HOME
TYPLOKALITÄTEN
FUNDORTE
NAMEN
ENTDECKER
SACHSEN
THÜRINGEN
SACHSEN-ANHALT


Bismutit


Formel: Bi2(CO3)O2, tetragonal

Typlokalität: Grube Arme Hilfe, Ullersreuth, Thüringen; Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen; Neue Hoffnung-Stolln, Aue, Erzgebirge, Sachsen; Bergmännischer Preussen Hoffnung-Stolln, Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen

Erstbeschreibung:
BREITHAUPT, A. (1841): Ueber das natürliche kohlensaure Wismutoxyd.- Annalen der Physik und Chemie 129 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 53; 2. Reihe Band 23), 627-630




Gelber Bismutit pseudomorph nach Bismuthinit, olivgrüner Bismutoferrit, hellgrüner Malachit und etwas blauer Mrazekit. Grube Arme Hilfe, Ullersreuth, Thüringen. Größe der Stufe 8 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Bismutit und Wismutocker

Bei allen frühen Beschreibungen sekundärer Bismutminerale lässt sich nicht eindeutig sagen, um was es sich nach heutigem Verständnis handelt: Bismutit, Beyerit, Kettnerit oder Bismit. Bismutit ist das mit Abstand häufigste dieser Minerale, man kann deshalb annehmen, dass den Autoren in den meisten Fällen dieses Mineral auch vorgelegen hat. Eindeutig unzutreffend ist die weit verbreitete Gleichsetzung von "Wismutocker" (oder ähnlichen Namen) mit "Bismit". Diese Gleichsetzung ist offenbar darauf zurückzuführen, dass früher, speziell in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, das Material als Bismutoxid betrachtet und das in diversen Analysen gefundene Carbonat als Verunreinigung angesehen wurde. Hinzu kommt, dass in vielen Fällen tatsächlich Gemenge mit anderen Mineralen vorgelegen haben dürften.


           Die ersten Erwähnungen

Die ersten Angaben zu einem sekundären Wismutmineral finden sich als "Wismutblume" oder "Wismutblüte" schon im 16. Jahrhundert. Johannes KENTMANN (1565) schreibt in dem von ihm veröffentlichten Katalog seiner Sammlung der im Fürstentum Meißen vorkommenden Minerale (und einiger Exemplare aus anderen Regionen) unter dem "Plumbum cinerum", also dem Bismut und seinen Mineralen:
"Plumbum cinerum.
1. Hoc bisemutum nostri metallici vocant [...]. Wißmut (Wißmat).
2. Flos plumbi cinerei candidus. Ein weisse wißmut blume."

Auch der in Joachimsthal (Jáchymov) tätige Prediger und Bergbaukundige Johann MATHESIUS erwähnt bereits 1562 neben gediegen Wismut eine "Wismat plühet", die Wismutblüte.
Der sächsische Chronist und Naturforscher Petrus ALBINUS gibt 1590 in seiner berühmten "Meißnischen Bergk Chronica" in dem Abschnitt über das Wismut an, dass man das Metall erstmals in Schneeberg gefunden hat, und schreibt weiter:
"Erstlich hat man nur die Wismuth blüet gekennet / darnach auch das Metall lernen schmeltzen".


         Der Wismutocker

Während KENTMANN (1565) die Wismutblume noch als weiß beschreibt, scheint man später unter Wismutblume oder Wismutblüte alle Bi-haltigen sekundären Bildungen, einschließlich As- und Co-haltiger Gemenge, verstanden zu haben.
So schreibt MINEROPHILUS FREIBERGENSIS (ein Pseudonym des Freiberger Lexikographen Johann Caspar ZEISIG) 1743 zur Wismutblüte:
"ein Pfirschblüth-farbiger Ausschlag, welcher aus dem Wismuth-Erz wittert."
Bei Johann Gottschalk WALLERIUS (1747) findet sich zur Wismutblüte die Angabe:
"Wisemuthum arsenico et sulphure ac cobalto mineralisatum, colore flauescente variegato, efflorescens. Minera Wismuthi versicolor. Flos Wismuthi."

