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Dadsonit
Formel: Pb23Sb25S60Cl, triklin
Typlokalität:
Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt (und Madoc, Ontario, Canada; Yellowknife Bay, Northwest Territories, Canada und
Pershing Co., Nevada, USA)
Erstbeschreibung:
JAMBOR, J.L. (1969): Dadsonite (minerals Q and QM), a new lead sulphantimonide.- Mineralogical Magazine
37, 437-441
Nadelige Kristalle von Dadsonit. Grube Jost Christian, Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt. Bildbreite 5 mm. Sammlung
und Foto Thomas Witzke.
Ein neues Blei-Antimon-Sulfid
John Leslie JAMBOR beschreibt 1969 unter dem Namen Dadsonit ein neues
Blei-Antimon-Sulfid von vier Vorkommen: Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt, Madoc, Ontario,
Canada, Yellowknife Bay, Northwest Territories, Canada und Pershing Co., Nevada, USA.
In Wolfberg fand sich Dadsonit in kleinen faserigen Kristallen, die an Stahlwolle
erinnern. Einzelne Nadeln stellen generell multiple Kristalle dar. Die Länge
beträgt bis 2 mm und der Durchmesser weniger als 0,1 mm. Die Kristalle sind längs
gestreift. Dadsonit weist eine bleigraue Farbe auf, einen schwarzen Strich und eine
Härte von 2½. Im Auflicht ist das Mineral weiß mit einem grünlichen Stich.
In Öl sind blutrote Innenreflexe an den Korngrenzen zu beobachten. Die Anisotropie ist
deutlich bis stark in grünlich-grauen Tönen.
Röntgenpulverdaten werden nur für Material von Wolfsberg aufgeführt,
wahrscheinlich hat dieses die besten Daten geliefert. Für Dadsonit wird eine
monokline Zelle mit a = 19,05, b = 4,11, c = 17,33 Å,
β = 96,33°, V = 1349 Å3 und Z = 1 angegeben.
Nach einer Mikrosondenanalyse an Proben von Wolfsberg (siehe Tabelle) und Pershing Co.
hat Dadsonit die Zusammensetzung
Pb11Sb12S29.
Die Dichte ließ sich nicht messen, die berechnete Dichte liegt bei 5,76 g/cm3.
Dadsonit wurde von JAMBOR (1969 a) nach Alexander Stewart DADSON
(1906-1958) für seine Beiträge zum Bergbau der Yellowknife Gold-Lagerstätte
benannt. Das Mineral wurde von der Commission on New Minerals and Mineral Names der IMA
unter der Nummer 1968-011 anerkannt.
Ergänzend zu den Angaben von JAMBOR läßt sich sagen, dass
Dadsonit in Wolfsberg in nadeligen Kristallen bis über 5 mm Länge auftritt,
daneben sind filzige Drusenausfüllungen, parallelfaserige Aggregate und dichte
Massen bekannt. Das Mineral zeigt eine bleigraue bis schwarzgraue Farbe. Durch einen
dünnen Hämatitbelag erscheint es oft rötlich.
Neue Untersuchungen an Dadsonit
Der essentielle Chlorgehalt in Dadsonit wurde zuerst von Yves MOËLO
(1979) bei Untersuchungen an Proben von Wolfsberg (siehe Tabelle) und von Saint-Pons,
Frankreich, festgestellt. Er fand bei Mikrosondenuntersuchungen in dem Wolfsberger
Dadsonit 0,35 - 0,41 % Chlor. Als Formel schlägt er
Pb23Sb25S60Cl
vor. Die berechnete Dichte liegt damit jedoch bei 6,01 g/cm3.
Nach Einkristalluntersuchungen muss der b-Parameter der Zelle von JAMBOR
(1969) verdoppelt werden.
CERVELLE et al. (1979) fanden für Dadsonit eine monokline Zelle mit
a = 19,041, b = 8,226, c = 17,327 Å, β = 96,18° und
Z = 1. Als Formel wird
Pb21Sb23S55Cl
für wahrscheinlicher gehalten. Die berechnete Dichte mit dieser Zusammensetzung
beträgt 5,51 g/cm3. Eine Dichtemessung ergab 5,68
g/cm3.
Emil MAKOVICKY, Dan TOPA & William G. MUMME
veröffentlichten 2006 eine Strukturanalyse von Dadsonit. Verwendet wurde Material von
Klačianka, Niedere Tatra, Slowakei. Dadsonit weist die Zusammensetzung
Pb23Sb25S60Cl
auf und kristallisiert triklin, Raumgruppe P1,
mit den Gitterparametern a = 8,276, b = 17,392, c = 19,505 Å,
α = 83,527, β = 77,882, γ = 89,125°, V = 2727,2
Å3 und Z = 1. Die berechnete Dichte liegt bei 5,88
g/cm3. Dadsonit weist eine OD-Struktur mit starker Verzwillingung
auf. Die Struktur wird aus zwei alternierenden, verschiedenen Lagen aufgebaut, die aus
stabförmigen Struktureinheiten vom SnS-Archetyp bestehen.
