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Chlorargyrit Formel: AgCl, kubisch Typlokalität: Schneeberg, Marienberg und Grube Himmlisch Heer bei Annaberg, Sachsen (und Schönberger Zeche, Jachymov, Böhmen) Erstbeschreibung: AGRICOLA, G. (1546): De ortu & causis subterraneorum Lib. V / De natura eorum quæ effluunt ex terra Lib. IIII / De natura fossilium Lib. X / De ueteribus & nouis metallis Lib. II / Bermannus, siue De re metallica Dialogus. / Interpretatio Germanica uocum rei metallicæ, additio Indice fœcundissimo.- Basileæ, Froben, 472 p. + Index [De natura fossilium, Lib. X, p. 364] (als "Argentum rude purpureum" und "Argentum rude jecoris coloris") MATHESIUS, J. (1562): Sarepta oder Bergpostill sampt der Joachimßthalischen kurtzen Chroniken.- Gedruckt zu Nürnberg, durch Johann vom Berg und Ulrich Newber, 233 p. (p. 40a und 88b) (als "leberfarb dicht silber ertz" und "hornfarb silber") Erste Erwähnung (ohne Beschreibung): AGRICOLA, G. (1530): Bermannus sive de re metallica.- Basileæ, in ædibus Frobenianis, 135 p. (p. 132) (wahrscheinlich als "Argentum rude purpureum") Benennung: WEISBACH, A. (1875): Synopsis Mineralogica. Systematische Übersicht des Mineralreiches.- Freiberg, J.G. Engelhardt'sche Bunhandlung, 78 p. (p. 37) (Benennung als "Chlorargyrit", ohne eigene Untersuchung) Hellbräunliche Kristalle von Chlorargyrit. Grube St. Georg, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 8,5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Die ersten Beschreibungen im 16. Jahrhundert durch Georgius AGRICOLA und Johannes MATHESIUS Das Silbermineral ist sicher schon Georgius AGRICOLA bekannt gewesen. Merkwürdigerweise wird es jedoch in seinem Werk "Bermannus, sive de re metallica" von 1530 nicht näher beschrieben, nur unter den Silbererzen aufgezählt:
Die nächsten Angaben finden sich 1562 in der ersten Auflage der "Sarepta oder Bergpostill" von Johannes MATHESIUS. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von 16 Predigten, die zwischen 1552 und 1562 entstanden sind. MATHESIUS (1504-1565) wirkte nach Studien in Wittenberg und anderen Orten als lutherischer Prediger und Pfarrer in Joachimsthal (Jáchymov) und verband in der "Sarepta oder Bergpostill" christliche Inhalte und moralische Ermahnungen mit praktischen mineralogischen, geologischen, bergmännischen und aufbereitungstechnischen Kenntnissen. MATHESIUS schreibt hier in der Dritten Predigt "Vom vrsprung zu vnd abnemen der Metallen":
Die Frage nach einem Erstbeschreiber ist beim Chlorargyrit nicht einfach zu beantworten. Georgius AGRICOLA kannte das Mineral sicher, jedoch kann die Erwähnung von 1530 noch nicht als Erstbeschreibung gelten. Auch 1546 nennt er neben der Farbe keine weiteren charakteristischen Eigenschaften, und sein leberfarbenes Erz lässt sich erst durch die Angaben von MATHESIUS 1562 und FABRICIUS 1565 zuordnen. Johannes MATHESIUS gibt eine erste Beschreibung, nach der das Mineral klar erkennbar ist, auch wenn er verschiedene Ausbildungen noch nicht als ein Mineral bzw. Erz betrachtet. Hier ist es sicher sinnvoll, den Begriff eines Erstbeschreibers nicht so eng wie im heutigen Sinn zu fassen, sondern AGRICOLA und MATHESIUS gemeinsam zu nennen. Entsprechend werden auch die bei beiden Autoren erwähnten Fundorte als Typlokalitäten geführt. Weitere frühe Beschreibungen Nur kurz nach der Veröffentlichung von MATHESIUS finden sich weitere Beschreibungen bei Johannes KENTMANN und Georg FABRICIUS in einem 1565 von Conrad GESNER zusammengestelltem Kompendium. In dem Katalog seiner Mineralsammlung listet Johannes KENTMANN (1565) das Silbermineral unter "Argentum, Flavi coloris" von Marienberg im Erzgebirge als
