Die Homepage von Thomas Witzke: Entdeckung von Arsenolamprit
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Arsenolamprit


Formel: As, orthorhombisch

Typlokalität: Grube Palmbaum, Marienberg, Erzgebirge, Sachsen

Erstbeschreibung:
BREITHAUPT, A. (1823): Vollständige Charakteristik des Mineral-Systems.- Dresden, Arnoldische Buchhandlung, 2. Auflage, p. 129 u. 250-251
     (als "Arsenik-Glanz")

Benennung:
HINTZE, C. (1886): Ueber Arsenolamprit.- Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie 11, 606-608
     (als "Arsenolamprit")



           Bereits Ende des 18. Jahrhunderts gefunden, aber nicht erkannt

Das Mineral wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts auf einem Gang in der Grube Palmbaum bei Marienberg, Erzgebirge gefunden, aber auf Grund der bleigrauen Farbe und des starken Metallglanzes für Bleiglanz oder Molybdänglanz gehalten. Johann Carl FREIESLEBEN schreibt 1817 in dem Abschnitt zum "Wasserbley", also zum Molybdänit:
"Auf eine interessante Art kam es ferner im Jahr 1796. auf Palmbaum Fdgr. im Marienberger Refier vor; es lag daselbst theils eingesprengt, theils in eingewachsenen rundlichen Kugeln, mit grob eingesprengten und angeflognen Rothgültigerz, in Gediegen Arsenik. Die kleinen Wasserbleykugeln, die man anfänglich für strahligen Bleyglanz hielt, zeichneten sich besonders durch einen, ins Fasrige übergehenden, schmal und sternförmig auseinander laufend strahligen, Bruch aus."
In einer Mitteilung an Carl Moritz KERSTEN (1828) macht FREIESLEBEN noch genauere Angaben zum Vorkommen und korrigiert das Fundjahr:
"Das fragliche Fossil brach, soviel ich mich erinnere, zu Anfange des Jahres 1798 *) auf dem Palmzweiger flachen Gange bei Palmbaum Fdgbe. zu Gehringswalde, (jetzt Prinz Friedrich Fdgbe.) in wenigen Lachtern vom Kunstschachte gegen Mitternacht von dem vierten Gezeugstreckenorte; seine unmittelbaren Begleiter waren, (ausser Fluss- Schwer- und Kalkspathe, ingleichen Kupfernickel, Speiskobold und gediegen Silber) lichtes Rothgiltigerz und gediegen Arsenik. In dem letztern lag es stets in kleinen Kugeln eingewachsen. Diess seltene Vorkommen, so wie der sternförmig schmalstrahlige Bruch, und die etwas abweichende dunkelbleigraue Farbe, liessen mich dieses Fossil für eine besondere strahlige Art von Bleiglanz halten, von der ich daher auch damals eine ziemliche Parthie, von Marienberg aus, an die bergakademische Niederlage absandte. Der verewigte Werner, der es später in meiner Sammlung sah, hielt es wegen seiner Milde und schreibenden Abfärbens, für Molybdän, und als solches habe ich es auch 1817, mit einigen Notizen über sein Vorkommen, in meinen Geognost. Arbeiten Bd. 6. S. 179 bekannt gemacht.
*) Nicht 1795 oder 1796, wie in meinen Geognost. Arbeiten Bd. 6. S. 179 und in Hrn. Prof. Breithaupts Charakteristik 2. Aufl. S. 250 angegeben ist."
Beide Mitteilungen geben zwar eine für die damalige Zeit gute Beschreibung, erfüllen jedoch nicht die Kriterien für eine Erstbeschreibung, da das Mineral nicht als eigenständig oder neu erkannt, sondern für den längst bekannten Molybdänit gehalten wurde.


