weiteren Variante führten jedoch wieder zu Diskussionen zur Nomenklatur. ROSS & KERR (1930) benannten die letztgenannte Variante als eigenständiges Mineral Dickit und definierten drei Spezies mit identischer Zusammensetzung Al2Si2O5(OH): Kaolinit, Nacrit und Dickit. Beim Nacrit ist explizit das Mineral aus dem Freiberger Revier gemeint. Die Unterscheidung der Minerale beruht hauptsächlich auf optischen Daten, aber auch auf Röntgendaten. Die Autoren geben für alle drei Minerale monokline Symmetrie an.


         Untersuchungen zur Kristallstruktur

Die Fortschritte bei der Röntgenanalytik erlaubten in den folgenden Jahren eine immer bessere Charakterisierung der drei Minerale und eine Bestimmung ihrer Kristallstrukturen. PAULING schlug 1930 eine mögliche Struktur für Kaolinit und verwandte Minerale aus einem hexagonalen Netzwerk von SiO4-Tetraedern, die mit einer Schicht aus Al(O,OH)6-Oktaedern verbunden sind, vor. GRUNER (1932) konnte dieses Modell durch röntgenografische Untersuchungen an Kaolinit bestätigen. Er stellte eine monokline Zelle, Raumgruppe Cc, mit zwei Schichtpaketen in c-Richtung auf. 1933 untersuchte GRUNER röntgenografisch einen Nacrit von Brand bei Freiberg und stellte eine monokline Zelle, ebenfalls Raumgruppe Cc, aber mit vier Schichtpaketen in c-Richtung und den Gitterparametern a = 5,16, b = 8,93, c = 28,66 Å und β = 91,72° auf.

Nach der Analyse von Nacrit von St. Peter's Dome, Colorado, USA stellte HENDRICKS (1939) eine monokline Zelle mit sechs Schichtpaketen in c-Richtung und einem Wert von c = 43,0 Å auf. Die Stapelung der Schichten entspricht rhomboedrischer Symmetrie (R3c), aber durch vakante Oktaederpositionen wird die 3-zählige Achse zerstört und die Symmetrie reduziert sich auf die monokline Raumgruppe Cc. HENDRICKS verwies auch auf die Bedeutung der Wasserstoffbrückenbindungen in der Zwischenschicht für die möglichen Positionen der Schichtpakete zueinander in den Mineralen der Kaolinit-Gruppe.

BAILEY (1963) untersuchte die Strukturen von Kaolinit, Dickit und Nakrit hinsichtlich der Verschiebung aufeinanderfolgender Schichten und der Position der vakanten Oktaederstelle. Für Kaolinit und Dickit fand er eine Verschiebung der Schichten von -⅓a1 in Standard-Orientierung. Bei einem gut kristallisierten Kaolinit handelt es sich um eine trikline Einschicht-Polytype mit identischer vakanter Oktaederposition. Es lässt sich aber eine Links- und Rechts-Variante unterscheiden. In Dickit alterniert die Position der vakanten Stelle in aufeinader folgenden Schichten. Dickit kann also als eine monokline Überstruktur mit regelmäßiger Abfolge aus Links- und Rechts-Kaolinitschichten beschrieben werden. Beim Nacrit fand BAILEY eine Verschiebung von ⅓b1, zusätzlich sind aufeinander folgende Schichten noch um 180° rotiert. Die Schichtabfolge enspricht einer 6R-Polytype, durch die Anordnung der vakanten Position lässt sich aber eine erheblich kleinere monokline Zelle (Raumgrupe Cc) mit nur zwei Schichten aufstellen. Kaolinit ist also eine 1A-Polytype, Dickit und Nacrit sind 2M-Polytypen, beide aber mit unterschiedlicher Struktur.

In den folgenden Jahren erschienen noch weitere Arbeiten zur Verfeinerung der Struktur von Nacrit. Genannt werden soll hier nur als Beispiel ZHUKHLISTOV (2008). Der Autor erwähnt, dass nach der Lage der Wasserstoffbrücken zwischen den Schichten insgesammt 28 mögliche Ein- und Zweischichtpolytypen existieren. Die Polytypen -1A (auch -1Tc genannt, Kaolinit), -2M1 (Dickit) und -2M2 (Nacrit) stellen dabei die energetisch günstigsten Varianten dar. ZHUKHLISTOV untersuchte speziell die Rotation der SiO4-Tetraeder in den Sechserringen und die Wasserstoff-Positionen. Für die monokline Zelle fand er die Gitterparameter a = 8,910, b = 5,144, c = 14,593 Å und β = 100,50°.


