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Chalcostibit


Formel: CuSbS2, orthorhombisch

Typlokalität: Grube Graf Jost Christian, Wolfsberg, Harz, Sachsen-Anhalt

Erstbeschreibung:
ZINCKEN, J.L.C. (1835): Ueber den Kupfer-Antimonglanz, eine neue Mineralgattung. Mit einem Zusatz von G. Rose.- Annalen der Physik und Chemie 111 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 35), 357-361




Zeichnung eines Chalcostibit-Kristalls, nach G. ROSE in ZINCKEN (1835).



           Die Entdeckung des Minerals

Der Bergrat Johann Ludwig Carl ZINCKEN schreibt 1835 zur Entdeckung des Minerals, das sich in der "bekannten Antimongrube bei Wolfsberg [es handelt sich um die Grube Graf Jost Christian - T.W.], welche schon durch das Vorkommen ausgezeichneten Antimonglanzes, des Bournonits, Zinkenits und Rosenits (Plagionits...)" bekannt geworden ist, "auf dem Erzbau über der ersten Strecke im Gange ein Quarztrum mit Antimonglanz" fand. In dem Trum wurde ein Nest mit dem neuen Mineral angetroffen.
"Es ist in drusigem Quarz, ähnlich wie der Antimonglanz, eingewachsen, der Quarz hat dasselbe zusammengekittet, und ist durchaus krystallinisch [...]. Das Erz erscheint in schilfförmigen, sehr flachen Säulen, welche Zusammenwachsungen sehr flacher, tafelartiger, rhombischer Säulen zu seyn scheinen, deren stumpfe Seitenkanten stark abgestumpft sind und wie Blätter sich gestalten. Diese Abstumpfungsflächen sind die am stärksten glänzenden, und ihnen parallel ist der ausgezeichnet blättrige Bruch. [...] Bruch: Nach der längeren Axe des Querdurchschnitts dieser Säulen ungemein vollkommen blättrig, die Spaltungsflächen sind stark glänzend und spiegelnd. Nach allen übrigen Richtungen ist der Bruch uneben in's Muschliche und Ebene. Glanz: ist metallisch stark glänzend. Farbe: Bleigrau in's eisenschwarze, theils wie andere Erze pfauenschweifig angelaufen, welchen von Oxydation durch Grubenwäasser herzurühren scheint. Das Pulver matt und schwarz. Härte: zwischen Kalk und Flussspath, also 3,5. Spec. Gewicht: 4,78. Es konnte das Fossil nicht ganz von dem angewachsenen Quarz geschieden werden, deshalb ist das spec. Gewicht etwas geringer als es sonst seyn müsste, jedoch kann die Differenz nicht bedeutend seyn, da nur sehr wenig Quarz anklebte. Nach vorstehendem Charakter sollte man kaum annehmen, das Erz dem Antimonglanze beizugesellen, dessen specifisches Gewicht es auch zu haben oder wenig zu übertreffen scheint [...] Aber ganz verschieden ist das Verhalten vor dem Lötrohre. Das Erz decripitirt schnell in kleine Blättchen und ist in der freien Lichtflamme leicht schmelzbar. Auf Kohle entwickelt es nur weissen Antimonrauch, womit diese beschlagen wird. Es lässt sich nicht wie der Antimonglanz fortblasen, sondern hinterlässt ein bedeutend grosses hartes Metallkorn. [...] Noch habe ich keine quantitative Kupferprobe vor dem Löthrohre machen können, ich schätze aber den Gehalt auf zwanzig und einige Procent. Ich nenne das Erz Kupfer-Antimonglanz".

In einem Zusatz zu der Arbeit von ZINCKEN beschrieb Gustav ROSE die Kristallform des neuen Minerals näher. Er konnte einige Kristalle vermessen. Nach den Winkelangaben und der Zeichnung gehören die Kristalle zum orthorhombischen System.

Eine chemische Analyse einer geringfügig mit Chalcopyrit verunreinigten Probe fertigte Heinrich ROSE (1835) an, wobei sich der von ZINCKEN abgeschätzte Kupfergehalt bestätigte. Die von ihm angegebene Formel, übertragen in die gegenwärtige Schreibweise, ist auch heute noch für das Mineral gültig.


           Die Benennung des Minerals

Die Bezeichnung Kupfer-Antimonglanz von ZINCKEN (1835) übertrug Ernst Friedrich GLOCKER in seiner in lateinisch verfassten Mineralsystematik von 1847:
      "35. Chalcostibites. *) (Kupferantimonglanz)
            Spec. 1. Chalcostibites Hercynicus.
                Harzischer Kupferantimonglanz.
                Kupferantimonglanz; Zinken.

*) Nomen compositum ex χαλκός, cuprum, et στίβι, stibium s. antimonium."