Ab etwa Mitte des 18. Jahrhunderts wird in der Literatur die Beschreibung wieder deutlicher. Der Begriff Wismutocker verdrängt langsam die alten Bezeichnungen Wismutblüte und Wismutblume, die weißliche bis gelbe Farbe wird genannt und man erlangt ein besseres Verständnis über die Zusammensetzung.
Der schwedische Chemiker Axel Frederic VON CRONSTEDT schreibt 1758:
"I Kalkform. Vismutum calciforme. 1. Pulverulens eller mör. Ochra vismuti. Ar Hwitgul til färgen. "
bzw. in der Übersetzung von Morten Thrane BRÜNNICH von 1770:
"In der Form eines Kalkes. Vismutum calciforme.
1. Staubartig und mürbe. Ochra vismuthi. Hat eine weislichgelbe Farbe."
Unter dem Begriff "Kalk" hat man damals in der Chemie das verstanden, was heute als Oxid bezeichnet wird. Sauerstoff und das Konzept der Oxidation waren zu der Zeit jedoch noch unbekannt. Mit der Ansicht eines "Kalkes" ist man der Zusammensetzung jedoch schon recht nahe gekommen.

1778 beschreibt Johan Gottschalk WALLERIUS den Wismutocker:
"Wismuthum, terrestre, pulverulentum, flavescens. Ochra wismuti. [...] Germ. WISMUTHERDE. WISMUTKALK. Est terra a mineris wismuthi destructis proveniens, in confiniis aeris, coloris flavescente."

Abraham Gottlob WERNER & Christian August Siegfried HOFFMANN (1789) listen in ihrem Mineralsystem einen "Wismuthokker" auf, ohne allerdings eine Beschreibung zu geben oder einen Fundort zu nennen. Bei Ludwig August EMMERLING (1796) finden sich als Synonyme für "Wismuthokker" noch die Bezeichnungen "verwitterter Wismuth, vererdeter Wismuth, Wismuthmulm, Wismuthkalk, Wismuthblüthe". Weiter schreibt er: "ein sehr seltenes Fossil", "noch am häufigsten auf der Weihnachtsbescheerung bei Schneeberg".


           Carbonat im Wismutocker

Die vermutlich erste komplette chemische Analyse vom "Wismutocker" stammt von Wilhelm August LAMPADIUS (1801). Er untersuchte Material von Schneeberg und fand einige Prozent "Kohlensäure" (= CO2).
Nach der Analyse hat ihm ein etwas mit Eisenoxid verunreinigter Bismutit vorgelegen, da er kein Calcium und kein Blei in dem Material fand. Abraham Gottlob WERNER (1817) listet in seinem Mineralsystem den "Arsenik-Wismuth" auf, zu dem August BREITHAUPT anmerkt, dass dazu in der Sammlung in Freiberg ein Exemplar mit einem vom Schneeberger Bergmeister Adoph BEYER geschriebenen Etikett vorhanden ist, auf dem er es als "kohlengesäuerten Wismuthoker oder luftsaures Wismutherz" bezeichnet. Vermutlich ist BEYER damit der Erste, der die Existenz von einem Bismutcarbonat als Mineral erkennt.


