|
|
|
|
|
|||||||||
|
|
|
Bismutit Formel: Bi2(CO3)O2, tetragonal Typlokalität: Grube Arme Hilfe, Ullersreuth, Thüringen; Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen; Neue Hoffnung-Stolln, Aue, Erzgebirge, Sachsen; Bergmännischer Preussen Hoffnung-Stolln, Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen Erstbeschreibung: BREITHAUPT, A. (1841): Ueber das natürliche kohlensaure Wismutoxyd.- Annalen der Physik und Chemie 129 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 53; 2. Reihe Band 23), 627-630 |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Gelber Bismutit pseudomorph nach Bismuthinit, olivgrüner Bismutoferrit, hellgrüner Malachit und etwas blauer Mrazekit. Grube Arme Hilfe, Ullersreuth, Thüringen. Größe der Stufe 8 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Bismutit und Wismutocker Bei allen frühen Beschreibungen sekundärer Bismutminerale lässt sich nicht eindeutig sagen, um was es sich nach heutigem Verständnis handelt: Bismutit, Beyerit, Kettnerit oder Bismit. Bismutit ist das mit Abstand häufigste dieser Minerale, man kann deshalb annehmen, dass den Autoren in den meisten Fällen dieses Mineral auch vorgelegen hat. Eindeutig unzutreffend ist die weit verbreitete Gleichsetzung von "Wismutocker" (oder ähnlichen Namen) mit "Bismit". Diese Gleichsetzung ist offenbar darauf zurückzuführen, dass früher, speziell in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, das Material als Bismutoxid betrachtet und das in diversen Analysen gefundene Carbonat als Verunreinigung angesehen wurde. Hinzu kommt, dass in vielen Fällen tatsächlich Gemenge mit anderen Mineralen vorgelegen haben dürften. Die ersten Erwähnungen Die ersten Angaben zu einem sekundären Wismutmineral finden sich als "Wismutblume" oder "Wismutblüte" schon im 16. Jahrhundert. Johannes KENTMANN (1565) schreibt in dem von ihm veröffentlichten Katalog seiner Sammlung der im Fürstentum Meißen vorkommenden Minerale (und einiger Exemplare aus anderen Regionen) unter dem "Plumbum cinerum", also dem Bismut und seinen Mineralen:
Auch der in Joachimsthal (Jáchymov) tätige Prediger und Bergbaukundige Johann MATHESIUS erwähnt bereits 1562 neben gediegen Wismut eine "Wismat plühet", die Wismutblüte. Der sächsische Chronist und Naturforscher Petrus ALBINUS gibt 1590 in seiner berühmten "Meißnischen Bergk Chronica" in dem Abschnitt über das Wismut an, dass man das Metall erstmals in Schneeberg gefunden hat, und schreibt weiter:
Der Wismutocker Während KENTMANN (1565) die Wismutblume noch als weiß beschreibt, scheint man später unter Wismutblume oder Wismutblüte alle Bi-haltigen sekundären Bildungen, einschließlich As- und Co-haltiger Gemenge, verstanden zu haben. So schreibt MINEROPHILUS FREIBERGENSIS (ein Pseudonym des Freiberger Lexikographen Johann Caspar ZEISIG) 1743 zur Wismutblüte:
