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Emplektit


Formel: CuBiS2, orthorhombisch

Typlokalität: Grube Tannenbaum (Tannebaum), Antonsthal, zwischen Johanngeorgenstadt und Schwarzenberg, Erzgebirge, Sachsen

Erstbeschreibung:
SELB, C.J. (1817) Die oryktognostische Mineralien-Sammlung des Herrn Oberbergrathes Selb.- Taschenbuch für die gesammte Mineralogie 11, 441 und 451-453
     (als "strahliges Kupfer-Wissmutherz")
SCHNEIDER, R. (1853): Untersuchungen über das Wismuth. Zweite Abhandlung. Über den Kupferwismuthglanz, eine neue Mineralspecies.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 166 (Neue Folge 90. Band, bzw. 3. Folge 30. Band), 166-173
     (als "Kupferwismuthglanz")

Benennung:
KENNGOTT, G.A. (1855): Emplektit (ein neuer Wismuth-Glanz).- Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen im Jahre 1853, Leipzig, T.O. Weigel, 174 p. (p. 125)
     (als "Emplektit")






Prismatischer Kristall von Emplektit auf Quarz. Grube Tannenbaum (Tannebaum), Antonsthal bei Johanngeorgenstadt bzw. Schwarzenberg, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 7,5 mm. Mit altem Etikett, Mitte 19. Jahrhundert. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



             Die Entdeckung des Minerals: "strahliges Kupfer-Wissmutherz"

In der Beschreibung seiner Mineralien-Sammlung widmet sich der Badische Oberbergrat Carl Joseph SELB (1817) auch der "Wissmuth-Ordnung". Eines der hier behandelten Minerale, der
"... Wissmuthglanz, zerfällt in zwei Arten. Den strahligen, und blättrigen [...]. Jener, von der Grube Tannenbaum zu Johann-Georgenstadt; dieser, von Riddarhyttan in Schweden".
In einem Nachtrag am Ende des Artikels korrigiert sich SELB, nachdem er Lötrohr-Untersuchungen an dem sächsischen und dem schwedischen Material durchgeführt hatte und dabei feststellte, dass es sich bei ersterem Mineral um ein Bismut-Kupfer-Sulfid handelt. Damit unterscheidet es sich deutlich vom Wismutglanz.
"Dadurch ist nun wohl das Daseyn des Wissmuths, und Kupfers in dem geschwefelten Erze aus Sachsen unzweifelhaft dargethan, so wie der ausschliessliche Gehalt an Wissmuth in dem Schwedischen Fossil bestättigt wird. Die Theilung des Wissmuthglanzes in Arten fällt nunmehr von selbst weg, dagegen tritt beim Wissmuth-Kupfererze die Notwendigkeit der Theilung ein. [...] Bruch und Farbe sind wesentliche Unterscheidungs-Merkmale; und nach ersterem Kennzeichen mag die Gattung füglich in das dichte Kupfer-Wissmutherz, wie man es bis jetzt noch allein von der Grube Neuglück kennt, und in das strahlige, wie solches im Gallenbach, zu Johann-Georgenstadt, zu Bieber und vielleicht an mehrern andern Orten vorkommt, getheilt werden".
Das "dichte Kupfer-Wissmutherz" wird später Wittichenit genannt, die hier erwähnte Grube Neuglück liegt bei Wittichen.
Carl Joseph SELB hatte als Erster die Eigenständigkeit des später Emplektit genannten Minerals erkannt. Seine Veröffentlichung ist jedoch kaum beachtet worden.


             Die Wiederentdeckung als "Kupferwismuthglanz"