Auch der sächsische Chronist und Heimatforscher Petrus ALBINUS (1590) befasst sich in seinem bedeutendsten Werk, der "Meißnischen Land und Bergchronica", mit dem Mineral und schreibt, dass er es aus eigener Anschauung kennt:
Bis 10 kg schwere Massen Hornerz Während man das Silberchlorid im Erzgebirge beim Bergbau im Bereich von Gangausbissen und den oberen Teufen neben gediegen Silber sicher öfter angetroffen hat, rückten mit fortschreitender Teufe die Silbersulfide und der silberhaltige Bleiglanz in den Mittelpunkt. Besonders im 15. und 16. Jahrhundert konnten die Bergleute noch größere Stücke von dem Mineral gewinnen, so dass sich daraus die von MATHESIUS, FABRICIUS und ALBINUS erwähnten Schnitzereien fertigen ließen. Es sind Massen bis mehrere Pfund bekannt. Die bedeutendsten Fundorte waren Johanngeorgenstadt, Schneeberg, Freiberg, Annaberg und Marienberg. Heinrich Martin KLAPROTH schreibt 1789:
Wie realistisch die Angabe zu Funden von Massen von über 100 Pfund durch KLAPROTH ist, lässt sich heute nicht mehr sagen. Carl HINTZE (1915) erwähnt ein 4 kg schweres Exemplar von der Grube Gotthelf Schaller in Johanngeorgenstadt und ein 10 kg schweres von Himmlisch Heer bei Annaberg. Mit der Verlagerung des Bergbaus aus der Oxidations- und Zementationszone in die primären Gangbereiche wird das Silberchlorid deutlich seltener gefunden und gerät nahezu in Vergessenheit. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Literatur über das Mineral sehr spärlich und die Beschreibungen gehen nicht über die Angaben von MATHESIUS hinaus. In seinem Buch über das Probieren der Erze geht Lazarus ERCKER 1629 nur kurz auf das Silbermineral ein:
Auch in den Mineralsammlungen bzw. Naturalienkabinetten gibt es zu dieser Zeit offenbar nur wenige Belege, wie aus den publizierten Katalogen zu entnehmen ist. Der anonym 1683 herausgegebene Katalog des ein Jahr vorher verstorbenen Naturalien-, Kunst- und Büchersammlers Élie BRACKENHOFFER (1618-1682) aus Strasbourg im Elsass verzeichnet das Mineral:
In dem Naturalienkabinett von Johann Jacob SPENER (???? - 1692), Professor für Physik und Mathematik an der Akademie zu Halle, findet sich nach dem von Johann Martin MICHAELIS 1693 veröffentlichten lateinisch/deutschen Katalog ein Exemplar des Minerals:
In dem "Mineral- und Bergwercks-Lexicon" von 1743 von MINEROPHILO FREIBERGENSI (wahrscheinlich ein Pseudonym des Freiberger Lexikographen Johann Caspar ZEISIG) wird ersichtlich, dass das Mineral inzwischen recht selten geworden ist:
Der Mediziner und Forschungsreisende Johann Ernst HEBENSTREIT führt in dem "Museum Richterianum" von 1743, dem Katalog der bedeutenden Mineraliensammlung des Leipziger Kaufmanns und Ratsherrn Johann Richter, eine Stufe
Kupferstich mit einer Stufe Chlorargyrit (mitte unten) von der Grube Catharina, Johanngeorgenstadt, aus HEBENSTREIT (1743). Oben links Glaserz mit Silber, Grube Lazarus, Wolkenstein; oben rechts Glaserz vom Hohen neuen Jahres und Unverhofft Glück, Johanngeorgenstadt; Unten links und rechts, Glaserz von der Grube Catharina und der Grube Unverhofft Glück, Johanngeorgenstadt. Digitalisiert von Google Books. Im Original koloriert. Die ersten Mineralsystematiken Der schwedische Naturforscher Carl LINNÆUS, später als Carl von LINNÉ bekannt, listet 1735 in seinem "Systema Naturæ", das eine Systematik des Mineral-, Pflanzen- und Tierreiches darstellt, das Silberchlorid neben dem gediegen Silber, dem Glaserz, dem Rotgültigerz und dem Weißgültigerz unter den Silbermineralen auf. Es ist durchscheinend rötlich, und schmilzt am Kerzenlicht:
