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Diadochit


Formel: Fe-Sulfat-Phosphat, amorph

Typlokalität: Alaunschieferbrüche von Arnsbach bei Schmiedefeld, Thüringen

Erstbeschreibung:
BREITHAUPT, A. (1837): Bestimmung neuer Mineralien. 1. Symplesischer Diatom oder Symplesit. 2. Diadochit. 3. Lavendulan. 4. Variscit. 5. Schweres Blei-Erz, kürzer Schwerbleierz. 6. Malthacit. 7. Kupferblau.- Journal für praktische Chemie 10, 501-512

Erste Erwähnung:
ERDMANN, O.L. (1831): Chemische Untersuchung einiger sogenannter Guhren vom Thüringer Walde.- Journal für Chemie und Physik 62 (= 3. Reihe, 2. Band; = Neues Jahrbuch der Chemie und Physik 2), 104-112




Diadochit-Stalaktit. Feengrotten, Saalfeld, Thüringen. Länge 12,5 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Ein neuer Eisen-haltiger Sinter

Den ersten Hinweis auf das Mineral gibt Otto Linné ERDMANN 1831. Ein Jahr zuvor besuchte er die Vitriol- und Alaunwerke sowie die dazu gehörigen Gruben und Brüche in der Gegend von Saalfeld, darunter auch die heute als 'Feengrotten' bekannte Grube in Garnsdorf. ERDMANN schreibt dazu:
"Beim Besuche des duch Stollenbau betriebenen Vitriolschieferbruches zu Garnsdorf zogen besonders einige aus dem Gebirge hervorgedrungene sogenannte Guhren meine Aufmerksamkeit auf sich, die sich ganz abweichend zeigten von der unter gleichen Verhältnissen im benachbarten Alaunschieferbruche zu Wezelstein vorkommenden sogenannten Bergbutter.
Die eine dieser Bildungen ist undurchsichtig und von gelblicher Farbe, sie erscheint äusserst häufig und hängt in sehr mürben zapfenförmigen, mehrere Zoll langen Gestalten fast überall von der Decke des Stollen herab, wo sie sich, ganz nach Art des Tropfsteins in den Kalkhöhlen, aus den niedertropfenden Grubenwässern absetzt. An manchen Stellen bildete sie bereits sehr grosse, mehrere Zoll dicke Stalaktiten, jedoch von so mürber Beschaffenheit, dass sie von den niederfallenden Wassertropfen beständig wieder zerstört wurden. Auch befand sich in dem ablaufenden Grubenwasser ein starker Bodensatz aus derselben Substanz bestehend, welche die Stalaktiten bildete."
Daneben fand ERDMANN noch ein grünes, durchsichtiges, nur teilweise verfestigtes Material, eine weiße, schleimähnliche Substanz, die beim Trocknen nur wenig Rückstand hinterließ (das dürften wohl Bakterienkolonien gewesen sein), sowie ein blaugrünes, undurchsichtiges Material, bei dem die Menge für weitere Untersuchungen nicht ausreichte.
ERDMANN schickte Probenmaterial an August BREITHAUPT und bat um eine mineralogische Charakterisierung. Zu dem grünen, durchsichtigen Material antwortete BREITHAUPT, dass er es schon kennen würde und dafür den Namen 'Pissophan' gewählt hat. Zu dem gelblichen Mineral schickte er folgende Charakterisierung an ERDMANN:
"Matt.
Farbe und Strich blass gelblichgrau bis fast gelblichweiss.
Rindenförmige Gestalten, die eine Art krummschaliger Zusammensetzung zeigen, übrigens von ganz mürber Beschaffenheit.
Der Bruch ist erdig.
Härte = 1 bis 1½.
Milde.
Spec. Gewicht = 1,800. Wahrscheinlich aber etwas höher; denn die lockere Beschaffenheit des Körpers gestattet kein genaues Resultat.
Saugt begierig Wasser ein und erwicht sich dadurch etwas, ohne zu zerfallen.
Dieses Mineral ist auch dem weissen Eisensinter ähnlich, welchen Kersten analysirt hat."
Für das gelbliche Mineral teilt BREITHAUPT keinen Namen mit, auch ERDMANN verzichtet auf eine Benennung. Bei der chemischen Analyse fand ERDMANN, dass es sich um ein wasserhaltiges Eisensulfat handelt. Den Phosphorgehalt hat er offenkundig übersehen.