R. SCHNEIDER (1853) beschäftigte sich mit Bismutmineralen und stellte dabei fest, dass es Analysen vom "Wismuthglanz" (= Bismuthinit) von Riddarhyttan und einigen weiteren Fundorten gibt, jedoch keine von Material aus dem sächsischen Erzgebirge:
"Das an verschiedenen Orten (Schneeberg, Schwarzenberg, Johanngeorgenstadt) des sächsischen Erzgebirges unter dem Namen "Wismuthglanz" vorkommende Mineral ist bisher noch niemals Gegenstand genauer analytischer Untersuchungen gewesen; nur nach seinem äusseren Ansehen und nach der Art seines Vorkommens scheint man es ohne weiteres für identisch mit Wismuthglanz genommen zu haben."
Die Arbeit von SELB kennt SCHNEIDER offenbar nicht. Für die Untersuchungen wurde eine von Gustav ROSE zur Verfügung gestellte Probe "Wismuthglanz vom Tannenbaum im Johanngeorgenstädter, resp. im Schwarzenberger Reviere" verwendet.
"Dieser vermeintliche Wismuthglanz stellt dünne säulenförmige längsgestreifte Krystalle dar von hellgrauer, in zinnweiss geneigter Farbe und lebhaften Metallglanz, die in ein meist loses (bisweilen auch dichteres) Aggregat von krystallinisch körnigem Quarz maschenartig eingelagert sind."
Da SCHNEIDER auf Grund enger Verwachsungen das Erz nicht vollständig von der Gangart trennen konnte, ließ sich auch keine genaue Dichte des Minerals bestimmen. Die chemische Analyse von zwei Proben ergab sehr ähnliche Werte und im Mittel die unten in der Tabelle aufgeführten Daten. Das Ergebnis der chemische Analyse weicht von der theoretischen Zusammensetzung nur minimal ab.
"Das untersuchte Mineral ist demnach eine Verbindung von einem Aequivalent Halb-Schwefelkupfer mit einem Aequivalent Dreifach-Schwefelwismut und erhält die Formel:
             Cu2S, BiS3."
Der Querstrich durch das Bi bedeutet eine Verdoppelung, also Bi2. Übertragen in die heutige Schreibweise entspricht dies der korrekten Formel.
SCHNEIDER stellt fest, dass es sich um ein neues, bisher nicht bekanntes Mineral handelt und nennt es "Kupferwismuthglanz". Er weist auch darauf hin, dass der Kupferwismuthglanz das dem Kupferantimonglanz (Chalcostibit) von Wolfsberg im Harz analoge Bismutmineral ist und vermutet, dass beide Minerale isomorph sind.

Hinsichtlich der Frage des Erstbeschreibers des Emplektits ist sicher eine pragmatische Lösung angebracht. Hier sollen Carl Joseph SELB, der es als Erster als eigenständiges Mineral erkannt und eine qualitative Analyse vorgenommen hat, dessen kurze Beschreibung jedoch kaum beachtet wurde, und R. SCHNEIDER, der es wiederentdeckt und eine ausführliche Beschreibung einschließlich quantitativer Analyse angefertigt hat, gemeinsam als Erstbeschreiber des Minerals geführt werden.


             Der Name "Emplektit"

Gustav Adolf KENNGOTT vergab 1855 für SCHNEIDERs Kupferwismuthglanz den neuen Namen Emplektit:
"Weil der Name Kupferwismuthglanz bereits von Naumann vergeben wurde, so habe ich für dieses Mineral den Namen Emplektit aufgestellt (von έμπλεκτος, eingeflochten, eingestrickt), welcher sich auf das innige Verwachsensein mit Quarz und das dadurch erzeugte Aussehen bezieht."
Neue Erkenntnisse zu dem Mineral trug KENNGOTT jedoch nicht bei. James Dwight DANA hatte 1854, ein Jahr vor KENNGOTT, das Mineral "Tannenit" nach dem Fundort in der Grube Tannenbaum benannt, entschied sich dann aber 1868 auch für Emplektit.


             Die Typlokalität

Als Typlokalität wird in der Literatur öfter die Grube Tannenbaum bei Johanngeorgenstadt als auch bei Schwarzenberg erwähnt. Es handelt sich immer um ein und dieselbe Grube bei Antonsthal, genau zwischen Johanngeorgenstadt und Schwarzenberg gelegen. Verschiedentlich wird fälschlicherweise auch nur Johanngeorgenstadt oder Schwarzenberg als Typlokalität angegeben.