1747 bezeichnet Johann Gottschalk WALLERIUS das Mineral in seinem Werk "Mineralogia, eller Mineralriket" als
Im Jahre 1748 veröffentlicht Carl von LINNÉ eine ausführlichere Version seines "Systema Naturæ", kann aber hier auch nichts neues zu dem Mineral beitragen. Neue Funde in Johanngeorgenstadt Nachdem das Mineral in Sachsen längere Zeit kaum gefunden oder beachtet wurde, trat es Ende des 17. Jahrhunderts in Johanngeorgenstadt in den Gruben Gabe Gottes, Römischer Adler und Catharina als weißes, grünes oder gelbes Glaserz in zum Teil beachtlichen Massen erneut auf, wie Christian Hieronymus LOMMER 1776 in seiner "Abhandlung vom Hornerze" berichtet. Erst 1766 gelangen dann wieder neue größere Funde auf der Grube Gotthelf Schaller, die die Aufmerksamkeit des Berghauptmanns Carl Eugen PABST VON OHAIN erregten. Hierzu schreibt LOMMER:
LOMMER bemerkt auch, dass das Hornerz nur in den oberen Teufen auftritt:
Bräunlicher massiver Chlorargyrit. Grube Segen Gottes, Gersdorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 3 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Die Eigenschaften des Minerals Eine erste ausführlichere Beschreibung der Eigenschaften über die schon im 16. Jahrhundert bekannten Merkmale hinaus findet sich bei LOMMER 1776. Danach kann das Mineral in weißer, weißgrauer, violetter, apfelgrüner, gelbgrüner oder gelber Farbe auftreten. Die Kristallflächen sind mattglänzend fettig. Aus der Grube gebracht, überzieht sich das Hornerz an der Oberfläche mit einem violetten bis blauen Hauch. Weiter heißt es:
Chemische Untersuchungen Dass es sich um ein Silbermineral handelt, schreibt schon AGRICOLA 1530. Näheres zur Zusammensetzung blieb jedoch über 200 Jahre lang unbekannt. Eine Vorstellung von der Zusammensetzung hat offenbar Johann Andreas CRAMER. In seiner "Elementa Artis Docimasticæ", der Anleitung zur Probierkunst von 1744 befasst er sich zwar nicht mit den natürlichen Vorkommen, jedoch kennt er aus den Verfahren zur Silberscheidung ein entsprechendes künstliches Material, das bei Verwendung unsauberer Chemikalien anfallen kann:
Johann Gottschalk WALLERIUS ist 1747 der Ansicht, dass das Mineral 2/3 Silber, und daneben Schwefel und Arsen enthält. Ob der angebliche Schwefel- und Arsengehalt auf der Analyse von einem Gemenge beruht oder es sich um eine Fehlbestimmung handelt, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Nur wenig später, 1758, betrachtet Axel Frederic von CRONSTEDT es völlig korrekt als "Argentum Acido Salis solutum & mineralisatum", als ein salzsaures Silber, und bezeichnet es als "Hornertz. Minera Argenti Cornea". Als Fundort wird nur Johanngeorgenstadt in Sachsen genannt. Angaben zu einer Analyse gibt es nicht, so dass sich nicht sagen lässt, auf welcher Grundlage CRONSTEDT zu seiner Ansicht über die Zusammensetzung gelangt ist. 1774 veröffentlicht der in Petersburg tätige Naturforscher Erich G. LAXMANN seine Untersuchungen und kommt hier zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass sowohl das sächsische als auch das sibirische Hornerz kein salzsaures Silber darstellen, sondern wie das Glaserz (= Akanthit/Argentit) durch Schwefel mineralisiert sind. In seiner umfangreichen Abhandlung über das Hornerz von 1776 kann der sächsische Bergmeister Christian Hieronymus LOMMER dagegen die Ansicht von CRONSTEDT nach umfangreichen Analysen bestätigen:
Der englische Chemiker Peter WOULFE untersuchte 1777 ebenfalls das Hornerz, ohne die Arbeit von LOMMER zu kennen. Von welchem Fundort das Material stammt, wird nicht erwähnt. Zu seinen Ergebnissen schreibt er:
Bei Untersuchungen von peruanischen Hornerz kommt Balthazar George SAGE 1786 zu dem Ergebnis, dass dieses Mineral maximal 70 - 74 % Silber enthält und durch Salzsäure mineralisiert ist, aber noch mit einer besonderen fettigen Materie verbunden sei. Diese widersprüchlichen Ergebnisse bei der Untersuchung des Hornerzes durch verschiedene Autoren veranlassten den Chemiker Heinrich Martin KLAPROTH zu eigenen Analysen, die er kurz 1789 und ausführlicher 1795 veröffentlichte (siehe Tabelle). Für seine Untersuchungen stand ihm Material von einer großen, mehrere Pfund schweren Stufe aus dem sächsischen Erzgebirge im "churfürstlichen Mineralienkabinett zu Dresden" zur Verfügung (siehe oben, Inv.-Nr. Min 3232 Sa MMG). Ihm gelingt die erste komplette quantitative Analyse des Minerals, wenn auch an einer etwas verunreinigten Probe. Seine Ergebnisse liegen, nach Abzug der Verunreinigungen, sehr dicht an der tatsächlichen Zusammensetzung. KLAPROTH erkannte auch, dass das unter anderem von St. Andreasberg im Harz bekannte "Buttermilcherz" ein Hornerz "in erdichter Gestalt mit Thonerde gemengt" sei. Dietrich Ludwig Gustav KARSTEN ist 1807 der Ansicht, dass es sich bei dem Hornerz in wesentlichen um ein Oxid handelt:
Auch Jöns Jacob BERZELIUS hielt das Mineral für eine sauerstoffhaltige Verbindung, gibt aber ein völlig anderes Verhältnis von Silberoxyd zu Salzsäure an. 1814 führt er unter den "Salzsauren Verbindungen" das "Hornerz, Murias argenticus. Dieses ist AgO2 + 2 MO2." Muriatische Säure ist eine Bezeichnung von LAVOISIER für die Salzsäure, das 'M' in der Formel steht für Muriaticum oder Muriatine = Chlor. Anzumerken ist, dass zu dieser Zeit die Zusammensetzung der Salzsäure unbekannt und unter den Chemikern sehr umstritten war und hier z.T. völlig konträre Ansichten vertreten wurden (siehe dazu WEHRLE, 1819). Weit verbreitet war die Ansicht, die Salzsäure besteht aus einer Verbindung von 1 Muriaticum (Chlor) mit 2 Sauerstoff. Die bei KARSTEN angegebenen, auf einen vermeintlichen Sauerstoffgehalt umgerechneten Analysen finden eine recht weite Verbreitung in der Literatur und werden mehrere Jahrzehnte lang offenbar von einem Autor zum anderen übernommen, so z.B. von Johann Friedrich Ludwig HAUSMANN (1813), Ambrosius RAU (1818), Alois WEHRLE (1819), Robert JAMESON (1820), Friedrich MOHS (1824), Carl Cäsar von LEONHARD (1826), James Dwight DANA (1841) und weiteren. Als Quelle der Analysen wird jedoch immer nur KLAPROTH angeben, obwohl der gar keinen Sauerstoff in dem Material gefunden hatte. Ambrosius RAU stellt 1818 für das Mineral die Formel "ArgH(+¼Fº)" auf, jetzt nicht mehr mit Silberoxid, aber wiederum mit anderem Verhältnis von Silber zu Salzsäure. RAU verwendet hier die völlig in Vergessenheit geratene Formelschreibweise von SCHUBERT, hier bedeutet Arg = Silber, H = Salzsäure (was nichts mit Wasserstoff zu tun hat, sondern von Halogen abgeleitet ist, und für 1 Muriaticum + 2 Sauerstoff steht), Fº = Eisenoxid (Fe2O3). LEONHARD schreibt 1826, dass BERZELIUS (ohne nähere Quellenangabe) für das Mineral die Formel als "AgCh" aufgestellt hat. Das "Ch" ist ein altes Symbol für Chlor. Damit wäre er der erste, der die korrekte Formel aufgestellt hat. Merkwürdig und widersprüchlich ist dann die Angabe von BERZELIUS von 1828: "Chlorsilber, Ag Ein ganz anderes Verhältnis von Silber zu Chlor findet sich dagegen bei Jean GIRARDIN & Henri LECOQ 1837: "Formée de 1 atome d'argent et de 4 atomes de chlore = AgCh4." Auch LEONHARD zitiert 1833 wieder die alte Analyse von KLAPROTH ohne Sauerstoff, verzichtet aber auf die Angabe einer Formel. Erst gegen Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich schließlich die Erkenntnis durch, dass es sich bei dem Mineral um ein einfaches Silberchlorid