         Die Beschreibung von Diadochit

1837 beschreibt August BREITHAUPT den Diadochit aus den Alaunschieferbrüchen von Arnsbach bei Schmiedefeld in Thüringen. Aus heutiger Sicht überraschend erschient, dass er hier nicht auf das Material von Garnsdorf eingeht, das er nur wenige Jahre zuvor in den Händen hatte. Erklärbar wird dies jedoch dadurch, dass ERDMANN (1831) das Garnsdorfer Material als wasserhaltiges Eisensulfat charakterisierte, während BREITHAUPT für das Arnsbacher Material fand, dass hier ein Eisenphosphat vorliegt. BREITHAUPT charakterisiert das Mineral wie folgt:
"Diadochit,
d.i. soviel wie vicariirend, nach διαδέχομαι stellvertreten, weil in dem Mineral, verglichen mit dem Eisensinter [= Pitticit - T.W.], die Arsensäure durch die Phosphorsäure vicariirt wird.
Mineralogische Charaktere.
Wachs- bis Glasglanz, zum Theil ziemlich lebhaft.
Die Farbe ist stets gelb, besonders dunkel wachsgelb, dem gelblichbraunen schon manchmal genähert.
Der Strich ist farblos.
Durchscheinend bis undurchsichtig.
Nierenförmige und tropfsteinartige Gestalt, welche im Innern eine nach der äussern Oberfläche gekrümmte schalige Zusammensetzung zeigt. Der Bruch ist muschelig.
Leicht zerspringbar.
Spröde.
Härte = 3 ½ bis 4 ¼. Auf der Feile ist ein gewisser Grad von Zähigkeit zu bemerken.
Specifisches Gewicht = 2.035 bis 2.037.
Es ist hiernach der Diadochit ein porodisches Gebilde und hat die grösste Aehnlichkeit mit dem Eisensinter, von dem er sich durch lichtere Farbe, farblosen Strich und niedrigeres specifisches Gewicht unterscheidet. [...]
Chemische Charaktere.
Vor dem Lötrohr im Glaskölbchen erhitzt, giebt der Diadochit 36 ½ p.C. Wasser aus, und Lackmuspapier wird dabei geröthet. [...] In der Pincette wird die Flamme sogleich grün gefärbt, und diese Reaction auf Phosphorsäure ist ausgezeichnet und stark. Uebrigens bläht sich der Körper etwas auf und schmilzt nur in den Ecken zu einer schwarzen Fritte, welche vom Magnete wenig gezogen wird. Die Probe mit dem Eisendrath auf Phosphorsäure zeigt vielen Gehalt derselben an. Die gewöhnlichen Flüsse weisen einen starken Gehalt an Eisenoxyd nach. Eine besondere Probe auf Schwefelsäure zeigt einen geringen Gehalt derselben an; aber von Arsensäure ist keine Spur vorhanden.
Das Mineral besteht somit wesentlich aus phosphorsaurem Eisenoxydhydrat und ist also ein Eisensinter, in welchem die Arsensäure durch Phosphorsäure vertreten wird. Und wenn man einst in der Kenntnis der porodischen Gebilde mehr fortschreitet, wird man den Eisensinter und den Diadochit in ein Genus bringen müssen.
Vorkommen.
Dieses Mineral ist ein neues Gebilde in den Alaunschieferbrüchen von Arnsbach bei Schmiedefeld im Herzogthum Saalfeld."

Eine quantitative Analyse des Diadochits von Arnsbach wurde vom Carl Friedrich PLATTNER durchgeführt und von Carl Friedrich RAMMELSBERG 1875 veröffentlicht. Danach handelt es sich um ein wasserhaltiges Eisen-Sulfat-Phosphat. RAMMELSBERG gibt ein Atomverhältnis von Fe : S : P : H2O von 2,6 : 1 : 1,1 : 9 an.

Nur ein Jahr nach BREITHAUPTs Bescheibung des Diadochits veröffentlichte Pierre BERTHIER (1838) die Ergebnisse seiner Untersuchung eines Minerals von Huelgoat, Bretagne, Frankreich. Es bildet hier in einer Grube kompakte, rotbraune, durchsichtige, zerbrechliche Massen mit glasartigem Bruch, die sehr stark an ein Harz bzw. an das Eisen-Arsenat-Sulfat (gemeint ist offenbar der Pitticit) erinnern. Bei der Analyse erwies es sich jedoch als ein Eisen-Phosphat-Sulfat (s. Tabelle). BERTHIER benennt das Mineral nicht, auch der Name Diadochit wird nicht erwähnt. Die Identität stellte sich erst später heraus.


