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Hydrowoodwardit


Formel: [Cu1-XAlX(OH)2][(SO4)X/2 (H2O)n], x < 0.67, trigonal

Typlokalität: Grube St. Briccius, Königswalde bei Annaberg, Erzgebirge, Sachsen

Erstbeschreibung:
WITZKE, T. (1999): Hydrowoodwardite, a new mineral of the hydrotalcite group from Königswalde near Annaberg, Saxony/Germany and other localities.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, 75-86




Hydrowoodwardit. Teil vom Holotyp-Exemplar. Grube St. Briccius, Königswalde bei Annaberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.


 
         Ein neues Mineral der Hydrotalcit-Gruppe

Bei Untersuchungen zu Schichtstrukturen der Hydrotalcit-Gruppe (WITZKE, 1995) wurde auch ein blaues Mineral mit Röntgendaten ähnlich denen von Glaucocerinit in verschiedenen sächsischen Gruben bemerkt. Diese Verbindung stellte sich als neues, mit Woodwardit und Glaucocerinit eng verwandtes Mineral heraus, unterschied sich jedoch chemisch von beiden (WITZKE, 1999). Minerale der Hydrotalcit-Gruppe werden aus alternierenden Metall-Hydroxid- und Anionen-Wasser-Schichten aufgebaut. Die Metall-Hydroxid-Schichten lassen sich von der Brucit-Struktur ableiten und enthalten zwei- und dreiwertige Kationen. Beim Hydrowoodwardit sind hier Kupfer und Aluminium vorhanden. Zur Ladungskompensation wird als Anion Sulfat in die Zwischenschicht eingebaut.
Bis vor wenigen Jahren galten Verbindungen vom Hydrotalcit-Typ noch als recht selten. Ursachen sind unter anderem, dass die Minerale nicht beachtet und übersehen, für andere Minerale gehalten oder auf Grund ihrer zum Teil relativ schlechten Kristallinität bei Röntgenanalysen nicht erkannt oder falsch gedeutet wurden. Auch das heute als Hydrowoodwardit bekannte Mineral wurde früher nicht beachtet oder als "Kupfervitriol" verkannt.


         Die Typlokalität und weitere Fundorte

Das Typexemplar von Hydrowoodwardit stammt aus der Grube St. Briccius in Königswalde bei Annaberg. Die Grube liegt auf der Flur Geyersdorf, heute ein Gemeindeteil von Annberg-Buchholz. In der Grube wurde mit Unterbrechungen vom 15. bis zum 19. Jahrhundert Bergbau auf Kupfer, Silber und Zinn betrieben. Hydrowoodwardit bildet hier Krusten und stalaktitische Aggregate auf Gneis. Das Mineral ist weiterhin bekannt von der Grube Gelbe Birke bei Schwarzenberg/Erzgebirge, hier mit Woodwardit, Schulenbergit, Namuwit, Brianyoungit, Langit und Linarit, von der Grube St. Christoph bei Bärenhecke/Erzgebirge und von der Grube St.Johannes, Wolkenstein/Erzgebirge. Identisch mit Hydrowoodwardit ist ein unvollständig beschriebenes, nicht benanntes Mineral von Carnarvonshire, Wales (NICKEL, 1976).
Das Mineral ist inzwischen von weiteren Vorkommen bekannt und kann als relativ verbreitet betrachtet werden.




Hydrowoodwardit. Grube St. Briccius, Königswalde bei Annaberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite ca. 0,5 m. Foto Thomas Witzke.




         Eigenschaften von Hydrowoodwardit

Hydrowoodwardit bildet blaue bis blass blaue, traubige, poröse Krusten. Die Krusten können bis quadratmetergroße Flächen bedecken. Auch bei starker Vergrößerung sind keine Kristalle erkennbar. Das Mineral weist einen blass blauen Strich und Glasglanz auf. Hydrowoodwardit ist durchscheinend und zeigt keine Spaltbarkeit. Das Mineral ist optisch anisotrop mit nmin. = 1,549 und nmax. = 1,565. Der optische Charakter ließ sich nicht feststellen da keine ausgebildeten Kristalle vorhanden sind. Ein Pleochroismus ist nicht erkennbar. Die berechnete Dichte liegt bei 2,48 g/cm3, die gemessene ist auf Grund der Porosität und Beimengungen von amorphem SiO2 etwas niedriger und beträgt 2,33 g/cm3.

