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Bischofit


Formel: MgCl2·6H2O, monoklin

Typlokalität: Leopoldshall bei Staßfurt, Sachsen-Anhalt

Erstbeschreibung:
OCHSENIUS, C. (1877): Die Bildung der Steinsalzlager und ihrer Mutterlaugensalze unter specieller Berücksichtigung der Flötze von Douglashall in der Egelnīschen Mulde.- Halle, Verlag Pfeffer, 172 p. (p. 156-160)




Durchsichtige Körner von Bischofit. Staßfurt, Sachsen-Anhalt. Das Mineral ist stark hygroskopisch und muss deshalb in einer verschlossenen Glasampulle aufbewahrt werden. Das Foto wude durch das Glas gemacht. Bildbreite 5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Ein sehr hygroskopisches Salzmineral aus dem Stassfurter Revier

In seinem Werk über "die Bildung der Steinsalzlager und ihrer Mutterlaugensalze" berichtet der deutsche Geologe Carl OCHSENIUS 1877 auch über ein neues Salzmineral von Leopoldshall bei Stassfurt, welches sich zusammen mit Kieserit und Carnallit in kristallinen Massen und plattenförmigen Lagen fand:
"Mit Bezugnahme auf das S. 126 Erwähnte und mit Rücksicht auf die Sitte, neue Mineralien nach Männern zu benennen, welche sich um die mineralogischen Wissenschaften verdient gemacht haben, erlaube ich mir, das kürzlich in Leopoldshall als selbstständiges Mineral angetroffene Chlormagnesium, das noch keinen Namen in der Oryktognosie hat, zu Ehren des bekannten Chemikers K.G. Bischof, der der Chemie als höchst wichtiger Hülfswissenschaft in der Geologie höhere Geltung verschaffte,
         Bischofit
zu benennen. Zugleich mag dieser Name auch an den Bergrath F. Bischof, den frühern verdienstvollen Dirigenten der Stassfurter Salzwerke erinnern.
Die Zusammensetzung ist: MgCl2+6H2O; also 11,83 Theile Magnesium mit 34,95 Theilen Chlor und 53,22 Wasser.
Das Krystallisationssystem ist höchstwahrscheinlich, wie das des künstlichen Chlormagnesiums gleicher Zusammensetzung, monoklin. Nadelförmige Krystale schiessen aus einer in gelinder Wärme, am besten über Schwefelsäure, bis zu sehr bedeutender Concentration verdampften Lösung des Salzes an, sind aber sehr zerfliesslich und von der anhängenden Mutterlauge nicht zu befreien.
Von den Blätterdurchgängen ist einer deutlich, ein zweiter weniger ausgeprägter nahezu rechtwinklig gegen diesen, und von einem dritten finden sich nur Spuren.
Der Bruch ist uneben; die Textur krystallinisch körnigblättrig.
Die Farbe des Körpers ist Weiss von verschiedener Reinheit bis Wasserhell. Glänzend bis matt. Das specifiche Gewicht (durch Anwendung von Benzol von 0,884 Dichtigkeit bestimmt) beträgt 1,65. Die Härte ist 1,7. Milde. [...]
Der Geschmack ist stechend bittersalzig. An der Luft wird der Bischofit sehr bald feucht; er ist in 0,6 Theilen kalten Wassers löslich und ebenso in 2 Theilen Alkohols.
In derben krystallinischen Massen, plattenförmigen Lagen, verwachsen mit Carnallit, Kieserit und Salzthon; auch stänglig. [...]
In nicht unbedeutender Menge wurde dasselbe im Juli 1876 in den hangenden Steinsalzschichten der dortigen tiefsten Sohle angetroffen. Hier findet es sich in grauer Steinsalzgrundmasse mit vielen Kieseritstreifen in Lagen von einigen Centimetern Stärke. In seiner z. Th. feinstängligen Textur ähnelt das Salz in der Grube sehr dem Fasergyps."
Mit "Blätterdurchgängen" ist die Spaltbarkeit gemeint. Zwei von Herrn Georg KÖNIG im chemischen Laboratorium zu Marburg durchgeführte Analysen stimmen sehr gut mit der theoretischen Zusammensetzung für MgCl2·6H2O überein (siehe Tabelle unten).

Karl Gustav BISCHOF (1792-1870), nachdem das Mineral benannt wurde, war Professor für Chemie an der Universität Bonn. Sein besonderes Interesse lag in der Verbindung von Chemie und Geologie, chemischen und mechanischen Einflüssen bei der Entstehung der Gesteine sowie der Untersuchung von Mineralquellen. Wie von OCHSENIUS angemerkt, soll der der Name auch an den Bergrat Friedrich BISCHOF, bis 1867 Leiter des Königlich-Preußischen Salzbergwerks Staßfurt und Autor einer Abhandlung über die Steinsalzwerke bei Staßfurt, erinnern.