         Diadochit und Destinezit

Der Diadochit blieb für mehrere Jahrzehnte eine mineralogische Rarität. Nur vereinzelt wurden weitere Vorkommen beschrieben. Zu nennen sind hier zum Beispiel die Anthracitgrube von Peychagnard, Isère, Frankreich (CARNOT, 1880) oder die Grube Arno, Neumark im Vogtland, Sachsen (BREITHAUPT, 1868).

H. FORIR (1880) beschrieb Diadochit von Argenteau, Belgien und verglich ihn mit dem Delvauxit. Das Mineral bildet Aggregate aus winzigen Kriställchen mit sechseckigem Umriss. In der Überschrift findet sich die Bezeichnung 'Diadochite (Destinézite)'. Im Text wird sonst nirgendwo auf den Namen Destinezit eingegangen, es wird auch kein Grund für eine neue Benennung erwähnt. Der Name bezieht sich auf M.P. DESTINEZ, Präparator an der Universität Liége. FORIR hält Diadochit und Destinezit zunächst nur für Varietäten eines Minerals.
In einer zweiten kurzen Veröffentlichung geht FORIR (1881) unter Mitwirkung von RONKAR und JORISSON nochmals auf das Mineral ein. Es soll sich um ein Eisenphosphat handeln und chemisch mit Delvauxit weitgehend identisch sein. Das Mineral bildet winzige Kristalle, während Delvauxit amorph sein soll. Deshalb liegt ein neues Mineral vor, das den Namen Destinezit erhielt. Eine brauchbare Mineralbeschreibung oder eine quantitative Analyse wird nicht angegeben.

Eine genauere Beschreibung des Destinezits von Argenteau (Visé) erschien 1885 von Giuseppe R. P. CESÀRO. Er konnte an den kleinen Kristallen die Winkel zwischen einigen Flächen vermessen und fand eine gewissen Ähnlichkeit mit den Winkeln an Gipskristallen. Er hält das Mineral deshalb für monoklin. Die Kristalle sind nur etwa 0,01 mm groß und sie bilden nierenförmige, knollige Aggregate. CESÀRO fand bei der chemischen Analyse ein Verhältnis von Fe2O3 : P2O5 : SO3 : H2O = 2 : 1 : 2 : 12. Durch Kochen in Wasser ließ sich die gesamte Schwefelsäure entfernen. CESÀRO ging deshalb davon aus, dass es sich nicht um ein basisches Sulfat handelt. Den Diadochit hält CESÀRO für einen durch Wasser umgewandelten Destinezit.
Die Formel für letzteren nach den Analysen von CESÀRO lautet in heutiger Schreibweise Fe4(PO4)2(SO4)2O·12H2O.


