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Eulytin Formel: Bi4(SiO4)3, kubisch Typlokalität: Neuglücker Stollnort, Kalbe Fundgrube, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen Erstbeschreibung: BREITHAUPT, A. (1823): Vollständige Charakteristik des Mineral-Systems.- Dresden, Arnoldische Buchhandlung, 2. Auflage, p. 160-161 und 257 (als "Eulytin") BREITHAUPT, A. (1827): Wismuthblende, eine neubestimmte Species des Mineralreichs.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 9, 275-281 (als "Wismuthblende") |
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![]() Eulytin als Kristall (Pyramidentetraeder) und kugeliges Aggregat. Grube Junge Kalbe, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 6 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Eine sehr kurze Beschreibung als Eulytin Der Eulytin weist eine recht kuriose Entdeckungsgeschichte auf, da er innerhalb von wenigen Jahren dreimal durch August BREITHAUPT unter verschiedenen Namen beschrieben wurde, ohne dass zunächst bemerkt wurde, dass es sich um dasselbe Mineral handelt. Es ist deshalb auch recht problematisch, eine echte Originalbeschreibung des Minerals anzugeben. Hier werden deshalb die zwei relevanten Arbeiten als originale Referenzen aufgeführt. Eine sehr kurze Beschreibung mit nur indirekter Fundortangabe findet sich bei August BREITHAUPT (1823) unter den "unvollständig erkannten Mineralien":
Wismuthblende aus Schneeberg Unter der deutschen Bezeichnung "Wismuthblende" veröffentlicht BREITHAUPT (1827 a) eine recht ausführliche Beschreibung eines Minerals aus Schneeberg:
Arsenik-Wismuth aus Schneeberg Weder der Artikel über den Eulytin noch der über die Wismutblende stellen jedoch streng genommen die erste Beschreibung des Minerals dar, zumindest zum Teil. In dem eingangs schon erwähnten Mineralsystem von Abraham Gottlob WERNER findet sich als Spezies ein "Arsenik-Wismuth" unter dem "Wismuth-Geschlecht". August BREITHAUPT liefert die Beschreibung zu dem Mineral (in WERNER, 1817):
Arsenik-Wismuth = Wismuthblende = Eulytin oder Bismutit Kurz nach der Beschreibung der Wismutblende stellt August BREITHAUPT (1827 b) fest, dass es sich bei dem Arsenik-Wismuth, der Wismutblende und dem Eulytin um dasselbe Mineral handelt:
Albin WEISBACH untersuchte 1877 das Material erneut und kam zu einem anderen Ergebnis:
Bei WERNERs Arsenik-Wismut handelt es sich also vermutlich zum Teil um Eulytin und zum Teil um Bismutit. Aus diesem Grund kann diese frühe Veröffentlichung auch nicht bei den Erstbeschreibungen berücksichtigt werden. Weitere neue Namen für das Mineral 1832 führt August BREITHAUPT das Mineral in seiner dritten Auflage der Vollständigen Charakteristik des Mineral-Systems als "Wismutisches Blende-Erz [Wismutblende, Eulytin, Br.]" auf. Nach einer Analyse von Carl Moritz KERSTEN (1833), in der er überwiegend "Kieselsäure" fand, wurde das Mineral Kieselwismuth genannt. Die von James Dwight DANA 1837 in seinem "System of Mineralogy" sowie von Ernst Friedrich GLOCKER 1847 in seiner Mineralsystematik "Generum et Specierum Mineralium" entsprechend dem LINNÉschen Prinzip einer binomialen lateinischen Nomenklatur aufgestellten Namen "Bismutalus dodecahedrus" bzw. "Eulytinus saxonicus" blieben beide bedeutungslos. International setzte sich schließlich die von