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Carnallit
Formel: KMgCl3 · 6 H2O
Typlokalität: Staßfurt, Sachsen-Anhalt
Erstbeschreibung:
ROSE (1856): Ueber den Carnallit, eine neue Mineralspecies.- Zeitschrift der Deutschen
Geologischen Gesellschaft 8, 117-118
Ein neues Kalium-Magnesium-Chlorid
1856 berichtet der Berliner Chemiker und Mineraloge Heinrich ROSE über ein neues
Salzmineral aus Stassfurt:
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"Bei der Abteufung des bekanntes Schachtes zur Gewinnung des Steinsalzes in Stassfurt fanden sich in
den oberen Teufen des Lagers mehrere Salze, die offenbar wegen ihrer leichteren Löslichkeit sich aus
der concentrirten Mutterlauge durch eine äusserst langsame Krystallisation später als obere Lagen
des Steinsalzes abgeschieden haben, zu welchem man bis jetzt noch nicht gedrungen ist. Ich erhielt
durch Herrn TUCHEN in Stassfurt eine Reihe von diesen Salzen, unter denen besonders
ein durch sehr geringe Mengen von Eisenoxyd rothgefärbtes Salz meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Dasselbe bildet grosskörnige Massen,die im Bruche muschlig und starkglänzend von Fettglanz sind,
aber durch leichte Anziehung von Feuchtigkeit eine Oberfläche erhalten, die matt, aber doch in
gewissen Richtungen schimmernd ist, als ob sie Spaltungsflächen enthielten, wovon aber in dem frischen
Bruche nichts zu sehen ist; indessen zeigen sich in demselben häufig gerade parallele Linien, die
sich von Zeit zu Zeit wiederholen und auf Zwillingsverwachsung schliessen lassen. Das Salz löst
sich leicht in Wasser mit Hinterlassung von einer sehr geringen Menge glimmerartiger rother
Blättchen von Eisenoxyd, die sich durch Filtriren trennen lassen. Die filtrirte Lösung enthält
Chlorkalium und Chlormagnesium, sowie auch etwas Chlornatrium. Letzteres ist aber dem Doppelsalze
von Chlorkalium und Chlormagnesium nur eingemengt; denn lässt man ein ein Stück von diesem Salze
längere Zeit an der Luft liegen, so dass es bedeutend feucht wird, so kann man dann sehr gut mehrere
Linien grosse Stücke von Chlornatrium darin entdecken. [...] Ausser Chlor kann im Salze eine sehr
geringe Spur von Brom und eine noch weit unbedeutendere von Fluor nachgewiesen werden. [...]
Das Chlorkalium ist mit dem Chlormagnesium gerade in dem Verhältnisse verbunden, dass 1 Atom des
ersteren Salzes mit 2 Atomen des letzteren Salzes in der Doppelverbindung vereinigt ist. Dann
beträgt die Menge des Krystallwassers gerade 12 Atome. Das Salz ist also wesentlich
KCl + 2 MgCl + 12 HO.
Es ist dies also dasselbe Doppelsalz, welches LIEBIG aus der Mutterlauge der Soole
von Salzhausen in der Winterkälte, und MARCET durch behutsames Abdampfen der letzten
Mutterlauge des Meerwassers erhalten hat.
Da das Doppelsalz in sehr grosser Menge in Stassfurt vorzukommen scheint, so verdient es als
Mineralspecies einen besonderen Namen. Ich schlage den Namen Carnallit vor nach Herrn v. CARNALL,
dem Vorsitzenden unserer Gesellschaft, dem dieselbe so viel verdankt."
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Die Querstriche beim Cl und H in der Formel von ROSE bedeuten eine Verdoppelung des
jeweiligen Elements. Auf Grund der damals noch nicht genau bekannten Atomgewichte weicht die Formel
von der heute üblichen etwas ab. Die von Herrn OESTEN, einem Gehilfen von Heinrich
ROSE, durchgeführte Analyse entspricht dagegen nach Abzug der Verunreinigungen recht
gut der theoretischen Zusammensetzung von Carnallit (siehe Tabelle).