Ab etwa Mitte des 18. Jahrhunderts wird in der Literatur die Beschreibung wieder deutlicher. Der Begriff Wismutocker verdrängt langsam die alten Bezeichnungen Wismutblüte und Wismutblume, die weißliche bis gelbe Farbe wird genannt und man erlangt ein besseres Verständnis über die Zusammensetzung. Der schwedische Chemiker Axel Frederic VON CRONSTEDT schreibt 1758:
1778 beschreibt Johan Gottschalk WALLERIUS den Wismutocker:
Abraham Gottlob WERNER & Christian August Siegfried HOFFMANN (1789) listen in ihrem Mineralsystem einen "Wismuthokker" auf, ohne allerdings eine Beschreibung zu geben oder einen Fundort zu nennen. Bei Ludwig August EMMERLING (1796) finden sich als Synonyme für "Wismuthokker" noch die Bezeichnungen "verwitterter Wismuth, vererdeter Wismuth, Wismuthmulm, Wismuthkalk, Wismuthblüthe". Weiter schreibt er: "ein sehr seltenes Fossil", "noch am häufigsten auf der Weihnachtsbescheerung bei Schneeberg". Carbonat im Wismutocker Die vermutlich erste komplette chemische Analyse vom "Wismutocker" stammt von Wilhelm August LAMPADIUS (1801). Er untersuchte Material von Schneeberg und fand einige Prozent "Kohlensäure" (= CO2). Nach der Analyse hat ihm ein etwas mit Eisenoxid verunreinigter Bismutit vorgelegen, da er kein Calcium und kein Blei in dem Material fand. Abraham Gottlob WERNER (1817) listet in seinem Mineralsystem den "Arsenik-Wismuth" auf, zu dem August BREITHAUPT anmerkt, dass dazu in der Sammlung in Freiberg ein Exemplar mit einem vom Schneeberger Bergmeister Adoph BEYER geschriebenen Etikett vorhanden ist, auf dem er es als "kohlengesäuerten Wismuthoker oder luftsaures Wismutherz" bezeichnet. Vermutlich ist BEYER damit der Erste, der die Existenz von einem Bismutcarbonat als Mineral erkennt. Die Zusammensetzung von Wismutocker Carl Caesar VON LEONHARD gibt 1826 in seinem Handbuch der Oryktognosie folgende Charakterisierung:
Nach einer Neubestimmung des Atomgewichtes von Wismut führt Carl Friedrich RAMMELSBERG 1843 als Formel für den Wismuthocker an, übertragen also Bi2O3. Wilhelm Karl HAIDINGER (1845) gibt dem "Wismutocher" von Schneeberg und anderen Orten die Formel "BiO". Henry James BROOKE & William Hallowes MILLER (1852) zitieren beim Wismutocker die oben erwähnte Analyse von LAMPADIUS und geben als Formel , also BiO3 an. Der Carbonatgehalt wird auch hier nur als Verunreinigung betrachtet. James Dwight DANA gibt 1868 dem angeblichen Wismutoxid "Bismuth ochre, Wismuthocker" den Namen Bismit. Die Formel lautet auch bei ihm noch "BiO3". Unzutreffenderweise gelten nun seit DANAs Benennung Wismutocker bzw. ähnliche Bezeichnungen als Synonym für Bismit. Hinsichtlich der unterschiedlichen Formeln muss man beachten, dass zu dieser Zeit noch keine einheitliche Ansicht über die Atomgewichte und damit indirekt auch über die Wertigkeiten herrschte. Bismutit August BREITHAUPT (1841) gibt an, dass vorher schon mehrfach ein kohlensaures Wismutoxid gefunden worden sein soll, die Charakterisierung jedoch nicht eindeutig gewesen ist oder Gemenge vorgelegen haben.