handelt, und die Formel AgCl wird allgemein akzeptiert. Die Kristallform des Minerals Als Kristallform gibt Jean-Baptiste Luis ROMÉ DE L'ISLE 1772 für das Mineral nur einfache Würfel (aus Johanngeorgenstadt) an, daneben auch tafelige und säulige Formen. Christian Hieronymus LOMMER führt 1776 ebenfalls Würfel neben diversen derben Ausbildungen an und gibt auch eine Zeichnung einer aus lauter Kristallen aufgebauten Stufe. Friedrich MOHS (1824) beschreibt als einfache Formen Würfel, Oktaeder und Rhombendodekaeder sowie Kombinationen von Würfel und Oktaeder bzw. Würfel und Rhombendodekaeder. Andere Formen sind offenbar sehr selten. Chlorargyrit weist eine Halit-Struktur auf und kristallisiert dementsprechend in der kubischen Raumgruppe Fm3m. Für die Elementarzelle bestimmte DAVEY (1922) den Gitterparameter a = 5,52 Å, BARTH & LUNDE (1925) fanden a = 5,545 Å und WYCKOFF (1963) a = 5,47 Å. Vom Hornerz zum Chlorargyrit Der alte Name Hornerz für das Mineral ist seit Jahrhunderten sehr verbreitet. Die Angabe von LOMMER (1776) und KLAPROTH (1795), dass dieser Name durch Carl Eugen PABST VON OHAIN um 1766 aufgestellt wurde, ist nicht zutreffend, wie seine Verwendung schon 1629 durch Lazarus ERCKER in seinem speziell auch für Bergleute verfassten Buch über das Probieren der Erze sowie 1693 in einem Sammlungskatalog durch Johann Martin MICHAELIS belegen. Auch in dem "Systema Naturæ" bei Carl von LINNÉ von 1748 findet er sich bereits. ROMÉ DE L'ISLE nutzt 1772 die französische Übersetzung "Mine d'argent cornée". Jené-Just HAÜY führt das Mineral als "argent muriaté", nach der alten Bezeichnung für die Salzsäure. Gustav KARSTEN teilt 1807 die "Silbergattung Hornerz" in vier Arten ein, in "Muschlichtes Hornerz", "Strahliges Hornerz", "Gemeines Hornerz" und "Thoniges Hornerz (Buttermilcherz)". Diese Unterteilung, die nur auf morphologischen Unterschieden oder Beimengungen beruht, wurde zwar von einigen Autoren in der Folge übernommen, traf aber damals schon auf Kritik. Johann Friedrich Ludwig HAUSMANN (1813) greift die schon von GELLERT 1746 in der Übersetzung von CRAMERs Werk verwendete Bezeichnung "Hornsilber" auf. Bei August BREITHAUPT (1823) findet es sich als "Silber-Hornerz". Friedrich MOHS (1820) führt das Mineral als "Hexaedrisches Perl-Kerat", was BREITHAUPT 1832 in "Hexaëdrisches Silber-Kerat" abwandelt. Carl Friedrich NAUMANN (1828) bezeichnet es einfach als "Chlorsilber", GLOCKER als "Silberhornspath", "Chlorsilberspath", "Silberspath" trotz fehlender Spaltbarkeit und 1847 schließlich als "Argyroceratites". Neben dem englischen "Horn Silver" verwendet James Dwight DANA 1844 eine von der LINNÉschen binomialen Nomenklatur beeinflusste Bezeichnung, "Ceratus cubicus". Ähnliche, von griechisch κερας (keras) = Horn und αργυρος (argyros) = Silber abgeleitete Bezeichnungen wie "Kerargyre" finden sich bei François Sulpice BEUDANT (1832), oder "Kerargyrite" bzw. "Cerargyrite" bei DANA (1855 und 1868). Den heute gebräuchlichen Namen Chlorargyrit nach der chemischen Zusammensetzung führte Albin WEISBACH 1875 ein. International setzte sich jedoch zunächst die Bezeichnung Cerargyrit durch (PRIOR & SPENCER, 1902). Dieser Name ist allerdings etwas irreführend, da er an das Element Cer erinnert. Erst 1962 stimmte die Commission on New Minerals and Mineral Names der International Mineralogical Association über die Namen Cerargyrit und Chlorargyrit ab und entschied sich für Chlorargyrit. Chemische Analyse von Chlorargyrit (in Masse-%)