           Die Zusammensetzung von Wismutocker

Carl Caesar VON LEONHARD gibt 1826 in seinem Handbuch der Oryktognosie folgende Charakterisierung:
"184. Wismuthocker.
Syn. Wismuthblüthe, Wismuthoxyd, Bismuth oxydé, Ocre ou Oxyde de Bismuth, Fleur de Bismuth, Mine de Bismuth Calciforme, Bismuth-Ochre, Oxide of Bismuth. [...]
Zerreiblich; Strichpulver gelblichweiss.- Spec. S. = 4,36.- V.d.L. auf Kohle leicht reduzirbar; mit Borax in der innern Flamme, zu trübem grauem Glase.- Lösbar in Salpetersäure. [...]
Nach BERZELIUS,
Strohgelb.
Einzige Art.
Derbe Massen, zum Theil mit Eindrücken, häufiger als Ueberzug, angeflogen und eingesprengt. Br. erdig, ins Unebene und Muschelige. Matt bis wenig und wachsartig glänzend. Stroh-, seltner pomeranzen- oder wachsgelb, ins Grüne (theils durch beigemengten Nickelocker) und ins Braune.
Verhältnisse des Vorkommens wie beim Gediegen-Wismuth, begleitet von diesem, dann von Kobalterzen, Arseniknickel, Fahlerz, Kupferglanz, Kupferlasur, Eisenspath, Eisenkies, Kalk- und Flussspath, Quarz, Hornstein, Kalkspath u.s.w.: Böhmen (Joachimsthal), Erzgebirge Sachsens (Joh.georgenstadt, Schneeberg, Sosa, an der Spitzleithe), Cornwall (St. Agnes), Siberien (mit Nadelerz).
Die Entstehung des Wismuthockers aus Gediegen-Wismuth ausser zweifel; das Fortschreitende der Umwandlung zuweilen fast ersichtlich."
Die Punkte über dem Bi symbolisieren Sauerstoff, die Formel nach BERZELIUS lautet also BiO2.

Nach einer Neubestimmung des Atomgewichtes von Wismut führt Carl Friedrich RAMMELSBERG 1843 als Formel für den Wismuthocker an, übertragen also Bi2O3. Wilhelm Karl HAIDINGER (1845) gibt dem "Wismutocher" von Schneeberg und anderen Orten die Formel "BiO". Henry James BROOKE & William Hallowes MILLER (1852) zitieren beim Wismutocker die oben erwähnte Analyse von LAMPADIUS und geben als Formel , also BiO3 an. Der Carbonatgehalt wird auch hier nur als Verunreinigung betrachtet.
James Dwight DANA gibt 1868 dem angeblichen Wismutoxid "Bismuth ochre, Wismuthocker" den Namen Bismit. Die Formel lautet auch bei ihm noch "BiO3". Unzutreffenderweise gelten nun seit DANAs Benennung Wismutocker bzw. ähnliche Bezeichnungen als Synonym für Bismit.
Hinsichtlich der unterschiedlichen Formeln muss man beachten, dass zu dieser Zeit noch keine einheitliche Ansicht über die Atomgewichte und damit indirekt auch über die Wertigkeiten herrschte.