         Das Diadochit-Vorkommen in den Saalfelder Feengrotten

Die bei Otto Linné ERDMANN 1831 erwähnte Vitriolgrube bei Saalfeld geht auf eine sehr lange Geschichte zurück (LANGHAMMER & LOCHNER, 1994). Alaunschieferbergbau im Arnsgereuther Tal nahe Garnsdorf bei Saalfeld soll es bereits ab 1530 gegeben haben. Mit dem 30-jährigen Krieg, aber wahrscheinlich auch schon vorher, kam der Bergbau jedoch zum erliegen. Einen kurzzeitigen Bergbauversuch gab es ab 1676 für 3 Jahre. Von 1744 bis 1752 wurde erneut ein Alaunschieferbergwerk sowie eine Siedehütte im Arnsgereuther Tal betrieben. Eine genaue Lokalisierung des Bergbaus als Vorläufer der heutigen Feengrotten ist ab 1757 möglich. Johann Ehrenreich JEREMIAS, kurfürstlicher Amtmann zu Weida, und Johann Jacob NOLDE, Alaun- und Vitriolmeister aus Saalfeld, gründeten eine Gewerkschaft und betrieben die Grube "Jeremias Glück". Der zunächst erfolgreich laufende Betrieb fiel dem 7-jährigen Krieg zum Opfer.
1760 erwarb der Leipziger Bankier und Handelsherr Christian Gottlob FREGE die Grube, neben anderen Schwarzschieferbergwerken in der Region. Trotz technischer Verbesserungen und neuer Auffahrungen arbeitete die Grube "Jeremias Glück" jedoch mit Verlust. 1818 bereiste August BREITHAUPT die Gegend um Garnsdorf, wobei ihm die Vitriol-Restschlämme der Grube auffielen. Da er einen gewissen Edelmetallgehalt darin vermutete, nahm er etwa 1 Pfund des Materials mit und ließ es in Freiberg untersuchen. Nachdem ein gewisser Silber- und Goldgehalt darin festgestellt wurde, lieferte man eine größere Menge davon an die Freiberger Hütte, was der Grube einen Gewinn von mehreren hundert Thalern bescherte. Das Diadochit-Vorkommen in der Grube "Jeremias Glück" ist August BREITHAUPT, wie bereits erwähnt, jedoch entgangen.
Mit der Entwicklung großtechnischer Methoden zur Herstellung von Alaun und Vitriol in der chemischen Industrie wurden der Alaunschieferbergbau immer unrentabler. Dr. Waldemar FREGE, der letzte Besitzer, gab das Bergwerk deshalb 1860 ins Bergfreie.
1867 begann der Saalfelder Kaufmann August WOHLFAHRT eine Ockergewinnung in der Grube. Auf Grund des bescheidenen und diskontinuierlichen Abbaus sowie der minderwertigen Qualität des Ockers fand dieser Bergbau jedoch 1909 sein Ende. Inzwischen erwachte jedoch das medizinische Interesse an Ockerpackungen und Heilwässern. Der damalige Besitzer Otto WOHLFAHRT ließ die Grubenwässer chemisch analysieren, weiterhin dazu gab es erfolgreiche Versuche zur medizinischen Anwendung. Unterstützung bei der geplanten Nutzung als Mineral- und Heilquelle erfuhr Otto WOHLFAHRT durch den Berliner Geologen Hans HESS VON WICHDORFF, der 1910 die alten Grubenbaue von "Jeremias Glück" befuhr und dabei auf die beeindruckenden Sinterbildungen stieß. Sinter- und Gesteinsproben wurden darauf hin an der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt in Berlin untersucht. HESS VON WICHDORFF (1911) erkannte dabei, dass es sich bei den Sinterbildungen zum großen Teil um Diadochit handelt. Neben dem Diadochit beschrieb er auch zahlreiche weitere Minerale aus der Grube, darunter auch den Orthodiadochit, der heute nicht mehr als eigenständiges Mineral gilt.
In der Folgezeit wurden Strecken und Weitungsbaue der alten Grube freigelegt, um die Quellen zu erreichen. Die hohen Kosten dieser Arbeiten und ein vergeblicher Versuch, Geldmittel von der Stadt zu erhalten, veranlassten Otto WOHLFAHRT zu einem Verkauf der Grube an den Berliner Kaufmann Adolf MÜTZELBURG. Bei weiteren Aufwältigungsarbeiten konnte 1913 die heute als Mächendom bekannte Weitung aufgefunden werden. Die Schönheit der hier anzutreffenden Diadochit-Stalaktiten und -Stalagmiten veranlassten MÜTZELBURG, die Grube als Schaubergwerk auszubauen. Am 31. Mai 1914 wurde die Grube als Schaubergwerk Feengrotten eröffnet (HUNDT, 1915; LANGHAMMER & LOCHNER, 1994).

Eine umfangreiche mineralogische Neuuntersuchung wurde durch Fritz RÜGER, Thomas WITZKE, Werner GRUNEWALD, Dieter LANGHAMMER & Ludwig SENF (1994) zum 80-jährigen Jubiläum der Schaugrotten durchgeführt. Dabei konnten neben zahlreichen aus der Grube bisher nicht bekannten Mineralen wie Rapidcreekit, Monohydrocalcit, Volborthit, Vashegyit und Sasait auch röntgenamorpher Diadochit und kristalliner Destinezit identifiziert werden. Zu den beiden letztgenannten Substanzen konnten auch chemische Analysen vorgenommen werden. Eine ähnliche Mineralübersicht wurde noch einmal durch RÜGER et al. 1995 publiziert.

