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Heteromorphit
Formel: Pb7Sb8S19
Typlokalität: Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt (und Arnsberg, Nordrhein-Westfalen)
Erstbeschreibung:
ZINCKEN, J.L.C. & RAMMELSBERG, C.F. (1849): Beiträge zur Kenntniss der Mineralien des Harzes.-
Annalen der Physik und Chemie 153 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 77), 236-267
Der Heteromorphit
1849 beschrieben Johann Ludwig Carl ZINCKEN & Carl Friedrich RAMMELSBERG
den Heteromorphit als ein neues Mineral:
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"Bekanntlich wurde das Federerz von der Antimongrube bei Wolfsberg und mehreren anderen Fundorten früher für eine
haarförmige Varietät von Antimonglanz gehalten. Die chemische Untersuchung dieser Substanz durch H. Rose zeigte
indessen, dass sie, gleich dem Zinckenit, Plagionit, Boulangerit, Jamesonit u.s.w. ein Schwefelantimonblei ist,
worin sich die Schwefelmengen des Bleis und Antimons = 2 : 3 verhalten, so dass also seine Formel
Pb2Sb2S5 [übertragen in heutige
Schreibweise - T.W.] ist.
An demselben Fundorte ist in neuerer Zeit ein Mineral von der nämlichen Zusammensetzung vorgekommen, welches
folgende Eigenschaften besitzt:
Härte etwas grösser als die des Kalkspaths (3,1). Spec. Gew. = 5,6788 (R.). Structur amorph.; Bruch feinkörnig
ins Ebene; in sehr derben Stücken Neigung zu schiefriger Absonderung. Farbe bleigrau, Strich stark metallisch
glänzend; mit Spiegeln und gereiften Rutschflächen vorkommend. Krystalle von mehr oder weniger zersetztem
Braunkalk, oder auch nur die Eindrücke derselben kommen darin vor."
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Die chemische Analyse (siehe Tabelle) wurde von Herrn Polseger durchgeführt. Weiter heißt es dazu:
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"Diess chemische Verhalten auf trockenem und nassem Wege ist daher das aller ähnlichen Schwefelantimonblei-Verbindungen.
[...] Es ergiebt sich hieraus die Identität mit dem Federerz, in das übrigens auch ein nachweisbarer Uebergang
stattfindet. [...] Aber der Name Federerz, welcher sich bloss auf eine besondere Verietät bezieht, kann hiernach
nicht mehr für die Gattung bleiben; wir haben sie daher Heteromorphit genannt, und bezeichnen das bisherige
Federerz als haarförmigen, die neue Varietät aber als dichten Heteromorphit."
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Eine Neudefinition von Heteromorphit
1860 vereinigt RAMMELSBERG den Jamesonit mit dem Heteromorphit und erklärt 1875 den Namen Heteromorphit
für überflüssig.
Félix PISANI beschreibt 1876 Kristalle mit der Zusammensetzung
Pb7Sb8S19 von Arnsberg in Westfalen
als Heteromorphit. Leonard James SPENCER & G.T. PRIOR (1899) sehen das zunächst für
Plagionit gehaltene Vorkommen als ein neues Mineral zwischen Plagionit und Semseyit an.
Heteromorphit ist ein etwas problematisches Mineral. Es gibt nur sehr wenig Literatur mit analytischen
Daten, die zum Teil auch widersprüchlich sind. Der größte Teil der Erwähnungen von Heteromorphit von
verschiedenen Fundorten dürfte lediglich auf der Gleichsetzung von "Federerz" mit Heteromorphit oder auf
visueller Ansprache beruhen.
JAMBOR (1969 b) betrachtet Heteromorphit wie SPENCER als ein Glied der Plagionit-Gruppe mit
Fülöppit (Pb3Sb8S15),
Plagionit (Pb5Sb8S17),
Heteromorphit (Pb7Sb8S19) und
Semseyit (Pb9Sb8S21). Die Minerale
unterscheiden sich um jeweils 2 PbS pro Formeleinheit und weisen offenbar enge strukturelle Beziehungen auf. Der
Heteromorphit, der usprünglich in nadeligen Kristallen beschrieben wurde, hatte sich damit von seiner originalen
Bedeutung klar entfernt, denn die Minerale der Plagionit-Gruppe bilden eher tafelige, blättrige und linsenförmige
Kristalle.
In enger Verwachsung mit Plagionit und Semseyit konnte JAMBOR in einer "Plagionit"-Probe von Wolfsberg
eine Phase beobachten, deren Röntgendaten sich mit der für Heteromorphit (im Sinne von PISANI) vermuteten
Elementarzelle indizieren ließ. Die vermutete Elementarzelle basierte auf Interpolation aus den bekannten
Daten der anderen drei Minerale der Gruppe. Eine chemische Analyse der Phase wird nicht angegeben.