Der Tannebaum Stolln setzte am linken Ufer des Schwarzwassers, ostsüdöstlich des 641 Meter hohen Hirschsteins, wenige Meter unterhalb der Straße Johanngeorgenstadt - Schwarzenberg, zwischen den Orten Antonsthal und Erla an. Die Grube wurde schon im 18. Jahrhundert betrieben, ein Grubenriss von 1766 zeigt eine Länge von 75 Lachtern. Bebaut wurde der Tannebaum Flache und der Johannes Morgengang. 1798 wurde die Grube mit dem Silberbergwerk Weißer Hirsch Erbstolln bei Antonsthal vereinigt. Von 1817 bis 1824 betrieb eine neue Gewerkschaft den Stollen, jedoch ohne Erzlieferung. Das Stollenmundloch wurde später beim Bau der Straße Johanngeorgenstadt - Schwarzenberg verschüttet. Nach einem starken Anstieg des Preises für Bismut wurde auch der Tannebaum Stollen durch Anlegen eines kleinen Schachtes oberhalb der Straße wieder in Betrieb genommen unter Leitung von Schichtmeister Tröger aus Schneeberg. Neben Bi-Erz gewann man auch Schaustufen. Da sich die Erwartungen an die Grube nicht erfüllten, wurde der Betrieb nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Eine weitere kurze Betriebsperiode auf Bismuterz gab es von 1881 bis 1883. Der Bedarf an Metallen im Ersten Weltkrieg führte zu einem erneuten, jedoch sehr unwirtschaftlichen Bergbau von 1917 bis 1919.
Im Rahmen der Prospektion auf Uranerze nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zwischen Bermsgrün, Crandorf, Globenstein und Antonsthal die kleine Lagerstätte "Septjabrskoje" entdeckt und durch mehrere Schächte, darunter den Schacht 98 oder Tannebaum-Schacht, und Tiefschürfe erschlossen (MARTIN & JAHN, 2001). Die historischen Grubenbaue bezog man in die Arbeiten mit ein, sie gehörten zum Bereich des Schachtes 98. Bis 1950 wurden 90 Tonnen Uran abgebaut, die aber nicht aus dem Bereich des Tannebaum Stollens stammen, sondern dem Lagerstättenbereich östlich des Schwarzwassers. Durch Bergsicherungsarbeiten 2013 - 2014 waren Auffahrungen der SAG/SDAG Wismut sowie historische Grubenbereiche erneut zugänglich, darunter auch Firstenbaue auf dem Tannebaum Flachen mit Emplektit-Mineralisationen (HERRMANN et al., 2016).


             Kristallsystem und Struktur

H. DAUBER (1854) findet für das Mineral nach goniometrischer Vermessung eines winzigen, aber gut ausgebildeten Kristalls eine rhombische Symmetrie. Albin WEISBACH beschreibt 1866 einen Fund von Emplektit aus dem Tannenbaum-Stollen in aufgewachsenen, bis über einen Zoll langen Kristallen. Die Vermessung bestätigte die rhombische Symmetrie. WEISBACH kann mehrere von DAUBER noch nicht beschriebene Formen an einem weiteren, sehr gut ausgebildeten Kristall beobachten. Die vorher noch nicht bestimmte Dichte das Minerals fand WEISBACH als 5,18 g/cm3.

PALACHE & PEACOCK (1933) vermaßen sieben Kristalle von "Johanngeorgenstadt" (es ist jedoch davon auszugehen, dass sie auch vom Tannenbaum-Stollen stammen) und fanden 21 neue Formen. Sie bestätigten ebenfalls die Kristallisation im rhombischen Kristallsystem und stellten das Achsenabschnittsverhältnis a : b : c = 0,7894 : 1 : 0,6389 auf. Ihre Aufstellung entspricht der von DAUBER und WEISBACH, die gestreifte Längsachse der Kristalle verläuft parallel c.
Bereits ein Jahr vorher hatte HOFMANN (1932) Emplektit und "Wolfsbergit" (= Chalcostibit) in einer ausführlichen Arbeit verglichen, die Gitterparameter, Raumgruppe und Atomkoordinaten beider Minerale bestimmt und den Daten von WEISBACH (1866) gegenüber gestellt. Die schon von SCHNEIDER 1853 vermutete Isomorphie beider Minerale konnte bestätigt werden. Als Gitterparameter für Emplektit von "Schwarzenberg" (d. h. auch vom Tannenbaum-Stollen) fand HOFMANN a = 6,12, b = 3,89 und c = 14,51 Å, als Raumgruppe (in heutiger Schreibweise) Pnma, Z = 4. Als Dichte berechnete er 6,42 g/cm3, der von WEISBACH gefundene niedrigere Wert dürfte auf Beimengungen von Quarz zurückzuführen sein.