Das Wachstum der Diadochit-Stalaktiten und -Stalagmiten geht in den Feengrotten recht schnell vor sich. Die größten Diadochit-Stalaktiten sind 180 cm lang bei einem Durchmesser von fast 5 cm, Stalagmiten wuchsen im Bereich des 'Märchendoms' im Schaubergwerk in einem Zeitraum von 40 Jahren um bis zu 30 cm (RÜGER et al., 1994 und 1995).


         Ein Mineral oder zwei Minerale?

In der Literatur fanden sich über eine lange Zeit unterschiedliche Ansichten, ob es sich bei dem Diadochit und Destinezit um Varietäten eines Minerals oder um zwei verschiedene Minerale handelt.
Edward Salisbury DANA (1904) hält beide auf Grund der ähnlichen chemischen Zusammensetzung für identisch. Es sieht den Namen Destinezit nur als ein Synonym für Diadochit an. Letzterem kommt dabei die Priorität zu. DANA gibt an, dass die Formel bisher nicht bekannt sei.

In dem von Carl HINTZE begonnenen und von Gottlob LINCK (1933) fortgesetzten Handbuch der Mineralogie findet sich folgende Angabe:
"Destinezit und Diadochit. [PO4]2[SO4H]2Fe4O[OH] + n H2O.
Beide Minerale stehen wahrscheinlich in dem Verhältnis Kristalloid (Destinezit) und Kolloid (Diadochit) zueinander, sie unterscheiden sich vielfach nur durch ihren Wassergehalt."
Die angegebene Formel bezieht sich auf die Analyse von Destinezit aus Argenteau (Visé) durch CESÀRO (1885).

Charles PALACHE, Harry BERMAN & Clifford FRONDEL (1951) gehen davon aus, dass Destinezit nur eine grobkörnigere Varietät von Diadochit ist. Hugo STRUNZ erwähnt in seinen 'Mineralogischen Tabellen' (z.B. 1978) Diadochit und Destinezit als zwei separate, wenn auch sehr ähnliche Minerale. Diadochit ist röntgenamorph mit der ungefähren Zuammensetzung Fe4[(OH)4 / (PO4,SO4)3] ·13 H2O. Destinezit kristallisiert monoklin und weist einen sehr ähnlichen Chemismus auf, jedoch wird keine Formel angegeben.
Dagegen wird in dem 'Mineral Reference Manual' von Ernest H. NICKEL & Monte C. NICHOLS (1991) dem Diadochit die Formel Fe2(PO4)(SO4)(OH) ·5 H2O und trikline Symmetrie zugewiesen, während der Destinezit komplett fehlt.

Nach dem Fund von röntgenamorphen Diadochit und gut kristallinem Destinezit in den Saalfelder Feengrotten (RÜGER et al., 1994) heißt es hier:
"Nach der vorliegenden Literatur scheint die Identität von Diadochit und Destinezit nicht ausreichend bewiesen zu sein. Die Ansicht von PALACHE et al. (1951), daß Destinezit nur eine relativ grobkörnige Varietät von Diadochit sei, wird angesichts von perfekt ausgebildeten Kristallen und röntgenamorphen Aggregaten in unmittelbarer Nachbarschaft in den Feengrotten wohl nicht aufrecht zu erhalten sein. Neue Untersuchungen zu Destinezit gibt es nicht, da dieser Name aus der aktuellen mineralogischen Literatur verschwunden ist. Eine Neuuntersuchung von Diadochit und Destinezit ist notwendig."
Zwischen dem amorphen und dem kristallinen Material aus den Feengrotten zeigten sich deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung. Nach ICP- und nasschemischen Analysen war der kristalline Diadochit sulfatreicher als das amorphe Material, beim Phosphatgehalt war es genau umgekehrt. Die Analysen sind allerdings zur Berechnung von Formeln nicht brauchbar, da sie sich auf eine nicht näher definierte Trockensubstanz beziehen.
Weiterhin kommt in den Feengrotten "Ortho-Diadochit" vor, der braune, noch weiche, harzähnliche Massen bildet und chemisch der Zusammensetzung von Diadochit entspricht. Auch die dort vorkommende sogenannte "Bergbutter", die weißlichgelbe, erdige Massen bildet, unterscheidet sich chemisch praktisch nicht vom Diadochit. Beides dürften deshalb lediglich Varietäten von Diadochit sein.
Nur wenig später erschien eine Neuuntersuchung von Destinezit durch Donald R. PEACOR, Roland C. ROUSE, T. Dennis COSKREN & Eric J. ESSENE (1999). Der Fund von bis zu 100 Mikrometer großen Kristallen von Alum Cave Bluff, Great Smoky Mountains National Park, Tennessee, USA, erlaubte eine Strukturanalyse des Minerals. Danach kristallisiert es im triklinen System, Raumgruppe P-1, Gitterparameter a = 9.570, b = 9.716, c = 7.313 Å, α = 98.74, β = 107.90, γ = 63.86°. Die Autoren fanden für das Mineral die Formel Fe2(PO4)(SO4)(OH) ·6 H2O. Die berechnete Dichte liegt bei 2.411 g/cm3. Als Vergleich wurde auch Material von einer durch CESÀRO (1885) untersuchten Probe von Argenteau (Visé), Belgien, röntgenografisch analysiert. Die Daten stimmten mit denen des Materials von Alum Cave Bluff überein. PEACOR et al. (1999) schlugen vor, den Namen Destinezit für das gut kristalline, trikline Mineral mit der genannten Formel und Diadochit für röntgenamorphes Material mit ähnlicher Zusammensetzung zu verwenden.