Nach einer persönlichen Information von Jürgen SIEMROTH liefert das Typexemplar von Heteromorphit
(mit Etikett von RAMMELSBERG) aus der Sammlung des Mineralogischen Institutes am Naturkundemuseum
Berlin ein Röntgendiagramm, das dem Dadsonit entspricht (WITZKE, 1999).
Die Röntgendaten von Dadsonit (JAMBOR, 1969 a) und die für Heteromorphit von JAMBOR (1969 b) angegebenen
unterscheiden sich deutlich und können nicht verwechselt werden. Der Chemismus von Dadsonit
(Pb21Sb23S55Cl) und Heteromorphit
(Pb7Sb8S19) ist sehr ähnlich.
Der geringe Chlorgehalt im Dadsonit (siehe Tabelle) ist schwer festzustellen und wurde
auch erst 1979 bemerkt.
Auffallend sind die morphologischen Unterschiede zwischen der Originalbeschreibung von Heteromorphit
(ZINCKEN & RAMMELSBERG, 1849) - nadelige Kristalle und dichte Aggregate - und den Mineralen Fülöppit,
Plagionit und Semseyit. Die drei letztgenannten Minerale bilden tafelige, blättrige und linsenförmige
Kristalle. Lediglich das dichte Material aus der Beschreibung würde zum Plagionit im heutigen Sinn passen.
Die Kristalle von Arnsberg weisen eine eher zu Plagionit oder Semseyit passende Morphologie auf.
Die Situation ist damit recht kompliziert.
Der originale Heteromorphit von ZINCKEN & RAMMELSBERG (1849) ist identisch mit
Dadsonit. Der Heteromorphit nach heutigem Verständnis (PISANI, 1876; SPENCER &
PRIOR, 1899; JAMBOR, 1969 b) ist ein ganz anderes Mineral und gehört in die
Plagionit-Gruppe.
Rein formal hätte damit der Name Heteromorphit gegenüber Dadsonit Priorität und das Mineral der Plagionit-Gruppe
müsste einen anderen Namen erhalten. Dies dürfte jedoch kaum durchsetzbar sein, da die Namen Heteromorphit und
Dadsonit gut etabliert sind. Hinzu kommt, dass die Ergebnisse der Untersuchungen von SIEMROTH
bisher nicht publiziert sind.
Somit bleibt nur anzumerken, dass der Dadsonit eigentlich schon 120 Jahre vor JAMBOR (1969 a)
durch ZINCKEN & RAMMELSBERG (1849) unter dem Namen Heteromorphit beschrieben
wurde.
Chemische Analyse von Heteromorphit (in Masse-%)
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Heteromorphit 1), von Wolfsberg (ZINCKEN & RAMMELSBERG, 1849) |
Heteromorphit, (Pb7Sb8S19), theoretische Zusammensetzung |
Dadsonit, von Wolfsberg (JAMBOR, 1969a) |
Dadsonit, theoretische Zusammensetzung |
Pb |
48.48 |
47.81 |
49.37 |
48.61 |
Sb |
32.98 |
32.11 |
30.90 |
31.29 |
S |
20.32 |
20.08 |
19.73 |
19.70 |
Cl |
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0.40 |
Summe |
101.78 |
100.00 |
100.00 2) |
100.00 |
1) wahrscheinlich identisch mit Dadsonit
2) rekalkuliert auf 100 %
Literatur:
JAMBOR, J.L. (1969 a): Dadsonite (minerals Q and QM), a new lead sulphantimonide.- Mineralogical Magazine
37, 437-441
JAMBOR, J.L. (1969 b): Sulphosalts of the plagionite group.- Mineralogical Magazine 37, 442-446
PISANI, F. (1876): Sur un sulfoantimoniure de plomb trouvé à Arnsberg (Westphalie).- Comptes rendus
hebdomadaires des séances de l'Académie des sciences 83, 747-749
SPENCER, L.J. & PRIOR, G.T. (1899): Plagionite, heteromorphite and semseyite as members of a natural
group of minerals.- Mineralogical Magazine 12, 55-68
WITZKE, T. (1999): Mineralerstbeschreibungen aus Sachsen-Anhalt.- Beiträge zur Mineralogie und Geologie
von Sachsen-Anhalt. Aufschluss, Sonderband, 223-249
ZINCKEN, J.L.C. & RAMMELSBERG, C.F. (1849): Beiträge zur Kenntniss der Mineralien des Harzes.-
Annalen der Physik und Chemie 153 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 77), 236-267
HINTZE, C. (1904): Handbuch der Mineralogie, Band I, 1. Abteilung.- Leipzig, Verl. Veit & Co.
RAMMELSBERG, C. (1860) Mineralchem., 70 (nach HINTZE, 1904)
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