James Dwight DANA (1868) gewählte Variante "Eulytite" durch. Inzwischen kehrte man offiziell jedoch zu der ursprünglichen Schreibweise zurück, die korrekte Schreiweise im Englischen ist nach der von der IMA herausgegebenen Liste der Minerale jetzt "Eulytine" (zusammengestellt von Marco PASERO, Stand Januar 2017). ![]() Eulytin als radialstrahliges Aggregat. Grube Roter Ochse, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 9 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Chemische Analysen von Eulytin Auf Grund der Ähnlichkeit im Aussehen mit der Zinkblende nahm August BREITHAUPT (1827 b) zunächst ein damit verwandtes Bismut-Mineral an:
Eine erste chemische Analyse wurde von M. HÜNEFELD bereits 1828 publiziert. Das Material war aber offenbar stark verunreinigt, denn er fand es als im wesentlichen aus Bismutcarbonat und Bismutsilikat bestehend (siehe Tabelle unten). BREITHAUPT erklärt 1828 zu den Ergebnissen von HÜNEFELD:
Die angekündigte Analyse von Carl Moritz KERSTEN erschien erst 1833. Er hatte ebenfalls Material von BREITHAUPT erhalten und kam nach seinen Untersuchungen zu dem Schluss:
In einem Brief vom 21. November 1834 an Geheimrat VON LEONHARD teilt KERSTEN (1835) in einer kurzen Notitz mit, dass es sich bei dem Mineral um ein reines Bismutsilikat handelt, ohne jedoch eine Formel zu nennen:
Carl Friedrich RAMMELSBERG (1841) nimmt an, dass das Bismutoxid als BiO betrachtet werden muss und das Eisen nicht zu der Formel gehört. Er hält das Mineral für "5(Bi3Si2O9) + Bi4P2O9" (Fomel übertragen aus der Schreibweise nach BERZELIUS), und im Gemenge mit einem "Wismuthfluosilikat" vorliegt. Weitere chemische Analysen wurden durch Gerhard VOM RATH (1869) durchgeführt. Seine Werte liegen sehr dicht an der theoretischen Zusammensetzung des Minerals. Er konnte kein Fluor in dem Mineral finden und von Phosphor lediglich Spuren. VOM RATH betrachtet den Eulytin deshalb als kieselsaures Wismutoxid und stellt die Formel Bi4Si3O12 auf, die auch heute noch für das Mineral gültig ist. Er stellt weiterhin fest, dass es im Mineralsystem eine neue Stellung einnimmt, da es kein bekanntes Mineral mit analoger Zusammensetzung gibt. Die durch VOM RATH (1869) gefundene Zusammensetzung wurde durch eine moderne Analyse mittels Mikrosonde von einem Eulytin aus Schneeberg für das RRUFF-Projekt (DOWNS 2006 / 2017) bestätigt. ![]() Eulytinkristalle aus BREITHAUPT (1827). Weitere Untersuchungen am Eulytin Gerhard VOM RATH (1869) fand für den Eulytin eine Dichte von 6,106, die etwas über den Werten früherer Bestimmungen lag. Er führt das auf Beimengungen von Quarz oder Eisenstein bei den älteren Messungen zurück. Émile BERTRAND beschrieb 1881 die Kristallformen von Eulytin und dessen Verwachsungen. Bei der Betrachtung im polarisierten Licht fand BERTRAND, dass Eulytin optisch einachsig negativ ist. Ein kubisch kristallisierendes Mineral sollte jedoch optisch isotrop sein. Solche optischen Anomalien fand BERTRAND auch beim Analcim. Bei Röntgenbeugungsanalysen fand G. MENZER (1931) eine völlige Übereinstimmung mit kubischer Symmetrie. Das Mineral kristallisiert in der Raumgruppe I43d und weist einen Gitterparameter a = 10,272 Å auf. Es sind 4 Formeleinheiten pro Zelle vorhanden. MENZER konnte die Positionen der Bismutatome im Gitter bestimmen, für die Positionen von