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Mineralerstbeschreibungen aus Sachsen. Anhang 4:

Minerale, die von der IMA diskreditiert wurden




In diesem Anhang werden Minerale behandelt, die ursprünglich mit einer sächsische Typlokalität beschrieben, später aber offiziell von der International Mineralogical Association (IMA) diskreditiert wurden.

Dies betrifft den Arsenpolybasit und den Clinomimetesit (Clinomimetit). Beide sind ursprünglich mit Anerkennung durch die IMA beschrieben worden, sie haben sich im Zuge von Redefinitionen von Mineralgruppen später als Polytypen/Polytypoide oder polymorphe Varianten bekannter Minerale erwiesen. Sie wurden offiziell durch die IMA diskreditiert.

Mehrere Lithium-haltige Glimmer wurden vor Etablierung der IMA beschrieben und mit der Revision der Glimmer-Gruppe offiziell diskreditiert. Dies betrifft Protolithionit und den wenig bekannten Paucilithionit, die beide von einem sächsischen, aber auch anderen Fundorten beschrieben wurden. Hier mit aufgenommen wurde auch der Zinnwaldit, obwohl in den ersten Beschreibungen Zinnwald in Böhmen als Fundort erscheint. Die Lagerstätte erstreckt sich jedoch auf böhmischem und sächsischem Gebiet. Der Zinnwaldit wurde bereits im 19. Jahrhundert beschrieben, die Diskreditierung durch die IMA erfolgte, wie bei den anderen Li-Glimmern, im Jahr 1998.


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Arsenpolybasit   =  Pearceit-M2a2b2c, polytypoide Variante von Pearceit


Formel: [Ag9CuS4][(Ag,Cu)6(As,Sb)2S7]

Fundort: Grube Neuer Morgenstern, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen

Beschreibung:
FRONDEL, C. (1963): Isodimorphism of the polybasite and pearceite series.- American Mineralogist 48, 565-572

Diskreditierung:
BINDI, L.; EVAIN, M.; SPRY, P. & MENCHETTI, S. (2007): The pearceite-polybasite group of minerals: Crystal chemistry and new nomenclature rules.- American Mineralogist 92, 918-925


          Die Beschreibung von Arsenpolybasit

Polybasit und Pearceit galten auf Grund ihrer morophologischen und chemischen Ähnlichkeiten lange Zeit als die Glieder einer Mischkristallreihe. PEACOCK & BERRY (1947) fanden bei Einkristalluntersuchungen jedoch, dass beide Minerale nicht isostrukturell sind. Beide sind zwar monoklin (pseudohexagonal / pseudotrigonal) mit der Raumgruppe C2/m, aber die Gitterparameter von Polybasit sind gegenüber denen von Pearceit verdoppelt.
Weitere Untersuchungen von Clifford FRONDEL (1963) zeigten, dass es eine vermutlich lückenlose Mischkristallreihe vom Polybasit zu einem isostrukturellen Arsen-Analogon und eine weitere Reihe vom Pearceit zu einem Antimon-Analogon gibt. Das Arsen-Analogon von Polybasit erhielt nach dem Chemismus den Namen Arsenpolybasit. Für die Untersuchungen wurde eine Stufe aus der Sammlung der Harvard University, Massachusetts, USA mit bis zu 6 cm großen, pseudohexagonalen, tafeligen Kristallen verwendet. Das Exemplar stammte von der Grube Neuer Morgenstern in Freiberg. Als Begleitminerale treten Argentit und Chalcopyrit auf. Für das Typmaterial von Arsenpolybasit wurden die Gitterparameter einer monoklinen Zelle a = 26,08, b = 15,04, c = 24,00 Å und β = 90,00° mit Z = 16 gefunden. Als Formel wird (Ag,Cu)16(As,Sb)2S11 angegeben. Eine weitergehende Beschreibung des Minerals findet sich in der Arbeit von FRONDEL nicht. Sowohl Arsenpolybasit als auch das Antimon-Analogon von Pearceit, der Antimonpearceit, wurden als Minerale von der IMA anerkannt (International Mineralogical Association, 1967).