           Bismutit

August BREITHAUPT (1841) gibt an, dass vorher schon mehrfach ein kohlensaures Wismutoxid gefunden worden sein soll, die Charakterisierung jedoch nicht eindeutig gewesen ist oder Gemenge vorgelegen haben.
"Auf der Eisensteingrube Arme Hülfe zu Ullersreuth bei Hirschberg im Reussischen Voigtlande findet sich unter anderem in einem hornigen dichten Brauneisenerz: gediegen Wismut, Wismutglanz und Hypochlorid, der erstere in eingesprengten oder kleinen Parthieen, der zweite in eingewachsenen nadelförmigen Krystallen und ebenfalls derb. Diese zwei metallischen, von Kupferkies begleitet werdenden, Mineralien sind zuweilen an ihren Rändern und an der Oberfläche, gewöhnlicher aber durch und durch in eine blassgraue oder grüne Substanz umgewandelt, die, wie ich gefunden habe, mehr oder weniger rein aus kohlensaurem Wismutoxyd besteht, und die deshalb, da sie doch jedenfalls ein eigenthümliches Naturproduct ist, den Namen: Bismutit führen möge. Sie zeigt folgende äussere Kennzeichen: Glasglanz in den reinsten Parthieen, selten lebhaft, öfters gering und bis matt. Die Farbe ist in der aus Wismutglanz entstandenen Abänderung berg- und scghmutzig zeisiggrün, selten bis strohgelb, in der aus gediegenem Wismut entstandenen aber gelblichgrau, stroh- und erbsengelb. Der Strich in den dunkelgrünen Abänderungen grünlichgrau, sonst farblos. Undurchsichtig bis an den Kanten durchscheinend. Gestalt: Nadelförmige After-Krystalle, eingesprengt und derb. Der Bruch ist an den Stellen, welche Glanz besitze, muschelig, mit dem Verlorengehen des Glanzes wird der Bruch uneben, zum Theil fast erdig. Die Härte ist 5 bis 5½ in den frischen glänzenden, bis 4¼ in den glanzlosen Parthieen sinkend. Sehr spröde. Specifisches Gewicht: [...] 6,909 völlig gesteinsfreie Bruchstücke. [...] Grüne, gelbe und graue Abänderungen lösen sich in den Säuren vollständig auf, in der Hydrochlorsäure erfolgt das Aufbrausen selbst ohne Erwärmung".
Eine chemische Untersuchung wurde von Carl Friedrich PLATTNER vorgenommen. Er fand hauptsächlich "kohlensaures Wismutoxyd", in Spuren waren Eisen (wohl Beimengung von Eisenoxydhydrat), Kupferoxyd und Schwefelsäure vorhanden. Quantitative Angaben werden in der Originalbeschreibung nicht gegeben. BREITHAUPT schreibt weiterhin:
"Auch im Erzgebirge ist der Bismutit vorgekommen, 1) zu Schneeberg, durch Umwandlung aus federartig gestreiften Blechen des gediegenen Wismuts entstanden; ich kann jedoch die Grube nicht namhaft machen, und aus Wismutglanz (ganz wie zu Ullersreuth) auf Neue Hoffnung-Stolln zu Aue; 2) im Johanngeorgenstädter Revier auf Bergmännischer Preussen Hoffnung-Stolln".

Erst mehr als 40 Jahre später wird eine quantitative chemische Analyse von Bismutit veröffentlicht. Albin WEISBACH (1880) schreibt dazu:
"Der von BREITHAUPT als Species aufgestellte Bismutit, nach dem gediegen Wismut wohl das verbreitetste und am massenhaftesten vorkommende Wismuterz, war bis jetzt chemisch nur qualitativ untersucht worden. Eine quantitative chemische Analyse schien dringend nothwendig."
Die Analyse führte Clemens WINKLER an Material vom Neuhilfe Flachen der Grube Gesellschaft sammt Sauschwart durch. Als chemische Formel gibt WEISBACH "Bi6CO11 + H2O" an. Weiter schreibt er:
"Im Dünnschliff erwies sich der Bismutit mit graugelber Farbe durchsichtig und doppelbrechend, er ist also nicht amorph, wie BREITHAUPT anzunehmen geneigt war."

In der Folgezeit wurden für Bismutit von verschiedenen Autoren mehrere unterschiedliche Formeln angegeben (nach LINCK, 1930). Allen gemeinsam ist, dass sie einen Kristallwassergehalt aufweisen. Die meisten Formeln lassen sich aber trotz z.T. komplizierter Schreibweisen als Summenformel Bi2CO5 · H2O darstellen. LINCK selber gibt die sehr seltsame und stöchiometrisch nicht ausgeglichene Formel {Bi2O3(CO2 + OH) + m Bi2O3(CO2 + OH)} an.