Sauerstoff und Silizium stellte er zwei Modelle auf. Die berechnete Dichte beträgt 6,82, die gemessene liegt bei 6,6 ± 0,2 g/cm3. Durch Neutronenbeugungsanalysen konnten SEAGAL et al. (1966) die Atompositionen verfeinern und eines der Strukturmodelle von MENZER bestätigen. Im Eulytin werden die isolierten Silikat-Tetraeder durch irregulär koordiniertes Bismut verbunden. Eine Strukturverfeinerung publizierten LIU & KUO (1997). Für synthetisches Material fanden sie den Gitterparameter a = 10,2867 Å. Ein natürliches, zum Eulytin isostrukturelles Mineral ist bis heute nicht bekannt. Dagegen gibt es eine Reihe synthetischer Verbindungen mit gleicher Struktur, wie z.B. das Bismutgermanat Bi4(GeO4)3. Agricolit = Eulytin August FRENZEL (1873 a) erhielt von Ernst Fürchtegott ZSCHAU ein als "Bleigummi" bezeichnetes Material von der Grube Vereinigt Feld in Johanngeorgenstadt zur Untersuchung. Das Mineral bildet kleine weingelbe bis farblose, wasserhelle Kügelchen auf Quarz in Begleitung von Wismut und Chloanthit (Nickel-Skutterudit). FRENZEL fand bei der Analyse eine Zusammensetzung, die völlig mit der von Eulytin übereinstimmte. Paul GROTH teilte in einem Schreiben FRENZEL mit, dass das Mineral doppelbrechend sei, also nicht kubisch sei, und dass es monoklin kristallisiert und es sich wohl um Atelestit handelt. Offenbar kannte GROTH das Ergebnis der chemischen Analyse noch nicht. FRENZEL hielt darauf hin das Bismuthsilikat für dimorph. Er schreibt dazu:
Eine Untersuchung von Eulytin und Agricolit durch Clifford FRONDEL (1943) zeigte, dass beide völlig identische Röntgenpulverdaten aufweisen. Die Brechungsindizes schwanken etwas, sind aber für beide vergleichbar und liegen bei 2,04. Agricolit ist optisch schwach doppelbrechend. FRONDEL kommt zu dem Schluss, dass Agricolit mit Eulytin identisch ist und letzterem die Priorität zukommt. ![]() Kugeliger Eulytin ("Agricolit"). Grube Georg Wagsfort, Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 13 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Chemische Analysen von Eulytin (Wismuthblende, Kieselwismuth) (in Masse-%)
1) Mikrosondenanalyse, Mittelwert aus 15 Messungen. Probe Nr. 16129 aus dem Mineral Museum, University of Arizona Literatur: BERTRAND, É. (1881): Forme crystalline de l'Eulytine.- Bulletin de la Société Minéralogique de France 4, 61-63 BERZELIUS, J.J. (1830): (Wismuthblende).- Jahres-Bericht über die Fortschritte der physischen Wissenschaften 9, Tübingen, p. 197 BREITHAUPT, A. (1823): Vollständige Charakteristik des Mineral-Systems.- Dresden, Arnoldische Buchhandlung, 2. Auflage, p. 160-161 und 257 BREITHAUPT, A. (1827 a): Wismuthblende, eine neubestimmte Species des Mineralreichs.- Annalen der Physik und Chemie 85 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 9), 275-281 BREITHAUPT, A. (1827 b): Beitrag zur Kenntniss der Wismuthblende, namentlich in Bezug auf ihr chemisches Verhalten.- Jahrbuch der Chemie und Physik 20, 307-312 BREITHAUPT, A. (1828): Ueber Wismuthblende und Gediegen - Gold vom Ural.- Journal für Chemie und Physik 54 (= Jahrbuch der Chemie und Physik 24), 237 BREITHAUPT, A. (1832): Vollständige Charakteristik des Mineral-System's.