Eigene Untersuchungen führte GLOCKER an dem Material nicht durch. Der von ihm gewählte Name für die Spezies fand keine weitere Verbreitung, statt dessen wurde der von ihm aufgestellte Gattungsname auf das Mineral übertragen.
Der von James Dwight DANA (1844) sehr unglücklich gewählte Name "Antimonial Copper", obwohl die Zusammensetzung als Kupfer-Antimon-Sulfid schon bekannt war, geriet zu Recht sehr schnell wieder in Vergessenheit. Die Benennungen durch Jean Jacques Nicolas HUOT (1841) als "Rosit" nach Gustav und Heinrich ROSE sowie setzte sich ebenfalls nicht durch. Eine größere Verbreitung erfuhr dagegen die Benennung durch James NICOL (1849) als "Wolfsbergit" nach dem Fundort im Harz. Dieser Name wurde zuerst von James Dwight DANA (1850) in seinem "System of Mineralogy" aufgegriffen und durch verschiedenen Autoren über längere Zeit verwendet, z.B. in den Veröffentlichungen von LASPEYRES (1891) oder HOFMANN (1933).

Dass sich der Name Chalcostibit letztendlich durchgesetzt hat, ist wahrscheinlich wiederum auf James Dwight DANA zurückzuführen. In späteren Auflagen seines "System of Mineralogy" , z.B. 1868, verwendet er den Namen Chalcostibit und merkt an, dass dieser älter als Wolfsbergit ist.


           Die Isomorphie von Chalcostibit und Emplektit

R. SCHNEIDER stellte bereits 1853 bei der Beschreibung von Kupferwismutglanz (Emplektit), CuBiS2, fest:
"Derselbe ist die dem von H. Rose untersuchten und nach der Formel
                    Cu2S, SbS3
zusammengesetzt gefundenen Kupferantimonglanz (von Wolfsberg am Harz) entsprechende Wismuthsverbindung. Es verdient untersucht zu werden, ob er mit diesem (von G. Rose krystallographisch bestimmten) isomorph ist, was mit einiger Wahrscheinlichkeit vorhergesehen werden kann."
Auf Grund der damals noch nicht genau bekannten Atomgewichte muss das Antimon in der Formel von SCHNEIDER noch verdoppelt werden, um der heute bekannten Formel zu entsprechen.

Da keine brauchbaren Kristalle für Vermessungen zur Verfügung standen, konnte längere Zeit das Verhältnis der Achsenabschnitte beim Kupferantimonglanz (Chalcostibit) nicht bestimmt werden. Auf die Seltenheit von Kristallen dieses Minerals verweist auch Adolf KENNGOTT (1855). Im Mineralhandel befindliches, als "Wolfsbergit" (= Chalcostibit) bezeichnetes Material erwies sich als Plagionit.

Erst die Entdeckung einer Stufe mit guten, flächenreichen Kristallen in der Sammlung des mineralogischen Museums der Universität Bonn durch Hugo LASPEYRES (1891) erlaubte eine Vermessung, auch wenn sich diese durch Flächenstreifungen zum Teil recht kompliziert gestaltete. Aus den Winkeln zwischen den Flächen berechnete LASPEYRES ein Verhältnis der Achsenabschnitte von a : b : c = 0,52830 : 1 : 0,62339. Ein sehr ähnliches Verhältnis fand er für den Emplektit.

Durch röntgenografische Untersuchungen an "Wolfsbergit" (= Chalcostibit) von Guadiz, Spanien, Rar eb Anz, Marokko sowie von Wolfsberg im Harz und von Emplektit von der Grube Himmelfahrt in Freiberg sowie von Schwarzenberg (gemeint ist sicher die Grube Tanenbaum, Antonsthal) konnte Wilhelm HOFMANN (1933) die Isomorphie beider Minerale bestätigen. Bei der Probe von Wolfsberg handelte es sich um das Originalmaterial von LASPEYRES (1891). Nach Weissenberg- und Schwenkaufnahmen konnten für diese Probe die Gitterparameter a = 6,00, b = 3,78 und c = 14,45 Å ermittelt werden. Damit ergibt sich ein Achsenabschnittsbverhältnis von a : b : c = 1,588 : 1 : 3,820. Im Vergleich zu den Werten von LASPEYRES (1891) liegt hier bei a das Dreifache und c das Sechsfache vor. Die Aufstellung muss nicht geändert werden. Aus den gefundenen Gitterparametern für Chalcostibit berechnet HOFMANN eine theoretische Dichte von 5,01 g/cm3. Pro Zelle sind 4 Formeleinheiten vorhanden. Als Raumgruppe wurde für Chalcostibit und Emplektit Pnma (in heute üblicher Schreibweise) gefunden. In der Struktur beider Minerale ist Cu durch S tetraedrisch koordiniert mit einem mittleren Abstand Cu - S von 2,30 Å. Auch eine beobachtete Verzwillingung an Chalcostibit nach (104) konnte HOFMANN durch die von ihm gefundenen Atompositionen erklären.