Verwandte Minerale
Die Zusammensetzung von Dadsoit ist sehr ungewöhnlich. Das Mineral ist eines der
wenigen bekannten chlorhaltigen Sulfosalze. Es verweist darauf, dass bei der Entstehung
chlorreiche Lösungen eine wichtige Rolle gespielt haben,
die wahrscheinlich mit vorher existenten Pb-Sb-Sulfiden reagiert haben.
Neben Dadsonit sind noch einige weitere, chemisch ähnliche Minerale bekannt:
Ardait, Pb19Sb13S35Cl7,
Playfairit, Pb16(Sb,As)19S44Cl,
Pillait, Pb9Sb10S23ClO0.5
Pellouxit, (Cu,Ag)Pb10Sb12S27O(Cl,S)0.6
Keines dieser Minerale ist jedoch strukturell direkt mit Dadsonit verwandt.
MOËLO (1979) gelang die Synthese von zwei Blei-Antimon-Chlor-Sulfiden
mit der Zusammensetzung
Pb11Sb10S24Cl4 und
Pb16Sb15S25Cl7.
2014 konnten ORLANDI et al. ein neues Mineral beschreiben, welches unmittelbar
mit Dadsonit verwandt ist, jedoch kein Chlor enthält. Es wurde Disulfodadsonit genannt
und weist die Zusammensetzung
Pb11Sb13S30(S2)0.5
auf. Es handelt sich um einen Homeotyp von Dadsonit, der durch Disulfid-Ionen
(S2)2-, stabilisiert wird.
Heteromorphit und Dadsonit
1849 beschrieben Johann Ludwig Carl ZINCKEN & Carl Friedrich RAMMELSBERG
den Heteromorphit als ein neues Mineral:
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"Bekanntlich wurde das Federerz von der Antimongrube bei Wolfsberg und mehreren anderen
Fundorten früher für eine haarförmige Varietät von Antimonglanz gehalten.
Die chemische Untersuchung dieser Substanz durch H. Rose zeigte indessen, dass sie, gleich
dem Zinckenit, Plagionit, Boulangerit, Jamesonit u.s.w. ein Schwefelantimonblei ist, worin
sich die Schwefelmengen des Bleis und Antimons = 2 : 3 verhalten, so dass also seine Formel
Pb2Sb2S5
[übertragen in heutige Schreibweise - T.W.] ist.
An demselben Fundorte ist in neuerer Zeit ein Mineral von der nämlichen Zusammensetzung
vorgekommen, welches folgende Eigenschaften besitzt:
Härte etwas grösser als die des Kalkspaths (3,1). Spec. Gew. = 5,6788 (R.).
Structur amorph.; Bruch feinkörnig ins Ebene; in sehr derben Stücken Neigung zu
schiefriger Absonderung. Farbe bleigrau, Strich stark metallisch glänzend; mit
Spiegeln und gereiften Rutschflächen vorkommend. Krystalle von mehr oder weniger
zersetztem Braunkalk, oder auch nur die Eindrücke derselben kommen darin vor."
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Die chemische Analyse (siehe Tabelle) wurde von Herrn Polseger durchgeführt. Weiter
heißt es dazu:
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"Diess chemische Verhalten auf trockenem und nassem Wege ist daher das aller ähnlichen
Schwefelantimonblei-Verbindungen.
[...] Es ergiebt sich hieraus die Identität mit dem Federerz, in das übrigens
auch ein nachweisbarer Uebergang stattfindet. [...] Aber der Name Federerz, welcher
sich bloss auf eine besondere Verietät bezieht, kann hiernach nicht mehr für die
Gattung bleiben; wir haben sie daher Heteromorphit genannt, und bezeichnen das bisherige
Federerz als haarförmigen, die neue Varietät aber als dichten Heteromorphit."
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Félix PISANI beschreibt 1876 Kristalle mit der Zusammensetzung
Pb7Sb8S19 von
Arnsberg in Westfalen als Heteromorphit. Leonard James SPENCER & G.T.
PRIOR (1899) sehen das zunächst für Plagionit gehaltene Vorkommen
als ein neues Mineral zwischen Plagionit und Semseyit an. JAMBOR (1969 b)
betrachtet Heteromorphit wie SPENCER als ein Glied der Plagionit-Gruppe mit
Fülöppit (Pb3Sb8S15),
Plagionit (Pb5Sb8S17),
Heteromorphit (Pb7Sb8S19) und
Semseyit (Pb9Sb8S21).