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 3. Auflage, 358 p. (p. 239) DANA, J.D. (1837): A system of mineralogy: including an extended treatise on crystallography: with an appendix, containing the application of mathemathics to crystallographic investigation, and a mineralogical bibliography.- New Haven, Durrie & Peck, and Herrick & Noyes, 452 p. + 119 p. Appendix (p. 210) DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 391-392) DOWNS, R.T. (2006): The RRUFF Project: an integrated study of the chemistry, crystallography, Raman and infrared spectroscopy of minerals.- Program and Abstracts of the 19th General Meeting of the International Mineralogical Association in Kobe, Japan. O03-13. Daten von Webseite http://rruff.info/Eulytite/R060058 (zuletzt abgerufen 05.01.2017) FRENZEL, A. (1873 a): Mineralogisches. 9. Eulytin und Agricolit.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1873, 791-794 FRENZEL, A. (1873 b): Mittheilungen an Professor H.B. Geinitz. (Über Zeunerit und Agricolit) Freiberg den 18. November 1873.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1873, 946-948 FRONDEL, C. (1943): New data on agricolite, bismoclite, koechlinite, and the bismuth arsenates.- American Mineralogist 28, 536-540 GLOCKER, E.F. (1847): Generum et Specierum Mineralium Secundum Ordines Naturales digestorum Synopsis.- Halle, bei Eduard Anton, 347 p. (p. 75) HÜNEFELD, M. (1828): Chemische Analyse der Wismuthblende Breithaupt's.- Journal für Chemie und Physik 53 (= Jahrbuch der Chemie und Physik 23), 85-94 KERSTEN, C.M. (1833): Chemische Untersuchung des krystallisirten Kieselwismuths (Wismutblende) von Schneeberg.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 103 (bzw. 27), 81-97 KERSTEN, C.M. (1835): Krystallisirtes Kiesel-Wismuth.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde, Jahrgang 1835, 61 LIU, H. & KUO, C. (1997): Crystal structure of bismuth(III) silicate, Bi4(SiO4)3.- Zeitschrift für Kristallographie 212, 48 MENZER, G. (1931): Die Kristallstruktur von Eulytin.- Zeitschrift für Kristallographie 78, 136-163 PASERO, M. (Editor) (2017): The New IMA List of Minerals.- http://nrmima.nrm.se/ (Stand Januar 2017) RAMMELSBERG, C.F. (1841): Kieselwismuth (Wismuthblende, Arsenikwismuth).- Handwörterbuch des chemischen Theils der Mineralogie, Erste Abtheilung, p. 346-347 RATH, G. vom (1869): Mineralogische Mittheilungen. Berichtigung der chemischen Formel des Kieselwismuths (des Eulytins).- Annalen der Physik und Chemie 212 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 136; 5. Reihe Band 16), 416-422 SEAGAL, D.J.; SANTORO, R.P. & NEWNHAM, R.E. (1966): Neutron-diffraction study of Bi4Si3O12.- Zeitschrift für Kristallographie 123, 73-76 WEISBACH, A. (1880): Mineralogische Notitzen I. 1. Hypargyrit. 2. Lepidophäit. 3. Konarit. 4. Uranotil. 5. Bismutit. 6. Pucherit. 7. Kakochlor (Lithiophorit). 8. Leucit.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1880, Band II, 109-114 WERNER, A.G. [herausgegeben und ergänzt von BREITHAUPT, A., mit Einleitung von FREIESLEBEN, J.C.] (1817): Abraham Gottlob Werner's letztes Mineral-System. Aus dessen Nachlasse auf oberbergamtliche Anordnung herausgegeben und mit Erläuterungen versehen.- Freyberg und Wien, bey Craz und Gerlach und bey Carl Gerold, 58 p. + 14 p. Einleitung (p. 23 und 56-57) Download als PDF: Minerale mit Typlokalität in Sachsen - Eulytin |
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