Erst mehr als 40 Jahre später wird eine quantitative chemische Analyse von Bismutit veröffentlicht. Albin WEISBACH (1880) schreibt dazu:
In der Folgezeit wurden für Bismutit von verschiedenen Autoren mehrere unterschiedliche Formeln angegeben (nach LINCK, 1930). Allen gemeinsam ist, dass sie einen Kristallwassergehalt aufweisen. Die meisten Formeln lassen sich aber trotz z.T. komplizierter Schreibweisen als Summenformel Bi2CO5 · H2O darstellen. LINCK selber gibt die sehr seltsame und stöchiometrisch nicht ausgeglichene Formel {Bi2O3(CO2 + OH) + m Bi2O3(CO2 + OH)} an. Kugeliger Bismutit. Grube Weißer Hirsch, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Arsenik-Wismuth, Bismutosphärit In WERNERs Mineral-System (1817) wird unter dem "Wismuth-Geschlecht" eine Spezies "Arsenik-Wismuth" aufgeführt, die BREITHAUPT wie folgt charakterisiert:
Das Fehlen einer chemischen Analyse führte dazu, dass der Arsenik-Wismuth bestenfalls noch gelegentlich als ein unzureichend bekanntes Mineral erwähnt wurde. Erst Albin WEISBACH untersuchte 1877 das Material erneut und beschrieb es als ein neues Mineral:
Neue Formel für Bismutit 1943 untersuchte Clifford FRONDEL zahlreiche Proben von Wismutocker, Bismutit, Bismutosphärit und weiteren angeblich eigenständigen Wismutcarbonaten. Dabei zeigte sich, dass es sich bis auf wenige Ausnahmen um Bismutit handelt. Die thermoanalytischen Untersuchungen ergaben, dass Bismutit die Zusammensetzung Bi2CO5 aufweist. Die in den früheren Analysen gefundenen Wassergehalte sind nicht essentiell für das Mineral, sondern das Wasser ist nur adsorptiv an dem oft sehr feinkörnigen, mikrokristallinem Material gebunden. Nach röntgenografischen Untersuchungen ist Bismutosphärit (und Basobismutit) identisch mit Bismutit. Der Name Bismutit hat Priorität, auch wenn die korrekte Formel zuerst für Bismutosphärit angegeben wurde. Eine Strukturanalyse an Bismutit wurde von Joel GRICE (2002) durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass das Mineral orthorhombisch kristallisiert, Raumgruppe Imm2, a = 3,865, b = 3,862, c = 13,675 Å, Z = 2. Mit der früher angenommenen tetragonalen Symmetrie ließ sich die Struktur nicht lösen. Es ist jedoch eine ausgeprägte pseudotetragonale Zelle vorhanden. Chemische Analyse von Bismutit (in Masse-%)
Literatur: ALBINUS, P. (1590): Meißnische Bergk Chronica: Darinnen fürnemlich von den Bergkwercken des Landes zu Meissen gehandelt wird / wie dieselben nach einander aufkomen. Mit welcher vrsach vnd gelegenheit auch anderer benachbarten / vnd zum teil abgelegenen Bergkwercken / fast in gantz Europa, etwas gedacht wird / damit man sehe / wie die Bergkwerge nach einander belegt worden. Vnd entlich von allen Metallen vnd Metallarien / Das ist: Den jenigen Erdgewechsen / so man zu den Metallis zu rechnen pfleget / welche im Land zu Meyssen gefunden werden.- Dreszden, 204 p. + Register (p. 41 und 132-133) BREITHAUPT, A. (1841): Ueber das natürliche kohlensaure Wismutoxyd.- Annalen der Physik und Chemie 129 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 53; 2. Reihe Band 23), 627-630 BROOKE, H.J. & MILLER, W.H. (1852): An Elementary Introduction to Mineralogy.- London, Gilbert & Rivington, 700 p. (p. 222-223) BRÜNNICH, M.Th. (1770): Cronstedts Versuch einer Mineralogie. Vermehret durch Brünnich.- Copenhagen und Leipzig, C.G. Proft und Rothens Erben, 296 p. (p. 233) CRONSTEDT, A.F. VON [das Buch ist anonym erschienen] (1758): Försök til Mineralogie, eller Mineral-Rikets Upställning.