           Beschreibung als Arsenik-Glanz

August BREITHAUPT (1823), dem eine Streifung auf den Kristallflächen des Minerals auffiel, untersuchte das Material schließlich genauer und kam zu dem Ergebnis, dass eine neue Spezies vorliegt. Zur chemischen Zusammensetzung schreibt er:
"Arsenik-Glanz.
Farbe, zwischen frisch und schwärzlich bleigrau.
Primärform: Rhomben-Pyramide: nach Dimensionen unbekannt. Z.Z. nur derb. Spaltbar, vollkommen in einer Richtung, welche wahrscheinlich lateral geht. Blumig, blättrig bis strahlig.
H. 2.
G. 5,2 bis 5,5.
[...]
Mit diesem Namen bezeichne ich eine von mir unlängst aufgefundne neue Species, welche zeither ganz verkannt worden ist. [...] Als ich mit der mineralogischen Bestimmung dieser Species zu Stande gekommen, machte ich einige chemische Versuche mit kleinen Partieen, die auf eine sehr interessante Mischung hindeuten. Ich vermuthete dass, da der Arsenik-Glanz ausgezeichnet in die Ordnung der Glanze gehört, und diese (nicht oxydierte) geschwefelte unmagnetische Metalle sind, auch jener ein geschwefeltes Metall sey. Ich fand bald Arsenik als Hauptbestandtheil, allein von Schwefel kaum eine Spur. Ein kleines Stück, nur wenige Augenblicke in eine Lichtflamme gehalten, entzündet sich und verbrennt nachher allein, auf Kohle oder Holz gelegt, wie eine glühende Kohle verglühet, zuweilen einzelne Funken sprühend und mit starker Entwickelung von Arsenik-Dampf; dabei setzt sich ein Kranz weisser Arseniksäure darum an, und nur ein geringer matter Rückstand von röthlichbrauner Farbe bleibt übrig. Dies Verhalten ist ganz einzig. [...] Da der Arsenik darin, ausser mit Schwefel, zuverlässig noch mit einer andern leicht brennbaren Basis verbunden ist, so dürfte auf eine Verbindung mit Phosphor, oder Selen oder Boron hinzuarbeiten seyn. Vielleicht auch, dass eine ganz neue Substanz darin enthalten ist."
Das "G" bezeichnet die Dichte ("Gewicht"). Eine Einheit ist nicht angegeben, jedoch diente als Bezugssystem Wasser = 1, so dass die alten Werte ohne weiteres übertragbar sind.


           Unterschiedliche chemische Analysen

Die später vorgenommenen Analysen differieren etwas. BREITHAUPT (1823) hatte den Chemikern Wilhelm August LAMPADIUS und Heinrich David August FICINUS etwas Material zur Analyse gegeben. LAMPADIUS fand wie BREITHAUPT fast reines Arsen mit einer Spur Schwefel und einer weiteren, nicht identifizierten Komponente, FICINUS fand ebenfalls Arsen, daneben Eisen und vielleicht Zinn, Silizium und Phosphor.
Auch der schwedische Chemiker Jöns Jacob BERZELIUS erhielt Material zur Analyse von BREITHAUPT. Nach seinen Untersuchungen kam er zu dem Ergebnis, dass es sich um As12S handelt (nach FRENZEL, 1874 b).
Carl Friedrich PLATTNER identifizierte bei Lötrohruntersuchungen als Hauptbestandteil Arsen, daneben geringe Mengen von Eisen, Cobalt, Wismut und Schwefel. Carl Moritz KERSTEN (1828, 1832) fand dagegen 96,79 % As und 3,00 % Wismut und hielt es für As12Bi. BREITHAUPT wählte 1832 daraufhin die Bezeichnung "Wismuthischer Arsenglanz". Später bezeichnete er das Mineral als "Hypotyphit" (nach der Eigenschaft langsam zu glimmen), ließ diesen Namen aber offenbar schnell wieder fallen. Franz VON KOBELL (1831) schreibt zu dem Arsenik-Glanz:
"Es ist nicht wohl wahrscheinlich, dass das Wismuth wesentlich zur Mischung gehöre, und vielleicht lässt sich dieses Mineral mit dem gediegenen Arsenik vereinigen, wenn man annehmen kann, dass das verschiedene Verhalten vor dem Lötrohre seinen Grund nur in der Ausbildung der krystallinischen Struktur und der geringen Dichtigkeit habe."