Kugeliger Bismutit. Grube Weißer Hirsch, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



           Arsenik-Wismuth, Bismutosphärit

In WERNERs Mineral-System (1817) wird unter dem "Wismuth-Geschlecht" eine Spezies "Arsenik-Wismuth" aufgeführt, die BREITHAUPT wie folgt charakterisiert:
"Durch den Arsenik-Wismuth ist dem Wismuth-Geschlecht eine interessante neue Gattung zugewachsen, welche noch gar nicht bekannt ist, aber auch eine mineralische Seltenheit zu seyn scheint. [...] Von Farbe dunkel haarbraun, von Gestalt eingesprengt und in kleinen aufgewachsenen Kugeln und Halbkugeln. Aeusserlich mat und zum Theil mit einem weislichen Uiberzug; inwendig wenigglänzend bis starkschimmernd, von einer Art des Fettglanzes. Der Bruch ist undeutlich faserig, büschel- und sternförmig aus einander laufend, verläuft sich aber auch ins dichte unebene. Er dürfte in splittrige und keilförmige Bruchstükke springen: zeigt deutliche Anlagen zu sehr dün- und konzentrisch krumschaligen abgesonderten Stükken, überhaupt zur Glaskopfstruktur; ist weich, etwas spröde, wahrscheinlich leicht zerspringbar und schwer. Der Arsenik-Wismuth hat im Aeusseren wol eine ziemliche Verwandschaft mit der fasrigen braunen Blende (Schalenblende) [...]. Die schönsten Abänderungen sind, mit Quarz und Hornstein brechend, von Neuglück zu Schneeberg, andere von Adam Heber ebendaselbst."
BREITHAUPT merkt weiter an, wie schon oben erwähnt, dass der Schneeberger Bergmeister Adolph BEYER (gest. 1805) auf einem Etikett das Material als "kohlengesäuerten Wismuthoker oder luftsaures Wismutherz" bezeichnet.
Das Fehlen einer chemischen Analyse führte dazu, dass der Arsenik-Wismuth bestenfalls noch gelegentlich als ein unzureichend bekanntes Mineral erwähnt wurde. Erst Albin WEISBACH untersuchte 1877 das Material erneut und beschrieb es als ein neues Mineral:
"Bismutosphärit. (Werners Arsenikwismuth). Das Werner'sche Arsenik-Wismuth, von welchem bekanntlich zuerst Breithaupt im Jahre 1817 eine Charakteristik nach Musterstücken der von Werner hinterlassenen Sammlung veröffentlicht hat, ist vor einigen Jahren von Herrn Hüttenchemiker Frenzel als ident mit einer durch Denselben neuaufgestellten und zu Ehren Agricola's benannten problematischen Mineralspecies von der chemischen Zusammensetzung des Eulytin angesprochen worden. Diese Behauptung hatte mich seiner Zeit veranlasst, im Werner-Museum die Originalstufen [...] zu besichtigen".
Das Material vom Neuglück-Spatgang, Adam Heber und Siebenschleen Fundgrube, Neustädtel, Schneeberg, entsprach BREITHAUPTs Beschreibung, es bildete kugelige, konzentrisch-schalige Aggregate von hellgelber, hellbrauner bis hin zu schwarzer Farbe. Unabhängig von der Farbe löste sich das Material ohne Rückstand unter Aufbrausen in verdünnter Salzsäure. Die Härte bestimmte er als 3, die Dichte zu 7,28 bis 7,32. Die chemische Analyse (siehe Tabelle unten) wurde von Clemens WINKLER vorgenommen. Dabei zeigte sich, dass das Mineral
"wasserfreies neutrales Wismuthcarbonat ist. Wir belegen dasselbe mit dem Namen Bismutosphärit. Die bisher analysirten natürlichen Wismuthcarbonate enthalten sämmtlich mehrere Procente Wasser und weniger Kohlensäure, sind also basische Wismuthhydrocarbonate."
Als Formel für das Mineral gibt WEISBACH "Bi2CO5" an. Diese Formel entspricht exakt der für Bismutit heute gültigen.