- Stockholm, Wildiska Tryckeriet, 251 p. (192-193) DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 185) EMMERLING, L.A. (1796): Lehrbuch der Mineralogie. Zweiter Theil.- Giessen, bei Georg Friedrich Heyer, 592 p. (p. 440-442) FRONDEL, C. (1943): Mineralogy of the oxides and carbonates of bismuth.- American Mineralogist 28, 521-535 GRICE, J.D. (2002): A solution to the crystal structures of bismutite and beyerite.- Canadian Mineralogist 40, 693-698 HAIDINGER, W. (1845): Handbuch der bestimmenden Mineralogie, enthaltend die Terminologie, Systematik, Nomenklatur und Charakteristik der Naturgeschichte des Mineralreiches.- Wien, Braumüller & Seidel, 630 p. (p. 579) KENTMANN, J. (1565): Nomenclaturae Rerum fossilium, que in Misnia praecipue, & in alijs quoque regionibus inueninuntur.- Tiguri (Zürich), 95 a + b p. (p. 87 b). In: GESNER, C. (1565): De omni rerum fossilium genere, jagemmis, lapidibus metallis, et huiusmodi, libri aliquot, plerique nunc primum editi.- Tiguri LAMPADIUS, W.A. (1801): Handbuch zur chemischen Analyse der Mineralkörper.- Freyberg, Im Verlage der Crazischen Buchhandlung, 362 p. (p. 286) LEONHARD, C.C. von (1826): Handbuch der Oryktognosie.- Heidelberg, bei J.C.B. Mohr, 2. Auflage, 852 p. (p. 561) LINCK, G. (Hrsg.) (1930): Handbuch der Mineralogie von Dr. Carl Hintze. Erster Band, 3. Abteilung, Erste Hälfte.- Berlin und Leipzig, Walter de Gruyter & Co., p. 3404-3407 MATHESIUS, J. (1562): Sarepta oder Bergpostill sampt der Joachimßthalischen kurtzen Chroniken.- Gedruckt zu Nürnberg, durch Johann vom Berg und Ulrich Newber, CCCXVIII a + b p. + Anhänge (p. CXLI b) MINEROPHILUS FREIBERGENSIS (1743): Neues und wohleingerichtetes Mineral- und Bergwercks-Lexicon.- Chemnitz, bei Johann Christoph und Johann David Stößeln, 2. Auflage, 621 p. (p. 602) RAMMELSBERG, C.F. (1843): Repertorium des chemischen Theils der Mineralogie. Erstes Supplement zu dem Handwörterbuch des Chemischen Theils der Mineralogie.- Berlin, Verlag von C.G. Lüderitz, 160 p. (p. 154) WALLERIUS, J.G. (1747): Mineralogia, eller Mineralriket, indelt och beskrifvit af Johan Gotschalck Wallerius.- Stockholm, bei Lars Salvii, 479 p. WALLERIUS, J.G. (1778): Systema mineralogicum, quo corpora mineralia in classes, ordines, genera et species suis cum varietatibus divisa, describuntur, atqve observationibus, experimentis et figures ænis illustratur. Tom. II, Editio nova & correcta.- Viennæ, ex Officina Krausiana, 640 p. + Register (p. 209) WEISBACH, A. (1877): Mineralogische Mittheilungen. I. Walpurgin, II. Zeunerit und Uranospinit, III. Uranocircit, IV. Bismutosphärit, V. Roselith, VI. Kobaltspath.- Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Abhandlungen, p. 42-53 WEISBACH, A. (1880): Mineralogische Notitzen I. 1. Hypargyrit. 2. Lepidophäit. 3. Konarit. 4. Uranotil. 5. Bismutit. 6. Pucherit. 7. Kakochlor (Lithiophorit). 8. Leucit.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1880, Bd. II, 109-114 WERNER, A.G. [herausgegeben und ergänzt von A. BREITHAUPT] (1817): Abraham Gottlob Werner's letztes Mineral-System. Aus dessen Nachlasse auf oberbergamtliche Anordnung herausgegeben und mit Erläuterungen versehen.- Freyberg und Wien, bey Craz und Gerlach und bey Carl Gerold, 58 p. (p. 23 und 56-57) WERNER, A.G. & HOFFMANN, C.A.S. (1789): Mineralsystem des Herrn Inspektor Werners mit dessen Erlaubnis herausgegeben von C.A.S. Hoffmann.- Bergmännisches Journal 2, Band 1, 369-398 |
|
|
|
|
|
|||||||||
|
|
|