           Eine neue Arsenmodifikation

In einer Arbeit über die Beziehungen von Morphologie und Chemismus äußert BREITHAUPT 1835 die Vermutung, dass Arsen trimorph ist, "hexagonal, rhombisch und hemirhombisch", in Analogie zum Schwefel. Das hemirhombische System wird heute als monoklines bezeichnet. "Mit dieser Hypothese einer Heteromorphie lässt sich auch eine andere Erscheinung erklären ..." - die Unterschiede bei den Eigenschaften, speziell der Dichte, von "Arsenglanz oder Arsenikglanz" und Arsen. "Denken wir uns aber ein Arsen möglich, vielleicht ganz ohne metallischen Glanz und dann mit geringerem spezifischem Gewichte, so wären sofort die merkwürdigen Charaktere des Arsenglanzes erklärt."

Der Freiberger Mineraloge August FRENZEL (1874 b) führte schließlich eine weitere Analyse des Minerals durch. Er fand, dass es sich tatsächlich um Arsen handelt und die Nebenbestandteile nur zufällige sind. Die Eigenschaften des Minerals "lassen es jedoch gerechtfertigt erscheinen, den Arsenglanz als eine besondere Modification des Arsens zu betrachten".
Carl HINTZE bestätigte 1886 nach Analysen von chilenischem Material, welches in allen Eigenschaften mit dem Arsenglanz von BREITHAUPT aus der Grube Palmbaum bei Marienberg übereinstimmt, dass es sich um eine eigene Modifikation des Arsens handelt. Er überträgt den Namen Arsenglanz (bzw. Arsenik-Glanz) ins griechische und nennt das Mineral Arsenolamprit, unter dem es heute bekannt ist. Später stellte sich heraus, dass auch BREITHAUPT selber den Namen Arsenolamprit schon verwendet, aber nicht mehr publiziert hat. Bernhard VON COTTA hat in seinem Exemplar von BREITHAUPTs Handbuch der Mineralogie (3. Band, 1847) handschriftlich ein dem Buch fehlendes Inhaltsverzeichnis hinzugefügt und für den ungedruckten 4. Band nach BREITHAUPTs Vorträgen ergänzt. Hier findet sich die Bezeichnung "kryptischer Arsenolamprit, Arsenglanz" (nach HINTZE, 1904).


           Isotypie mit schwarzem Phosphor

Zdeněk JOHAN (1959) bestätigte bei röntgenografischen Untersuchungen von Material aus Černý Důl, Riesengebirge (Tschechische Republik) die Existenz des Minerals und auch die vermutete Isotypie mit der schwarzen Modifiktion von Phosphor. Er fand eine orthorhombische Zelle, Raumgruppe Bmab, mit den Gitterparametern a = 3.63, b = 4.45, c = 10.96 Å, V = 177.0 Å3 und Z = 8. Die berechnete Dichte beträgt 5.577 g/cm3.

Radiale blättrige, bis über 2 cm große Aggregate die in feinkörnigem Arsen eingewachsen waren und dem Arsenolamprit von der Grube Palmbaum zum Teil recht ähnlich sahen, fanden sich auch in dem Revier Schlema-Hartenstein. Das deshalb öfter als Arsenolamprit bezeichnete Material erwies sich nach röntgendiffraktometrischen Analysen (WITZKE, unveröffentlicht) jedoch stets als normales Arsen.