         Der Status von Nacrit

Kaolinit, Dickit und Nacrit lassen sich als Polytypen beschrieben mit Kaolinit als Basistruktur, die sich hinsichtlich Verschiebung und Rotation aufeinander folgender Schichten sowie vakanter Positionen unterscheiden. Entsprechend den Regeln der IMA zur Definition von Mineralen werden Polytypen heute nicht mehr als eigenständige Minerale betrachtet (NICKEL & GRICE 1998). Die Regeln lassen allerdings Ausnahmen zu, jeder Fall muss speziell betrachtet werden. Im Fall von Kaolinit, Dickit und Nacrit steht einer möglichen Diskreditierung sicher die weite Verbreitung der Namen in der Literatur entgegen. Nacrit gilt somit nach wie vor als eigenständiges Mineral.



Chemische Analyse von Nacrit (in Masse-%)

    Nacrit,
  Analyse VAUQUELIN
  (BRONGNIART, 1807)
  Nakrit,
  Grube Einigkeit,
  Brand bei Freiberg,
  Analyse MÜLLER
  (BREITHAUPT, 1865)
  Nacrit,
  theoretische
  Zusammensetzung
  SiO2   50   46,74   46,55
  Al2O3   26   39,48   39,50
  Fe2O3     etwas    
  K2O   17    
  H2O     14,06   13,95
  Summe   93 100,26                            100,00


Literatur:
BAILEY, S.W. (1963): Polymorphism of the kaolin minerals.- American Mineralogist 48, 1196-1209

BRONGNIART, A. (1807): Traité élémentaire de minéralogie avec ses applications aux arts.- Tome Premier, Paris, Chez Deterville, 564 p. (p. 505-506)

BREITHAUPT, A. (1832): Vollständige Charakteristik des Mineral-System's.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 3. Auflage, 358 p. (p. 94)

BREITHAUPT, A. (1865): Mineralogische Studien. 17. Nakrit. (Glimmer.).- Berg- und Hüttenmännische Zeitung 24 (Neue Folge 19. Jahrganmg), 336

CRONSTEDT, A.F. von [das Buch ist anonym ohne Verfasserangabe erschienen] (1758): Försök til Mineralogie eller Mineral Rikets Upställning.- Stockholm, Wildiska Tryckeriet, 251 p.

DANA, J.D. (1844): A System of mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, Wiley & Putnam, 2nd edition, 633 p. (p. 528-529)

DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy. Comprising the most recent discoveries.- London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 827 p. (p. 473-475)

EMMERLING, L.A. (1793): Lehrbuch der Mineralogie.- Erster Theil, Giessen, bey Georg Friedrich Heyer, 589 p. (p. 389-390)

GRUNER, J.W. (1932): The crystal structure of kaolinite.- Zeitschrift für Kristallographie 83, 75-88

GRUNER, J.W. (1933): The crystal structure of nacrite and a comparison of certain optical properties of the kaolin group with its structures.- Zeitschrift für Kristallographie 85,345-354

HAÜY, R.-J. (1801): Traité de Minéralogie.- Paris, bei Louis, 4. Band, 588 p. (p. 255-256)

HENDRICKS, S.B. (1939): The Crystal Structure of Nacrite Al2O3·2SiO2·2H2O and the Polymorphism of the Kaolin Minerals.- Zeitschrift für Kristallographie 100, 509-518

LEONHARD, C.C. von (1826): Handbuch der Oryktognosie.- Heidelberg, bei J.C.B. Mohr, 2. Auflage, 851 p. (p. 443)

NICKEL, E.H. & GRICE, J.D. (1998): The IMA Commission on New Minerals and Mineral Names: Procedures and guidelines on mineral nomenclature.- Canadian Mineralogist 36, 913-926

PAULING, L. (1930): The structure of the chlorites.- Proceedings of the Natural Academy of Sciences U.S.A. 16, 578-582

ROSS, C.S. & KERR, P.F. (1930): Dickite, a kaolin mineral.- American Mineralogist 15, 34-39

VAUQUELIN, L.N. (1801): Untersuchung des silberweißen Chlorits.- Allgemeines Journal der Chemie 7 (38. Heft), 183-190 (Übersetzung aus Annales de Chimie 37, No. 110)

WERNER, A.G. (1780): Axel von Kronstedts Versuch einer Mineralogie. Aufs neue aus dem Schwedischen übersetzt und nächst verschiedenen Anmerkungen vorzüglich mit äussern Beschreibungen der Fossilien vermehrt.- Ersten Bandes erster Theil, Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius, 254 p. (p. 218)

ZHUKHLISTOV, A.P. (2008): Crystal structure of nacrite from the electron diffraction data.- Crystallography Reports 53, 76-82




© Thomas Witzke

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