           Neue Formel für Bismutit

1943 untersuchte Clifford FRONDEL zahlreiche Proben von Wismutocker, Bismutit, Bismutosphärit und weiteren angeblich eigenständigen Wismutcarbonaten. Dabei zeigte sich, dass es sich bis auf wenige Ausnahmen um Bismutit handelt. Die thermoanalytischen Untersuchungen ergaben, dass Bismutit die Zusammensetzung Bi2CO5 aufweist. Die in den früheren Analysen gefundenen Wassergehalte sind nicht essentiell für das Mineral, sondern das Wasser ist nur adsorptiv an dem oft sehr feinkörnigen, mikrokristallinem Material gebunden. Nach röntgenografischen Untersuchungen ist Bismutosphärit (und Basobismutit) identisch mit Bismutit. Der Name Bismutit hat Priorität, auch wenn die korrekte Formel zuerst für Bismutosphärit angegeben wurde.

Eine Strukturanalyse an Bismutit wurde von Joel GRICE (2002) durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass das Mineral orthorhombisch kristallisiert, Raumgruppe Imm2, a = 3,865, b = 3,862, c = 13,675 Å, Z = 2. Mit der früher angenommenen tetragonalen Symmetrie ließ sich die Struktur nicht lösen. Es ist jedoch eine ausgeprägte pseudotetragonale Zelle vorhanden.



Chemische Analyse von Bismutit (in Masse-%)

    Wismutocker,
  Schneeberg
  (LAMPADIUS, 1801)    
  Bismutit,
  Schneeberg
  (WEISBACH, 1880)    
  Bismutosphärit,
  Schneeberg
  (WEISBACH, 1877)    
  Bismutit,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  Bi2O3   86.3   95.90   88.58   91.37
  Fe2O3     5.2      
  SiO2         0.28  
  CO2     4.1     2.91     8.97     8.63
  H2O     3.4     1.04    
  Summe      99.0   99.85   97.83 100.00




Literatur:
ALBINUS, P. (1590): Meißnische Bergk Chronica: Darinnen fürnemlich von den Bergkwercken des Landes zu Meissen gehandelt wird / wie dieselben nach einander aufkomen. Mit welcher vrsach vnd gelegenheit auch anderer benachbarten / vnd zum teil abgelegenen Bergkwercken / fast in gantz Europa, etwas gedacht wird / damit man sehe / wie die Bergkwerge nach einander belegt worden. Vnd entlich von allen Metallen vnd Metallarien / Das ist: Den jenigen Erdgewechsen / so man zu den Metallis zu rechnen pfleget / welche im Land zu Meyssen gefunden werden.- Dreszden, 204 p. + Register (p. 41 und 132-133)

BREITHAUPT, A. (1841): Ueber das natürliche kohlensaure Wismutoxyd.- Annalen der Physik und Chemie 129 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 53; 2. Reihe Band 23), 627-630

BROOKE, H.J. & MILLER, W.H. (1852): An Elementary Introduction to Mineralogy.- London, Gilbert & Rivington, 700 p. (p. 222-223)

BRÜNNICH, M.Th. (1770): Cronstedts Versuch einer Mineralogie. Vermehret durch Brünnich.- Copenhagen und Leipzig, C.G. Proft und Rothens Erben, 296 p. (p. 233)

CRONSTEDT, A.F. VON [das Buch ist anonym erschienen] (1758): Försök til Mineralogie, eller Mineral-Rikets Upställning.- Stockholm, Wildiska Tryckeriet, 251 p. (192-193)

DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 185)

EMMERLING, L.A. (1796): Lehrbuch der Mineralogie. Zweiter Theil.- Giessen, bei Georg Friedrich Heyer, 592 p. (p. 440-442)

FRONDEL, C. (1943): Mineralogy of the oxides and carbonates of bismuth.- American Mineralogist 28, 521-535

GRICE, J.D. (2002): A solution to the crystal structures of bismutite and beyerite.- Canadian Mineralogist 40, 693-698

HAIDINGER, W. (1845): Handbuch der bestimmenden Mineralogie, enthaltend die Terminologie, Systematik, Nomenklatur und Charakteristik der Naturgeschichte des Mineralreiches.- Wien, Braumüller & Seidel, 630 p. (p. 579)