Der Vorschlag von PEACOR et al. (1999) wurde jedoch nicht bei der CNMMN der IMA zur Anerkennung eingereicht (JAMBOR & ROBERTS, 2000). Etwas später wurde der Vorschlag offenbar doch noch eingereicht und unter der Nummer "IMA-case 00-E" wurde die Redefinition von Destinezit als triklines Fe2(PO4)(SO4)(OH) ·6 H2O anerkannt (GRICE & FERRARIS, 2003).

In 'Fleischer's Glossary of Mineral Species' (MANDARINO & BLACK, 2004) ist nur der Diadochit aufgeführt, mit der Formel Fe2(PO4)(SO4)(OH) ·6 H2O. Der Destinezit fehlt hier noch.
In der aktuellen Liste der Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification der IMA (PASERO, 2018) sind sowohl Diadochit und auch Destinezit als eigenständige Minerale vertreten, beide mit der Formel Fe2(PO4)(SO4)(OH) ·6 H2O. Diadochit hat den Status "Grandfathered" und Destinezit den Status "Redefined".




Chemische Analyse von Diadochit und Vergleich mit Destinezit (in Masse-%)

    Komponenten nach
  ERDMANN (1831) und  
  BREITHAUPT (1837)
  ockerige Stalaktiten,  
  Garnsdorf, Saalfeld,
  ERDMANN (1831)  
  Diadochit,
  Arnsbach
  BREITHAUPT (1837)   
  Diadochit,
  Arnsbach
  RAMMELSBERG (1875) 1)   
  Fe2O3   Eisenoxyd   40.060   Hauptbestandteil   39.69
  Al2O3   Thonerde     6.799        
  P2O5   Phosphorsäure     Hauptbestandteil   14.82
  SO3   Schwefelsäure   11.899   geringer Gehalt   15.14
  H2O   Wasser   40.131   36.5   30.35
    Bergart und Verlust     1.111    
  Summe       100.000   100.00

1) Analyse C.F. PLATTNER


    Diadochit,
  Feengrotten, Garnsdorf, Saalfeld   
  HESS VON WICHDORFF (1911)  
  Diadochit,
  Huelgoat, Frankreich
  BERTHIER (1838)   
  Destinezit,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  Fe2O3   32.91   33.77   38.5   37.33
  Al2O3     2.22     0.19        
  CaO     0.17     0.10    
  Sb2O3             0.5    
  P2O5   19.17   19.92   17.0   16.59
  SO3   10.35     8.87   13.8   18.71
  H2O   34.45   37.25   30.2   27.37
  Summe       99.77 100.10 100.0 100.00



Literatur:
BERTHIER, P. (1838): Analyse d'un PHOSPHATO-SULFATE DE FER du Huelgoëth.- Annales des Mines, Série 3, 13, 669-670

BREITHAUPT, A. (1837): Bestimmung neuer Mineralien. 1. Symplesischer Diatom oder Symplesit. 2. Diadochit. 3. Lavendulan. 4. Variscit. Schweres Blei-Erz, kürzer Schwerbleierz. 6. Malthacit. 7. Kupferblau.- Journal für praktische Chemie 10, 501-512

