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Betekhtinit (Betechtinit)


Formel: Pb2(Cu,Fe)21S15, orthorhombisch

Typlokalität: Vitzthumschacht (Ernst-Thälmann-Schacht), Hübitz, Siersleben bei Mansfeld, und Wolfschacht (Fortschrittschacht), Volkstedt bei Mansfeld, Sachsen-Anhalt

Erstbeschreibung:
SCHÜLLER, A. & WOHLMANN, E. (1955): Betechtinit, ein neues Blei-Kupfer-Sulfid aus dem Mansfelder Rücken.- Geologie 4, 535-555




Betekhtinit-Kristalle. Thomas-Müntzer-Schacht, Sangerhausen, Sachsen-Anhalt. Bildbreite 4 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Die Entdeckung von Betekhtinit

Arno SCHÜLLER und Erika WOHLMANN beschreiben 1955 ein neues Erzmineral aus den Rückenvererzungen des Mansfelder Kupferschiefers:
"Zu den unscheinbaren und wenig beachteten Mineralen der Rücken gehören aber neben Kupferglanz auch ale anderen aus dem Mansfelder Kupferschiefer selbst bekannten Kupfer-, Blei- und Zink-Sulfide. Die letztgenannten sind räumlich wohl immer von Nickel- und Wismut-Verbindungen getrennt. Es war daher eine Überraschung, daß hier (Vitzthumschacht, Flügel 24, 11. Sohle), meist in enger Verwachsung mit Bornit, Bleiglanz und gediegen Silber, ein weißgelbes bzw. cremegelbes Mineral aufgefunden wurde, das ich zunächst für Wittichenit, Emplektit oder Enargit bestimmt hatte. Für eine röntgenographische Untersuchung wurde vom Anschliff Material ausgebohrt. Eine Ähnlichkeit der Pulveraufnahmen mit den auf Grund der erzmikroskopischen Erscheinung vergleichbaren Wismutmineralen bestand jedoch nicht. Es wäre vielleicht niemals gelungen, den Nachweis zu erbringen, daß keine Kupfer-Wismut-Sulfide, etwa Wittichenit, vorliegen, wenn nicht begeisterte und egabte Sammler, die Herren Bergtechniker ZACHARIAS und Obersteiger KREBS, dieses Mineral in Kristallen aufgefunden und durch Herrn Dr. KAUTZSCH mir zur Bestimmung übergeben hätten. Auf den von beiden Sammlern im Fortschrittschacht, Flügel 8, 10. Sohle, Berg 3c, Rücken in 150°, gefundenen Stücken tritt auf schmalen, mit Kalkspatkristallen belegten Klüften ein schwarzes, meist braun angelaufenes, nadeliges Mineral auf. Die Nadeln haben gewöhnlich nur wenige zehntel Millimeter Durchmesser und erreichen mehr als 1 cm Länge. Die größte Nadel war 5 mm breit und 2 cm lang. Auf einem Handstück waren diese Nadeln mit rötlichweißen Silberblechen und Dendriten bewachsen. [...] Verwachsung der Nadeln erfolgt meist parallel, so daß stark geriefte Individuen entstehen, aber auch senkrecht zur Längsrichtung. Neben spitzen Skalenoedern von Kalkspat als Unterlage trifft man dünne, farblose Blättchen von Cölestin (SrSO4)."
Die Identität der nadeligen Kristalle vom Fortschrittschacht und der erzmkroskopischen Funde vom Vitzthumschacht (Thälmannschacht) wurde durch röntgenografische und spektroskopische Untersuchungen bestätigt. Aus der chemischen Analyse berechnen die Autoren die Formel Cu10PbS6 oder, wenn Eisen mit einbezogen wird, Pb(Cu,Fe)11S6. An anderer Stelle wird noch die Formel Cu10(Fe,Pb)S6 diskutiert. Eine empirische Formel geben die Autoren nicht an, aus der chemischen Analyse lässt sich (bezogen auf S=6) Cu10.77Fe0.36Pb1.03S6 berechnen.
Aus röntgenografischen Untersuchungen wurde orthorhombische Symmetrie und die Gitterparameter a = 3,85, b = 14,67 und c = 22,8 Å für das Mineral errechnet. Die Autoren vermuten eine Verwandtschaft des Minerals zu den Kupferspießglanzen, wie z.B. Wittichenit.

SCHÜLLER & WOHLMANN (1955) nannten das Mineral Betechtinit nach dem sowjetischen Mineralogen Anatoli Georgievich BETECHTIN (1897-1962). Im Deutschen ist diese Schreibweise nach wie vor recht verbreitet, sie führt allerdings zu einer falschen Aussprache des Mineralnamens. Das "ch" muss nicht wie in "Hecht", sondern wie in "Acht" ausgesprochen werden. Die international übliche Schreibweise ist Betekhtinit entsprechend der englischen Transkription "kh" für das russische "x". Diese Schreibweise findet sich erstmals bei Michael FLEISCHER 1956 in einer Zusammenstellung neuer Mineralnamen.