Das Mineral wurde nach dem dem damaligen Vorsitzenden der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Berghauptmann
Rudolph von CARNALL (1804-1874) benannt.
Weitere Untersuchungen an Carnallit
Wenige Jahre nach der nach der Entdeckung des Minerals stellte Otto Linné ERDMANN (1862)
spektralanalytisch fest, dass der Carnallit von Stassfurt auch etwas Rubidium und Cäsium enthält. Er macht
jedoch keine quantitativen Angaben zu den Gehalten der beiden Elemente.
Kristallografische Untersuchungen
Noch vor der Beschreibung des Carnallits untersuchte Carl Friedrich RAMMELSBERG (1855)
Kristalle von synthetischem Material. Er führt es unter der Formel "(KCl + 2MgCl) + 12 aq." und geht von
hexagonaler Symmetrie aus mit einem Achsenabschnittsverhältnis von a : c = 1 : 1,1704.
Einige Zeit waren aus natürlichen Vorkommen lediglich derbe Massen von Carnallit bekannt. Friedrich
HESSENBERG berichtet 1866, dass in jüngster Zeit in Stassfurth sehr schön ausgebildete
Kristalle bis zu Taubeneigröße gefunden wurden:
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"Über ihre Entstehung bemerkt Herr Bergrath Bischoff zu Stassfurth brieflich an Herrn Dr. Kerner, dass
dieselben secundär sich aus den abtröpfelnden Laugen der unteren Kalisalzbaue absetzen. [...]
Diese Krystalle sind durchsichtig, nur wenig röthlich gefärbt durch den, dem Carnallit häufig mechanisch
eingemengten, äusserst fein krystallisirten Eisenglimmer, und haben scharfe Kanten und ebene gut spiegelnde
Flächen, welche sich in gut verschlossenem Glase sehr gut erhalten."
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Nach der Vermessung zahlreicher Flächen kommt HESSENBERG zu dem Ergebnis, dass Carnallit
orthorhombisch kristallisiert und das Achsenabschnittsverhältnis a : b : c = 0.59356 :
1 : 0.694003 aufweist. Ein von HESSENBERG angefertigtes Gipsmodell eines derartigen Kristalls
befindet sich in der Sammlung des Institutes für Geologische Wissenschaften und Geiseltalmuseum Halle.
Chemische Analyse von Carnallit (in Masse-%)
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Komponenten nach ROSE (1856) |
Carnallit, von Stassfurt, ROSE (1856) |
Carnallit, theoretische Zusammensetzung |
MgCl2 |
Chlormagnesium |
31.46 |
34.27 |
KCl |
Chlorkalium |
24.27 |
26.84 |
NaCl |
Chlornatrium |
5.10 |
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CaCl2 |
Chlorcalcium |
2.62 |
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K2SO4 |
Schwefelsaure Kalkerde |
0.84 |
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Fe2O3 |
Eisenoxyd (eingemengt) |
0.14 |
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H2O |
Wasser (als Verlust) |
35.57 |
38.89 |
Summe |
Summe |
100.00 |
100.00 |
Literatur:
ERDMANN, O.L. (1862): Vorkommen von Rubidium und Cäsium im Carnallit.- Journal für praktische
Chemie 86, 377
HESSENBERG, F. (1866): Mineralogische Notizen. Carnallit von Stassfurth.- Abhandlungen,
herausgegeben von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 6, 12-15
RAMMELSBERG, C.F. (1855): Handbuch derKristallographischen Chemie.- Berlin, Verlag von P.
Jeanrenaud, 410 p. (p. 204-205)
ROSE, H. (1856): Ueber den Carnallit, eine neue Mineralspecies.- Zeitschrift der Deutschen
Geologischen Gesellschaft 8, 117-118
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