Gewöhnlich zeigt das Röntgenpulverdiagramm von Hydrowoodwardit nur wenige und breite Reflexe. Aus den gemessenen Daten wurde in Analogie zu anderen Verbindungen der Hydrotalcit-Gruppe eine trigonale Zelle (Raumgruppe R3m) mit a = 3,070, c = 31,9 Å, V = 260 Å3 und Z = 3 berechnet. Von Woodwardit unterscheidet sich Hydrowoodwardit durch den röntgenografisch leicht feststellbaren Basisabstand.
Hydrowoodwardit verliert an der Luft innerhalb von einigen Wochen bis einigen Monaten einen Teil des Kristallwassers und wandelt sich in Woodwardit um. Der Basisabstand sinkt dabei von c' = 10,65 Å auf etwa 8,8 Å ohne Zwischenstufen. Schlecht kristallines Material lässt sich zumindest teilweise wieder rehydrieren.


         Chemische Analysen

Die chemische Analyse mittels ICP-MS ergab für das Typmaterial eine Zusammensetzung von CuO 28,39, ZnO 0,41, Al2O3 19,20, SiO2 5,60, Na2O 0,10, SO3 15,50, H2O (aus Thermoanalyse) 30,10 Masse-%, Summe 99,39 Masse-%. Das SiO2 ist auf die Beimengung von amorpher Kieselsäure zurückzuführen. Aus den Analysendaten errechnet sich eine empirische Formel [Cu0.48Zn0.01Al0.51(OH)1.99][(SO4)0.26 Na0.005 (H2O)1.27].
Eine Probe von Bärenhecke erwies sich nach einem HCl-Test und einer Infrarot-Analyse als Carbonat-reiche Varietät. Wird das Carbonat stöchiometrisch berechnet, ergibt sich für dieses Material eine Zusammensetzung [Cu0.49Zn0.01Al0.50(OH)2.00][(SO4)0.16 (CO3)0.10 (UO2)0.01 (H2O)n]. Nach Untersuchung weiterer natürlicher und synthetischer Proben bildet Hydrowoodwardit eine Mischkristallreihe mit dem Zink-Analogon Glaucocerinit. Die chemische Zusammensetzung des Minerals kann innerhalb recht weiter Grenzen schwanken ohne dass sich die Struktur ändert. Das Verhältnis zwei- zu dreiwertiger Kationen, also Cu : Al, ist sehr variabel. Maximal 2/3 der Kationenpositionen können theoretisch durch Al besetzt werden. Der Wert f ür X in der oben genannten Formel liegt damit bei maximal 0,67. Material mit einem so hohen Al-Gehalt wurde jedoch bisher noch nicht gefunden. Die untere Grenze ist nicht bekannt, nach den bisher untersuchten Proben könnte sie um X etwa 0,2 liegen. Der Sulfatgehalt hängt von Al-Gehalt ab. Variabel ist auch der Wassergehalt, aber generell höher als beim Woodwardit.


         Die Benennung des Minerals

Hydrowoodwardit wurde nach der Beziehung zu Woodwardit benannt. Das Mineral und der Name wurden von der Commission on New Minerals and Mineral Names der IMA anerkannt (IMA 1996-038). Das Holotypmaterial, eine Probe in einem Glasröhrchen, befindet sich in der Mineralogischen Sammlung der TU Bergakademie Freiberg (Inv.-Nr. MiSa76639).



Literatur:
NICKEL, E.H. (1976): New data on woodwardite.- Mineralogical Magazine 43, 644-647

WITZKE, T. (1995): Untersuchung natürlicher sulfathaltiger hybrider Schichtstrukturen: Charakterisierung, Systematik, Strukturmodellierung und Rietveld-Verfeinerung.- Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle

WITZKE, T. (1999): Hydrowoodwardite, a new mineral of the hydrotalcite group from Königswalde near Annaberg, Saxony/Germany and other localities.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, 75-86





Hydrowoodwardit. Grube St. Christoph, Bärenhecke bei Glashütte, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 4 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.






Hydrowoodwardit. Grube St. Christoph, Bärenhecke bei Glashütte, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe des Stücks 3,4 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.






Hydrowoodwardit auf Grubenholz. Grube St. Christoph, Bärenhecke bei Glashütte, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Foto Thomas Witzke.






Hydrowoodwardit. Grube St. Christoph, Bärenhecke bei Glashütte, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite ca. 40 cm. Foto Thomas Witzke.






Die Kristallstruktur von Hydrowoodwardit mit brucitähnlichen Metall2+-Metall3+-Hydroxidschichten und Zwischenschichten mit Sulfat (gelbe Tetraeder) und Wasser. Zeichnung © Thomas Witzke (mit dem Programm ATOMS).




© Thomas Witzke

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