         Weitere Untersuchungen an dem Mineral

Eine spätere Strukturanalyse von DORNBERGER-SCHIFF & HÖHNE (1959) zeigte, dass das Mineral die Zusammensetzung Pb2(Cu,Fe)21S15 aufweist. Sie fanden eine orthorhombische Zelle, Raumgruppe Immm mit a = 3,86, b = 14,67, c = 22,80 Å und Z = 2.

Eine neue Strukturanalyse an Betekhtinit aus der Kupferlagerstätte Dzhezkazgan, Kazakhstan, führten S.V. KRIVOVICHEV & V.N. YAKOVENCHUK (2017) durch. Die orthorhombische Symmetrie und die Raumgruppe Immm wurden bestätigt, auch die Gitterparameter a = 3,9047, b = 14,796, c = 22,731 Å mit V = 1313,3Å2 sind ähnlich den bereits bekannten Werten. Die Struktur ist jedoch komplexer als bisher angenommen. Es sind eine Blei- und dreizehn Kupfer-Positionen im Gitter vorhanden. Das Blei ist in einer Fünfer-Koordination, das Kupfer ist in Vierer-, Dreier- und Zweier-Koordination mit Schwefel. Als Strukturformel aus der Verfeinerung ergibt sich Pb2Cu22.18Fe1.04S15. Als allgemeine kristallchemische Formel für den Betekhtinit geben die Autoren Pb2(Cu,Fe)22-24S15 an.


         Die Typlokalitäten von Betekhtinit

Als Typlokalitäten gelten der Vitzthumschacht (Ernst-Thälmann-Schacht) und der Wolfschacht (Fortschrittschacht), beide in der Mansfelder Mulde gelegen.
Der Vitzthumschacht liegt in der Flur der Gemeinde Hübitz, südlich von Siersleben und östlich von Mansfeld. Der Schacht wude in der Zeit von 1906 bis 1909 abgeteuft und nach Graf Ernst Bernhard Vitzthum von Eckstädt, Mitglied im Vorstand der Mansfeldschen Kupferschiefer bauenden Gewerkschaft, benannt. 1951 erfolgte die Umbenennung in Ernst-Thälmann-Schacht. Wegen Erschöpfung der Abbaufelder wurde 1962 die Produktion eingestellt. Ein markantes Bild im Gelände gibt heute die 130 Meter hohe Spitzkegelhalde des Schachtes.
Der Wolfschacht, südöstlich von Volkstedt gelegen, wurde ebenfalls von 1906 bis 1909 abgeteuft. Beim Abteufen wurden zwei Kaliflöze angetroffen, die von 1911 bis 1914 abgebaut wurden. Die Kupferschieferförderung lief bis 1967. Die Umbenennung in Fortschrittschacht erfolgte 1949. Die Halde des Schachtes weist eine Höhe von etwa 153 Metern auf.

Wahrscheinliches Typmaterial von Betekhtinit befindet sich im Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin. In der Sammlung sind Kristallfragmente von maximal 1 mm Länge in Glasröhrchen Nr. 1998_4621, 1998_4622, 1998_4623, 1998_4624) vorhanden (SCHLÜTER & KURTZ, 2018).



Chemische Analyse von Betekhtinit (in Masse-%)

    Betechtinit,   
  Fortschrittschacht,     
  Volkstedt bei Mansfeld,
  SCHÜLLER & WOHLMANN (1955)   
  Betekhtinit,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  Pb   19.20   17.64
  Cu   61.39   59.51
  Fe     1.83     2.38
  S   17.25   20.47
  Summe       99.94 100.00



Literatur:
DORNBERGER-SCHIFF, K. & HÖHNE, K. (1959): Die Kristallstruktur des Betechtinit, Pb2(Cu,Fe)21S15.- Acta Crystallographica 12, 657

FLEISCHER, M. (1956): New mineral names.- American Mineralogist 41, 370-372

KRIVOVICHEV, S.V. & YAKOVENCHUK, V.N. (2017): New data on betekhtinite: Refinement of crystal structure and revision of chemical formula.- Russian Geology and Geophysics 58, 956-962

SCHLÜTER, J. & KURTZ, R. (Editoren) (2018): Typmineralkatalog Deutschland. http://www.typmineral.uni-hamburg.de/de/main/index.html (abgerufen April 2018)

SCHÜLLER, A. & WOHLMANN, E. (1955): Betechtinit, ein neues Blei-Kupfer-Sulfid aus dem Mansfelder Rücken.- Geologie 4, 535-555




© Thomas Witzke / Stollentroll

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