M.F. RAZMARA et al. (1997) stellten durch Syntheseversuche fest, dass Chalcostibit und Emplektit eine komplette Mischkristallreihe bilden und untersuchten die Abhängigkeit der Gitterparameter von der Zusammensetzung. Bei den Analysen zeigte sich, dass bei intermediären Zusammensetzungen die tetraedrische Umgebung von Cu durch S etwas ungeordneter ist als bei den Endgliedern.

Eine Strukturverfeinerung an Chalcostibit führten Atsushi KYONO & Mitsuyoshi KIMATA (2005) durch. Die orthorhombische Raumgruppe Pnma wurde nochmals bestätigt, auch die gefundenen Gitterparameter a = 6,018, b = 3,7958 und c = 14,495 Å sind ähnlich den bisher bekannten. Präzisiert werden konnten Atomabstände und Winkel.



Chemische Analyse von Chalcostibit

    Kupferantimonglanz    
  von Wolfsberg
  (ROSE, 1835)
  Chalcostibit,
  theoretische
  Zusammensetzung    
  Kupfer   24.46   25.48
  Eisen     1.39  
  Antimon   46.81   48.81
  Blei     0.56  
  Schwefel   26.34   25.71
  Summe       99.56 100.00






Chalcostibit-Kristalle von Wolfsberg, nach LASPEYRES (1891).




Literatur:
DANA, J.D. (1844): A System of mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, Wiley & Putnam, 2nd edition, 633 p. (p. 487)

DANA, J.D. (1850): A System of Mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, published by George P. Putnam, 3rd edition, 711 p. (p. 515)

DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 85-86)

GLOCKER, E.F. (1847): Generum et Specierum Mineralium Secundum Ordines Naturales digestorum Synopsis, Halle, bei Eduard Anton, 347 p. (p. 32)

HOFMANN, W. (1933): Strukturelle und morphologische Zusammenhänge bei Erzen vom Formeltyp ABC2. I. Die Struktur von Wolfsbergit CuSbS2 und Emplektit CuBiS2 und deren Beziehungen zu der Struktur von Antimonit Sb2S3.- Zeitschrift für Kristallographie 84, 177-203

HUOT, J.J.N. (1841): Nouveau Manuel complet de Minéralogie, ou tableau de toutes les substances minérales.- Paris, Roret, Vol. I, 386 p. (p. 197)

KENNGOTT, A. (1855): Mineralogische Notizen, betreffend den Hausmannit, Plagionit, Vesuvian, Beudantit, Aluminit und Paraluminit und die neue Species Acanthit in dem Geschlechte der Silber-Glanze.- Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien mathematisch-naturwissenschaftliche Classe 15, 234-255

KYONO, A. & KIMATA, M. (2005): Crystal structures of chalcostibite (CuSbS2) and emplectite (CuBiS2): Structural relationship of stereochemical activity between chalcostibite and emplactite.- American Mineralogist 90, 162-165

LASPEYRES, H. (1891): Mittheilungen aus dem mineralogischen Museum der Universität Bonn. 23. Krystallisirter Kupferantimonglanz (Wolfsbergit) von Wolfsberg im Harze.- Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie 19, 428-436

NICOL, J. (1849): Manual of Mineralogy: Or, The Natural History of the Mineral Kingdom.- Edinburgh, Adam and Charles Black, North Bridge, Longman, Brown, Green, and Longmans, London, 576 p. (p. 484)

RAZMARA, M.F.; HENDERSON, C.M.B.; PATTRICK, R.A.D.; BELL, A.M.T. & CHARNOCK, J.M. (1997): The crystal chemistry of the solid solution series between chalcostibite (CuSbS2) and emplectite (CuBiS2).- Mineralogical Magazine 61, 79-88

ROSE, H. (1835): Ueber die chemische Zusammensetzung des Kupferantimonglanzes.- Annalen der Physik und Chemie 111 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 35), 361-362

SCHNEIDER, R. (1853): Untersuchungen über das Wismuth. Zweite Abhandlung. Über den Kupferwismuthglanz, eine neue Mineralspecies.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 166 (Neue Folge 90. Band, bzw. 3. Folge 30. Band), 166-173

ZINCKEN, J.L.C. (1835): Ueber den Kupfer-Antimonglanz, eine neue Mineralgattung. Mit einem Zusatz von G. Rose.- Annalen der Physik und Chemie 111 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 35), 357-361




© Thomas Witzke / Stollentroll

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