Die Minerale unterscheiden sich um jeweils 2 PbS pro Formeleinheit und weisen offenbar enge
strukturelle Beziehungen auf. Der Heteromorphit, der usprünglich in nadeligen Kristallen
beschrieben wurde, hatte sich damit von seiner originalen Bedeutung klar entfernt, denn die
Minerale der Plagionit-Gruppe bilden eher tafelige, blättrige und linsenförmige
Kristalle.
Nach einer persönlichen Information von Jürgen SIEMROTH liefert das
Typexemplar von Heteromorphit (mit Etikett von RAMMELSBERG) aus der Sammlung
des Mineralogischen Institutes am Naturkundemuseum Berlin ein Röntgendiagramm, das dem
Dadsonit entspricht (WITZKE, 1999).
Die Situation ist damit recht kompliziert. Der originale Heteromorphit von ZINCKEN
& RAMMELSBERG (1849) ist identisch mit Dadsonit. Der Heteromorphit nach heutigem
Verständnis (PISANI, 1876; SPENCER & PRIOR,
1899; JAMBOR, 1969 b) ist ein ganz anderes Mineral und gehört in die
Plagionit-Gruppe.
Rein formal hätte damit der Name Heteromorphit gegenüber Dadsonit Priorität und
das Mineral der Plagionit-Gruppe müsste einen anderen Namen erhalten. Dies dürfte
jedoch kaum durchsetzbar sein, da die Namen Heteromorphit und Dadsonit gut etabliert sind.
Hinzu kommt, dass die Ergebnisse der Untersuchungen von SIEMROTH
bisher nicht publiziert sind.
Somit bleibt nur anzumerken, dass der Dadsonit eigentlich schon 120 Jahre vor JAMBOR
(1969 a) durch ZINCKEN & RAMMELSBERG (1849) beschrieben wurde.
Grauer Dadsonit auf Quarz. Grube Jost Christian, Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt. Bildbreite 4 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.
Chemische Analyse von Dadsonit (in Masse-%)
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dichter Heteromorphit 1), Wolfsberg ZINCKEN & RAMMELSBERG (1849) |
Dadsonit, Wolfsberg JAMBOR (1969) |
Dadsonit, Wolfsberg MOËLO (1979) |
Dadsonit, theoretische Zusammensetzung |
Pb |
48.48 |
49.37 |
49.6 - 48.1 |
48.78 |
Sb |
32.98 |
30.90 |
30.6 - 31.1 |
31.16 |
S |
20.32 |
19.73 |
19.7 |
19.69 |
Cl |
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0.35 - 0.41 |
0.36 |
Summe |
101.78 |
100.00 2) |
100.2 - 99.3 |
99.99 |
1) ist Dadsonit
2) rekalkuliert auf 100 %
Literatur:
CERVELLE, B.D.; CESBRON, F.P.; SICHERE, M.-C. & DIETRICH,
J. (1979): La chalcostibite et la dadsonite de Saint-Pons, Alpes de haute Provence, France.- Canadian Mineralogist
17, 601-605
JAMBOR, J.L. (1969 a): Dadsonite (minerals Q and QM), a new lead sulphantimonide.- Mineralogical Magazine
37, 437-441
JAMBOR, J.L. (1969 b): Sulphosalts of the plagionite group.- Mineralogical Magazine 37, 442-446
MAKOVICKY, E.; TOPA, D. & MUMME, W.G. (2006): The crystal structure of
dadsonite.- The Canadian Mineralogist 44, 1499-1512
MOËLO, Y. (1979): Quaternary compounds in the system Pb-Sb-S-Cl: dadsonite and synthetic phases.-
Canadian Mineralogist 17, 595-600
ORLANDI, P.; BIAGIONI, C., MOËLO, Y. & BONACCORSI,
E. (2014): Lead-antimony sulfosalts from Tuscany (Italy). XIV. Disulfodadsonite,
Pb11Sb13S30(S2)0.5,
a new mineral from the Ceragiola marble quarry, Apuan Alps: occurrence and crystal structure.- European Journal
of Mineralogy 25, 1005-1016
PISANI, F. (1876): Sur un sulfoantimoniure de plomb trouvé à Arnsberg (Westphalie).- Comptes rendus
hebdomadaires des séances de l'Académie des sciences 83, 747-749
SPENCER, L.J. & PRIOR, G.T. (1899): Plagionite, heteromorphite and semseyite as members of a natural
group of minerals.- Mineralogical Magazine 12, 55-68
WITZKE, T. (1999): Mineralerstbeschreibungen aus Sachsen-Anhalt.- Beiträge zur Mineralogie und Geologie
von Sachsen-Anhalt. Aufschluss, Sonderband, 223-249
ZINCKEN, J.L.C. & RAMMELSBERG, C.F. (1849): Beiträge zur Kenntniss der Mineralien des Harzes.-
Annalen der Physik und Chemie 153 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 77), 236-267
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