1) Differenz zu 100 als "salzsaurer Bestandtheil" im weißen Hornerz angenommen, im violetten Hornerz noch ein geringer Anteil "alcalisirten Schwefel" 2) nach Abzug der Verunreinigungen und Hochrechnung auf 100 % ergibt sich Silber 76.34 und "Salzsäure" 23.66 Literatur: AGRICOLA, G. (1530): Bermannus sive de re metallica.- Basileæ, in ædibus Frobenianis, 135 p. (p. 131-132) AGRICOLA, G. (1546): De ortu & causis subterraneorum Lib. V / De natura eorum quæ effluunt ex terra Lib. IIII / De natura fossilium Lib. X / De ueteribus & nouis metallis Lib. II / Bermannus, siue De re metallica Dialogus. / Interpretatio Germanica uocum rei metallicæ, additio Indice fœcundissimo.- Basileæ, Froben, 472 p. + Index [De natura fossilium, Lib. X, p. 364] ALBINUS, P. (1590): Meißnische Bergk Chronica: Darinnen fürnemlich von den Bergkwercken des Landes zu Meissen gehandelt wird / wie dieselben nach einander aufkomen. Mit welcher vrsach vnd gelegenheit auch anderer benachbarten / vnd zum teil abgelegenen Bergkwercken / fast in gantz Europa, etwas gedacht wird / damit man sehe / wie die Bergkwerge nach einander belegt worden. Vnd entlich von allen Metallen vnd Metallarien / Das ist: Den jenigen Erdgewechsen / so man zu den Metallis zu rechnen pfleget / welche im Land zu Meyssen gefunden werden.- Dreszden, 204 p. + Register (p. 128) Anonymus (1683): Mvsævm Brackenhofferianvm, Das ist/ Ordentliche Beschreibung Aller/ so wohl natürlicher als kunstreicher Sachen/ Welche sich in Weyland Hrn. Eliae Brackenhoffers/ gewesenen Dreyzehners bey hiesiger Statt Straßburg/ Hinterlassenem Cabinet befinden.- Straszburg, Gedruckt vnd verlegt durch Johann Welpern, 160 p. (p. 70) BARTH, T.F.W. & LUNDE, G. (1925): Lattice constants of the cuprous and silver halides.- Norsk Geologisk Tidskrift 8, 281-292 BERZELIUS, J.J. (1814): Versuch, ein rein wissenschaftliches System der Mineralogie zu begründen.- Journal für Chemie und Physik, p. 17-62 (speziell p. 24) BERZELIUS, J.J. (1828): Die Anwendung des Lötrohrs in der Chemie und Mineralogie.- Nürnberg, bei Joh. Leonhard Schrag, 2. Auflage, 282 p. (p. 256) BEUDANT, F.S. (1832): Traité élémentaire de Minéralogie.- Paris, Verdière, 2. Edition, Vol. 2., 797 p. (p. 501) BREITHAUPT, A. (1823): Vollständige Charakteristik des Mineral-Systems.- Dresden, Arnoldische Buchhandlung, 2. Auflage, 292 p. (p. 136) BREITHAUPT, A. (1832): Vollständige Charakteristik des Mineral-System's.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 3. Auflage, 358 p. (p. 287) BREITHAUPT, A. (1841): Vollständiges Handbuch der Mineralogie. Zweiter Band. Des speziellen Theils erste Abtheilung.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 406 p. (p. 315-317) CRAMER, J.A. (1744): Elementa Artis Docimasticæ, Dubous Tomis comprehensa, Quorum Prior Theoriam, pesterior Praxin, Ex vera Fossilium indole deductas, atque indubitatæ Experimentorum, summa cum accuratione institutorum, fide firmatas, ordine naturali & doctrina apertissima exhibet.- Lugduni Batavorum [= Leiden], Apud Conradum Wishoff et Georg. Jac. Wishof, Fil. Conr. Cum Privilegio, 366 p. (p. 87) CRAMER, J.A. (1746): Anfangsgründe der Probierkunst, in zweyen Theilen abgefasset, von welchen der erste die Theorie, der andere die Ausübung, in der natürlichen Ordnung und einer sehr verständlichen Lehrart darstellet, So wie sie aus der wahren natürlichen Beschaffenheit der der Foßilien hergeleitet und durch die glaubwürdigsten mit der größten Sorgfalt angestellten Versuche bekräftigt worden sind. Nach der andern verbesserten Ausgabe, die sowohl in der Theorie, als in der Ausübung, vom Autore selbst sehr vermehret und bereichert worden, Dem Bergwesen zum Besten aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt von C.E. Gellert.