Die Angaben von HOFMANN (1932) wurden durch PORTHEINE & NOWACKI (1975) bestätigt und präzisiert. Bei einer Strukturanalyse von Emplektit von "Schwarzenberg" fanden sie a = 6,1426, b = 3,9189 und c = 14,5282 Å, Raumgruppe Pnma. Eine weitere Strukturanalyse von Emplektit und Chalcostibit liegt von KYONO & KIMATA (2005) vor.



Chemische Analyse von Emplektit (in Masse-%)

    strahliges Kupfer-Wissmutherz,  
  Grube Tannenbaum bei
  Johanngeorgenstadt
  (SELB, 1817)
  Kupferwismuthglanz,
  Grube Tannenbaum bei
  Johanngeorgenstadt
  (SCHNEIDER, 1853)
  Emplektit,
  theoretische
  Zusammensetzung     
  Cu   Hauptbestandteil   18.72   18.86
  Bi   Hauptbestandteil   62.16   62.07
  S   Hauptbestandteil   18.83   19.07
  Summe          99.71 100.00



Literatur:
DANA, J.D. (1854): A System of mineralogy, comprising the most recent discoveries, Vol II.- New York and London, published by George P. Putnam, 4th edition, 533 p. (p. 73)

DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 86)

DAUBER, H. (1854): Untersuchungen an Mineralien der Sammlung des Hrn. Dr. Krantz in Bonn.- Annalen der Physik und Chemie 168 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 92; 4. Reihe Band 2), 237-251 (speziell 241-242)

GOLDSCHMIDT, V. (1916): Atlas der Krystallformen, Band III. Danalith - Feldspat-Gruppe.- Heidelberg, Carl Winters Universitätsbuchhandlung, 240 p. + 247 Tafeln (Tafel 114)

HERRMANN, St., MARTIN, M. & STARK, J. (2016): Wiederbelebung einer klassischen Fundstelle: Emplektit-Neufund bei Antonsthal, Erzgebirge.- Lapis 41, Heft 5, 10-17

HOFMANN, W. (1932): Strukturelle und morphologische Zusammenhänge bei Erzen vom Formeltyp ABC2. I. Die Struktur von Wolfsbergit CuSbS2 und Emplektit CuBiS2 und deren Beziehungen zur Struktur von Antimonit Sb2S3.- Zeitschrift für Kristallographie, 84, 177-203

KENNGOTT, G.A. (1855): Emplektit (ein neuer Wismuth-Glanz).- Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen im Jahre 1853, Leipzig, T.O. Weigel, 174 p. (p. 125)

KYONO, A. & KIMATA, M. (2005): Crystal structures of chalcostibite (CuSbS2) and emplectite (CuBiS2): Structural relationship of stereochemical activity between chalcostibite and emplectite.- American Mineralogist 90, 162-165

MARTIN, M. & JAHN, St. (2001): Der Tannebaum Stolln bei Schwarzenberg im Westerzgebirge - Typlokalität des Emplektits.- Mineralien-Welt 12, Heft 6, 24-30

PALACHE, C. & PEACOCK, M.A. (1933): Emplectite and the zinkenite group.- American Mineralogist 18, 277-287

PORTHEINE, J.C. & NOWACKI, W. (1975): Refinement of the crystal structure of emplectite, CuBiS2.- Zeitschrift für Kristallographie, 141, 387-402

SCHNEIDER, R. (1853): Untersuchungen über das Wismuth. Zweite Abhandlung. Über den Kupferwismuthglanz, eine neue Mineralspecies.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 166 (Neue Folge 90. Band, bzw. 3. Folge 30. Band), 166-173

SELB, C.J. (1817): Die oryktognostische Mineralien-Sammlung des Herrn Oberbergrathes SELB. Ein Beitrag zur Kenntniss der dermaligen wissenschaftlich geordneten Mineralien-Sammlungen in Deutschland. - Taschenbuch für die gesammte Mineralogie 11, 441 und 451-453

WEISBACH, A. (1866): Ueber den Kupferwismuthglanz.- Annalen der Physik und Chemie 204 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 128; 5. Reihe Band 8), 435-441




Emplektit-Kristalle von der Grube Tannenbaum, Antonsthal bei Johanngeorgenstadt bzw. Schwarzenberg, nach WEISBACH, 1866 (GOLDSCHMIDT, 1916).




© Thomas Witzke

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