KENTMANN, J. (1565): Nomenclaturae Rerum fossilium, que in Misnia praecipue, & in alijs quoque regionibus inueninuntur.- Tiguri (Zürich), 95 a + b p. (p. 87 b). In: GESNER, C. (1565): De omni rerum fossilium genere, jagemmis, lapidibus metallis, et huiusmodi, libri aliquot, plerique nunc primum editi.- Tiguri

LAMPADIUS, W.A. (1801): Handbuch zur chemischen Analyse der Mineralkörper.- Freyberg, Im Verlage der Crazischen Buchhandlung, 362 p. (p. 286)

LEONHARD, C.C. von (1826): Handbuch der Oryktognosie.- Heidelberg, bei J.C.B. Mohr, 2. Auflage, 852 p. (p. 561)

LINCK, G. (Hrsg.) (1930): Handbuch der Mineralogie von Dr. Carl Hintze. Erster Band, 3. Abteilung, Erste Hälfte.- Berlin und Leipzig, Walter de Gruyter & Co., p. 3404-3407

MATHESIUS, J. (1562): Sarepta oder Bergpostill sampt der Joachimßthalischen kurtzen Chroniken.- Gedruckt zu Nürnberg, durch Johann vom Berg und Ulrich Newber, CCCXVIII a + b p. + Anhänge (p. CXLI b)

MINEROPHILUS FREIBERGENSIS (1743): Neues und wohleingerichtetes Mineral- und Bergwercks-Lexicon.- Chemnitz, bei Johann Christoph und Johann David Stößeln, 2. Auflage, 621 p. (p. 602)

RAMMELSBERG, C.F. (1843): Repertorium des chemischen Theils der Mineralogie. Erstes Supplement zu dem Handwörterbuch des Chemischen Theils der Mineralogie.- Berlin, Verlag von C.G. Lüderitz, 160 p. (p. 154)

WALLERIUS, J.G. (1747): Mineralogia, eller Mineralriket, indelt och beskrifvit af Johan Gotschalck Wallerius.- Stockholm, bei Lars Salvii, 479 p.

WALLERIUS, J.G. (1778): Systema mineralogicum, quo corpora mineralia in classes, ordines, genera et species suis cum varietatibus divisa, describuntur, atqve observationibus, experimentis et figures ænis illustratur. Tom. II, Editio nova & correcta.- Viennæ, ex Officina Krausiana, 640 p. + Register (p. 209)

WEISBACH, A. (1877): Mineralogische Mittheilungen. I. Walpurgin, II. Zeunerit und Uranospinit, III. Uranocircit, IV. Bismutosphärit, V. Roselith, VI. Kobaltspath.- Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen, Abhandlungen, p. 42-53

WEISBACH, A. (1880): Mineralogische Notitzen I. 1. Hypargyrit. 2. Lepidophäit. 3. Konarit. 4. Uranotil. 5. Bismutit. 6. Pucherit. 7. Kakochlor (Lithiophorit). 8. Leucit.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1880, Bd. II, 109-114

WERNER, A.G. [herausgegeben und ergänzt von A. BREITHAUPT] (1817): Abraham Gottlob Werner's letztes Mineral-System. Aus dessen Nachlasse auf oberbergamtliche Anordnung herausgegeben und mit Erläuterungen versehen.- Freyberg und Wien, bey Craz und Gerlach und bey Carl Gerold, 58 p. (p. 23 und 56-57)

WERNER, A.G. & HOFFMANN, C.A.S. (1789): Mineralsystem des Herrn Inspektor Werners mit dessen Erlaubnis herausgegeben von C.A.S. Hoffmann.- Bergmännisches Journal 2, Band 1, 369-398




© Thomas Witzke

HOME
TYPLOKALITÄTEN
FUNDORTE
NAMEN
ENTDECKER
SACHSEN
THÜRINGEN
SACHSEN-ANHALT