- Stockholm, verlegt bei Gottfried Kiesewetter, 682 p. (p. 82) CRONSTEDT, A.F. VON [das Buch ist anonym erschienen] (1758): Försök til Mineralogie, eller Mineral-Rikets Upställning.- Stockholm, Wildiska Tryckeriet, 251 p. (p. 159) DANA, J.D. (1844): A System of mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, Wiley & Putnam, 2nd edition, 633 p. (p. 299) DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 114) DAVEY, W.P. (1922): The absolute size of certain monovalent and bivalent ions.- Physical Review 19, 248-251 ERCKER, L. (1629): Beschreibung / Allerfürnemisten Mineralischen Ertzt unnd Bergwercksarten / wie dieselbigen / und eine jede insoderheit / ihrer Natur und Eygenschafft nach / auff alle Metalla Probirt / unnd im kleinen Fewer sollen versucht werden / mit Erklärung etlicher fürnemmer nützlicher Schmeltzwerck / im grossen Fewer / auch scheidung Goldts / Silbers / und anderer Metalln .... - Franckfurt am Mayn, in Verlegung Gottfried Tampachs, 135 p. (p. 3b) FABRICIUS, G. (1565): De Metallicis rebus ac nominibus observationes variae.- Tiguri (Zürich), p. 6 - 7 und 10. In: GESNER, C. (1565): De omni rerum fossilium genere, gemmis, lapidibus metallis, et huiusmodi, libri aliquot, plerique nunc primum editi.- Tiguri GIRARDIN, J. & LECOQ, H. (1837): Élémens de Mineralogie appliquée aux sciences chimiques.- Paris, Thomine, 1. Band, 490 p. (p. 275) GLOCKER, E.F. (1847): Generum et Specierum Mineralium Secundum Ordines Naturales digestorum Synopsis.- Halle, bei Eduard Anton, 347 p. HAUSMANN, J.F.L. (1813): Handbuch der Mineralogie.- Göttingen, bei Vandenhoeck und Ruprecht, 3. Band, p. 1010-1015 HEBENSTREIT, J.E. (1743): Mvsevm Richterianvm continens fossilia, animalia, vegetabilia mar(ina). Illustrata iconibus et commentariis. Accedit de gemmis scalptis antiqvis liber singvlaris.- Leipzig, Casparus Fritsch, 384 p. (p. 35) HINTZE, C. (1915): Handbuch der Mineralogie, Band I, 2. Abteilung.- Leipzig, Verlag von Veit & Comp., p. 2277-2298 International Mineralogical Association, Commission on New Minerals and Mineral Names (1962): (Report).- Mineralogical Magazine 33, 260-263 JAMESON, R. (1820): A System of Mineralogy, in which Minerals are arranged according to the Natural History Method.- Edinburgh, Archibald Constable & Co. and Hurst, Robinson & Co., Third edition, Volume II, 682 p. (p. 350-353) KARSTEN, G. (1807): Karakteristik der Silbergattung Hornerz.- Der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin Magazin für die neuesten Entdeckungen in der gesammten Naturkunde 1, 156-160. Berlin, in der Realschulbuchhandlung KENTMANN, J. (1565): Nomenclaturae Rerum fossilium, que in Misnia praecipue, & in alijs quoque regionibus inueninuntur.- Tiguri (Zürich), p. 62. In: GESNER, C. (1565): De omni rerum fossilium genere, gemmis, lapidibus metallis, et huiusmodi, libri aliquot, plerique nunc primum editi.- Tiguri KLAPROTH, H.M. (1789): Kleine mineralogische Beyträge.- Chemische Annalen für die Freunde der Naturlehre, Arzneygelahrtheit, Haushaltungskunst und Manufacturen (Crell's Chemische Annalen), Erster Theil, 7-12 KLAPROTH, H.M. (1795): Chemische Untersuchung der Silbererze. Erster Abschnitt. Hornerz.- Beiträge zur Chemischen Kenntnis der Mineralkörper 1, 125-141 LAXMANN, E.G. (1774): Minera argenti cornea chemice examinata et descripta.- Nov. comment. acad. Scient. Petropolit. 19, p. 482 (nach KLAPROTH, 1795) LEONHARD, C.C. von (1826): Handbuch der Oryktognosie.- Heidelberg, bei J.C.B. Mohr, 2. Auflage, 852 p. (p. 581-583) LEONHARD, K.C. von (1833): Naturgeschichte des Mineralreichs. Erste Abtheilung. Grundzüge der Oryktognosie.