BREITHAUPT, A. (1868): (Diadochit von der Grube Arno bei Neumark). Verhandlungen des Bergmännischen Vereins zu Freiberg. Sitzung vom 24. October 1867.- Berg- und Hüttenmännische Zeitung 27 (= Neue Folge 22), 4

CARNOT, A. (1880): Note sur deux variétés de Diadochite (phospho-sulfate de fer) trouvées dans la mine d'anthracite de Peychagnard (Isère).- Bulletin de la Société minéralogique de France 3, 39-42

CESÀRO, G. (1885): Etude chimique et cristallographique de la destinézite (diadochite de Visé).- Annales de la Société géologique de Belgique 12, 173-191

DANA, E.S. (1904): The System of Mineralogy of James Dwight Dana 1837-1868. Descriptive Mineralogy.- 6th edition, New York, John Wiley & Sons, London, Chapman & Hall, 1134 p. + 73 p. Appendix (p. 867)

ERDMANN, O.L. (1831): Chemische Untersuchung einiger sogenannter Guhren vom Thüringer Walde.- Journal für Chemie und Physik 62 (= 3. Reihe, 2. Band; = Neues Jahrbuch der Chemie und Physik 2), 104-112

FORIR, H. (1880): Note sur la diadochite (destinézite) et la delvauxite.- Annales de la Société Géologique de Belgique 3, 151-154

FORIR, H. (1881): Sur quelques minéraux et fossiles trouvés dans une excursion à Argenteau.- Annales de la Société Géologique de Belgique 7, 115-123

GRICE, J.D. & FERRARIS, G. (2003): New minerals approved in 2002 and nomenclature modifications approved in 1998-2002 by the Commission on the New Minerals and Mineral Names, International Mineralogical Association.- Canadian Mineralogist 41, 795-802

HESS VON WICHDORFF, H. (1911): Beiträge zur Geschichte des Alaun- und Vitriolbergbaues in der Umgebung von Saalfeld a.S. und zur mineralogischen und geologischen Kenntnis der Vitriolgrotten und Diadochithöhlen bei Garnsdorf unweit Saalfeld a.S.- Saalfeld

HUNDT, R. (1915): Die Vitriolgrotten und Diadochithöhlen bei Garnsdorf unweit Saalfeld a.d. Saale. Ein neues Thüringer Naturdenkmal.- Naturwissenschaftliche Wochenschrift, Neue Folge 15, 231-233

JAMBOR, J.L. & ROBERTS, A.C. (2000): New mineral names.- American Mineralogist 85, 263-266

LANGHAMMER, D. & LOCHNER, B. (1994): Die Saalfelder Feengrotten - eine Betrachtung über die historische Entwicklung eines ehemaligen Alaunschieferabbaus zu einem international bedeutsamen Schaubergwerk.- Festschrift der Saalfelder Feengrotten, herausgegeben von der Verwaltung der Saalfelder Feengrotten, 8-27

MANDARINO, J.A. & BLACK, M.E. (2004): Fleischer's Glossary of Mineral Species.- Tucson, The Mineralogical Record Inc., 309 p.

NICKEL, E.H. & NICHOLS, M.C. (1991): Mineral Reference Manual.- New York, Van Nostrand Reinhold, 250 p. (p. 53)

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PASERO, M. (Editor) (2018): The New IMA List of Minerals.- http://nrmima.nrm.se/ (Stand März 2018)

PEACOR, D.R.; ROUSE, R.C.; COSKREN, T.D. & ESSENE, E.J. (1999): Destinezite ("diadochite"), Fe2(PO4)(SO4)(OH) ·6 H2O; its crystal structure and role as a soil mineral at Alum Cave Bluff, Tennessee.- Clays and Clay Minerals 47, 1-11

RAMMELSBERG, C.F. (1875): Handbuch der Mineralchemie. 2. Auflage. II. Specieller Theil.- Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann, 744 p. (p. 330-331)

RÜGER, F.; WITZKE, T.; GRUNEWALD, W.; LANGHAMMER, D. & SENF, L. (1994): Die Saalfelder Feengrotten - eine mineraogischeKostbarkeit Deutschlands.- Festschrift der Saalfelder Feengrotten, herausgegeben von der Verwaltung der Saalfelder Feengrotten, 28-51

RÜGER, F.; SENF, L. & WITZKE, T. (1995): Saalfelder Feengrotten. Seltene Sekundärminerale aus Thüringen.- Lapis 20 (1), 15-26

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© Thomas Witzke / Stollentroll

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