           Die Typloklität

Die Palmbaum Fundgrube bei Gehringswalde gehört zum Marienberger Bergbaurevier. Um 1589 erschürfte Esaias RÖHLING einen Erzgang und legte hier die Grube Palmbaum an. Bebaut wurden vor allem zwei Erzgänge, der Palmzweig Flache und der Palmbaum Flache. Von 1591 bis 1603 spendete die Grube ununterbrochen reiche Ausbeute. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts lieferte sie 250 Tonnen Silber (MEYER, 2007). Von 1818 bis 1861 wurde das Grubenfeld durch die Prinz-Friedrich Fundgrube bzw. die Johannes Hoffnung Fundgrube bebaut. Eine letzte, kurze Betriebsperiode auf Uranerz gab es von 1947 - 1952 durch die SAG Wismut. Der Palmzweiger Kunst- und Tagesschacht lief hier unter der Bezeichnung Schacht 46, der Palmbaumer Maßen Kunstschacht als Schacht 46bis.



Chemische Analyse von Arsenolamprit (in Masse-%)

   Analyse von
KERSTEN, 1828   
und 1832  
Analyse von
BERZELIUS       
 
Analyse von
FRENZEL, 1874   
 
Arsenolamprit,
theoretische
Zusammensetzung   
As   96.79   96.60   95.86 100.00
Bi    3.00      1.61  
S      3.40    0.99  
Fe        1.01  
Summe        99.79 100.00   99.47 100.00




Literatur:
BREITHAUPT, A. (1823): Vollständige Charakteristik des Mineral-Systems.- Dresden, Arnoldische Buchhandlung, Arnoldische Buchhandlung, 2. Auflage, p. 129 u. 250-251

BREITHAUPT, A. (1832): Vollständige Charakteristik des Mineral-System's.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 3. Auflage, 358 p. (p. 273-274)

BREITHAUPT, A. (1835): Über das Verhältnis der Formen zu Mischungen krystallisierter Körper.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde, 530-538

FREIESLEBEN, J.C. (1817): Beschreibung einiger in meiner Mineraliensammlung befindlichen merkwürdigen sächsischen Fossilien, nebst historischen und geognostischen Bemerkungen über dieselben. Molybdängeschlecht.- Geognostische Arbeiten, 6. Band. Beyträge zur Mineralogischen Kenntniß von Sachsen, Zweyte Lieferung.- Freyberg, bey Craz und Gerlach, 312 p. (p. 178-179)

FRENZEL, A. (1874 a): Mineralogisches Lexicon für das Königreich Sachsen.- Leipzig, Verlag Wilh. Engelmann, 380 p. (p. 26)

FRENZEL, A. (1874 b): Mineralogisches. 4. Arsenglanz.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, 677-678

HINTZE, C. (1886): Ueber Arsenolamprit.- Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie 11, 606-608

HINTZE, C. (1904): Handbuch der Mineralogie, Band I, 1. Abteilung.- Leipzig, Verlag Veit & Co., p. 110-111

JOHAN, Z. (1959): Arsenolamprit - die rhombische Modifikation des Arsens aus Černý Důl (Schwarzental) im Riesengebirge.- Chemie der Erde 20, 71-80

KERSTEN, C.M. (1828): Chemische Untersuchung des Arsenikglanzes von Marienberg in Sachsen.- Schweigger-Seidels Journal der Chemie und Physik 53 (= Jahrbuch der Chemie und Physik für 1828, Band II), 377-391

KERSTEN, C.M. (1832): Ueber die chemische Zusammensetzung einiger Sächsischer Mineralien. 3) Arsenikglanz vom Palmbaum bey Marienberg.- Kalender für den Sächsischen Berg- und Hüttenmann, 156-157

KOBELL, F. VON (1831): Charakteristik der Mineralien. II. Abtheilung.- Nürnberg, bei Johann Leonhard Schrag, 306 p. (p. 20-21) MEYER, F. (2007): Der Marienberger Bergbau um 1600.- Tagungsband 10. Internationaler Montanhistorik-Workhop, Dietrichshütte, Thüringen, 3.-7.10.2007, 170 p. (p. 47-58)





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