- Heidelberg, Verlag von Joseph Engelmann, 2. Auflage, 398 p. (p. 276) LINNÆUS, C. (1735): Systema Naturæ sive regna tria naturæ, systematice proposita per classes, ordines, genera & species.- Lugduni Batavorum, Apud Theodorum Haak, Ex Typographia Joannis Wilhelmi de Groot LINNÆUS, C. (1740): Systema Naturæ in quo Naturæ Regna Tria, Secundum. Classes, Ordines, Genera, Species, Systematice Proponuntur.- Editio Secunda, Stockholmiæ, Gottfr. Kiesewetteri, 80 p. (p. 8) LINNÆUS, C. (1748): Systema Naturæ sistens regna tria naturæ, in classes et ordines, genera et species, redacta tabulisque æneis illustrata.- Lipsiæ, Godofr. Kiesewetteri, p. 183 LOMMER, C.H. (1776): Abhandlung vom Hornerze als einer neuen Gattung Silbererz.- Leipzig, bei Adam Friedrich Böhme, 66 p. MATHESIUS, J. (1562): Sarepta oder Bergpostill sampt der Joachimßthalischen kurtzen Chroniken.- Gedruckt zu Nürnberg, durch Johann vom Berg und Ulrich Newber, 233 p. (p. 40a und 88b) MICHAELIS, J.M. (1693): Museum Spenerianum sive Catalogus Rerum ... / Das Spenerische Kabinet Oder Kurtze Beschreibung Aller Sowol künstlich als natürlicher / alter / als neuer / fremder als einheimischer curiösen Sachen / Welche Herr Johann Jacob Spener Seel. Phys. & Math. P.P. auf der Academie zu Halle mit unermüdetem Fleiß colligiret.- Leipzig, gedruckt bei Christoph Fleischer, 222 p. (p. 149) MINEROPHILO FREIBERGENSI (1743): Neues und wohleingerichtetes Mineral- und Bergwercks-Lexicon.- Chemnitz, bei Johann Christoph und Johann David Stößeln, 2. Auflage, 621 p. (p. 303) MOHS, F. (1820): Die Charaktere der Klassen, Ordnungen, Geschlechter und Arten, oder die Charakteristik des naturhistorischen Mineral-Systems.- Dresden, in der Arnoldischen Buchhandlung, 100 p. (p. 41) MOHS, F. (1824): Grund-Riß der Mineralogie, 2. Theil. Physiographie.- Dresden, in der Arnoldischen Buchhandlung, 730 p. (p. 172-174) NAUMANN, C.F. (1828): Lehrbuch der Mineralogie.- Berlin, bei August Rücker, 643 p. PRIOR, G.T. & SPENCER, L.J. (1902): The cerargyrite group (holohedral-cubic silver haloids).- Mineralogical Magazine 13, 174-185 RAU, A. (1818): Lehrbuch der Mineralogie.- Würzburg, in der Stahelischen Buchhandlung, 614 p. (p. 382) THALHEIM, K. (2012): Minerale, Gesteine und Fossilien in der Dresdner Kunstkammer. - In: SYNDRAM, D.; MINNING, M. (Hrsg.): Die kurfürstlich-sächsische Kunstkammer in Dresden. Geschichte einer Sammlung - Dresden, Sandstein, 262-281 THALHEIM, K. (2014): Geowissenschaftliche Objekte in der Dresdner Kunstkammer.- Geo.Alp 11, 259-274 WEHRLE, A. (1819): Geschichte der Salzsäure oder zusammenhängende Uebersicht aller Verbindungen derselben und der verschiedenen Ansichten über ihre Bestandtheile.- Wien, Verlag Carl Gerold, 101 p. (p. 10) WEISBACH, A. (1875): Synopsis Mineralogica. Systematische Übersicht des Mineralreiches.- Freiberg, J.G. Engelhardt'sche Buchhandlung, 78 p. (p. 37) WOULFE, P. (1777): Experiments made in ordre to ascertain the nature of same mineral substances; and, in particular, to see haw far the acids of Sea-Salt and of Vitriol contribute to mineralize metallic and other substances.- F.R.S. London. Deutsche Übersetzung: WOLFEN, P. (1778): Versuche über die innre Mischung einiger Mineralien: um zu bestimmen in wie fern durch die Kochsalz- und Vitriol-Säure metallische und andere Substanzen vererzt werden können.- Leipzig, in der Dykischen Buchhandlung, 31 p. (p. 15-22) WYCKOFF, R.W.G. (1963): Crystal Structures 1, 85-237, Interscience Publishers, New York Hellbräunliche Kristalle von Chlorargyrit. Grube St. Georg, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 7 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. |
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