         Kristallografische Untersuchungen

Die leichte Zerfließlichkeit des Magnesiumchlorides machte kristallografische Untersuchungen sehr schwierig. Erste Studien an synthetischem Material führte M.C. MARIGNAC 1856 durch. Um die Kristalle vermessen zu können, mussten sie mit einem Gummiüberzug versehen werden, was jedoch die Messungen ungenau machte. MARIGNAC bestimmte aus des Messungen weniger Flächen als Grundform ein schiefes Prisma, nach heutiger Terminologie ist es in das monokline System zu stellen.

O. MÜGGE (1906) konnte natürlichen Bischofit von der Grube des Kalisalzwerkes der Gewerkschaft Hercynia in Vienenburg, heute ein Stadtteil von Goslar, Niedersachsen, untersuchen. Die Vermessungen waren nur bei trockenem, kalten Wetter in einem stark geheizten Zimmer möglich. Die Kristalle erlaubten dann recht genaue Messungen. Sieben verschiedene Formen konnten an den Kristallen nachgewiesen werden. MÜGGE bestätigte die monokline Symmetrie und fand ein Achsenabschnittsverhältnis von a : b : c = 1,38724 : 1 : 0,85427 mit β = 93°42'. Die Kristalle sind sehr leicht deformierbar. Bei Belastung tritt eine Gleitung entlang {110} auf. Im mikroskopischen Bild sind dann sehr deutlich parallele Zwillingslamellen zu erkennen.
Die leichte Deformierbarkeit von Bischofit, schon durch den Druck zwischen den Fingern, hatte bereits Carl PRZIBYLLA (1904) kurz vorher festgestellt. Durch Messungen in Petroleum konnte er auch die Dichte des Minerals zu 1,5907 g/cm3 bestimmen.

Eine erste Strukturanalyse von Bischofit mittels röntgenografischer Untersuchungen führten K.R. ANDRESS & J. GUNDERMANN (1934) durch. Dabei wurde eine monokline Zelle mit der Raumgruppe C2/m und den Gitterparametern a = 9,90, b = 7,15, c = 6,10 Å und β = 94° gefunden. Pro Zelle sind zwei Formeleinheiten vorhanden. In der Struktur ist das Magnesium-Kation oktaedrisch von Wassermolekülen umgeben.
Genaue Röntgenpulverdaten der Verbindung konnten C.A. SORRELL & R.R. RAMEY (1974) erhalten. Die daraus errechneten Gitterparameter unterschieden sich nur wenig von den durch ANDRESS & GUNDERMANN (1934) erhaltenen Werten. Eine Strukturverfeinerung mittels Neutronenbeugung, bei der erstmals auch die Wasserstoff-Positionen ermittelt werden konnten, legten P.A. AGRON & W.R. BUSING (1985) vor. Die Raumgruppe wurde dabei bestätigt, ebenso die prinzipiellen Lagen von Mg und Cl in der Elementarzelle. Als Gitterparameter wurden a = 9,8607, b = 7,1071, c = 6,0737 Å und β = 93,758° bestimmt.



Chemische Analyse von Bischofit

    Bischofit
  von Leopoldshall
  OCHSENIUS (1877)     
  Bischofit,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  Mg   11.86 1)   11.98
  Cl   35.04 1)   34.87
  H2O   54.726   53.15
  Summe     101.626 100.00

1) Mittelwert aus zwei Analysen



Literatur:
AGRON, P.A. & BUSING, W.R. (1985): Magnesium dichloride hexahydrate, MgCl2·6H2O, by neutron diffraction.- Acta Crystallographica C41, 8-10

ANDRESS, K.R. & GUNDERMANN, J. (1934): Die Struktur von Magnesiumchlorid- und Magnesiumbromidhexahydrat.- Zeitschrift für Kristallographie 87, 345-369

MARIGNAC, M.C. (1856): Sur les formes cristallines et la composition chimique de divers sels.- Annales des Mines, 5. Serie, 9, 1-51

MÜGGE, O. (1906): Ueber die Kristallformen und Deformationen des Bischofit und der verwandteln Chlorüre von Kobalt und Nickel.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Jahrgang 1906, I. Band, 91-112

OCHSENIUS, C. (1877): Die Bildung der Steinsalzlager und ihrer Mutterlaugensalze unter specieller Berücksichtigung der Flötze von Douglashall in der Egelnīschen Mulde.- Halle, Verlag Pfeffer, 172 p. (p. 156-160)

PRZIBYLLA, C. (1904): Das specifische Gewicht des Sylvins, des Bischofits und des Carnallits und die Bildung des letzteren aus seinen Componenten.- Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1904, 234-241

SORRELL, C.A. & RAMEY, R.R. (1974): X-ray powder data and unit cell parameters of MgCl2·6H2O.- Journal of Chemical and Engineering Data 19, 31-32




© Thomas Witzke (2025)

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