Als "Sprödglanzerz" bezeichnetes Material von der Grube Neuer Morgenstern hatte bereits Rudolph BRANDES 1818 auf Wunsch von August BREITHAUPT analysiert. Er stellte schon das Fehlen von Antimon fest im Gegensatz zu einem von Martin Heinrich KLAPROTH analysierten Sprödglanzerz. BRANDES beschreibt das von ihm untersuchte Material als eisenschwarz, auf Bruchflächen ins bleigraue gehend, stark metallisch glänzend, mit muscheligem Bruch und gelegentlich erkennbarer blättriger Spaltbarkeit. Kristalle hatte BRANDES von BREITHAUPT offenbar nicht für die Analyse erhalten da er nur derbe Bruchstücke erwähnt. Auf Grund der Spaltbarkeit vermutete BRANDES eine "rhomboidalische", nach heutiger Terminologie trigonal-rhomboedrische Form. Es ist anzunehmen, dass BRANDES bereits das später Arsenpolybasit genannte Mineral vorgelegen hat.


          Redefinition und Diskreditierung

Durch Syntheseexperimente zeigte HALL (1967), dass Kupfer ein notwendiger Bestandteil der Strukturen von Polybasit, Arsenpolybasit, Pearceit und Antimonpearceit ist. Generell sind Minerale der Polybasit-Arsenpolybasit-Reihe kupferärmer als Vertreter der Pearceit-Antimonpearceit-Reihe. Die beiden Reihen werden hinsichtlich des Kupfergehaltes durch ein schmales Zweiphasen-Feld getrennt. Im Arsenpolybasit kann der Cu-Gehalt nach den Syntheseversuchen zwischen 3,0 und 5,2 Masse-% liegen.

Nach einer Neuuntersuchung der Polybasit-Gruppe durch BINDI et al. (2007) zeigte sich, dass es einen recht variablen Chemismus innerhalb der Gruppe gibt und Vertreter mit einfacher Elementarzelle (1a 1b 1c, bzw. kurz 111), mit verdoppelten Parametern a und b (221) sowie mit verdoppelten Parametern a, b und c (222). Die Verdoppelung der Gitterparameter ist im Wesentlichen auf eine geordnete Verteilung von Silber zurückzuführen. Die vorher auf struktureller Grundlage definierten Minerale Pearceit und Polybasit (111 und 222-Zellen) werden jetzt neu definiert auf chemischer Basis: Pearceit mit As > Sb und Polybasit mit As < Sb. Die Formeln lauten [Ag9CuS4][(Ag,Cu)6(As,Sb)2S7] bzw. [Ag9CuS4][(Ag,Cu)6(Sb,As)2S7]. Die unterschiedlichen Varianten lassen sich als Polytypen bzw. Polytypoide beschreiben und erhalten entsprechende Bezeichnungen: Pearceit-Tac (der originale Pearceit), Pearceit-T2ac, Pearceit-M2a2b2c (der ehemalige Arsenpolybasit), Polybasit-Tac, Polybasit-T2ac, Polybasit-M2a2b2c. Die neue Nomenklatur wurde durch die IMA anerkannt und die Namen "Arsenpolybasit" und "Antimonpearceit" diskreditiert.


Chemische Analyse von Arsenpolybasit (in Masse-%)

     Sprödglanzerz,
  Neuer Morgenstern, 
  Freiberg
  BRANDES (1818)   
  Arsenpolybasit,
  Neuer Morgenstern, 
  Freiberg
  FRONDEL (1963)   
  Pearceit,
  theoretische
  Zusammensetzung     
  Ag   65,50   71,20   73,39 2)
  Cu     3,75     3,26     3,50 2)
  Fe     5,46     0,38  
  As     3,30     6,87     6,89
  Sb         0,80  
  S   19,40   17,37   16,12
  sonst.     1,00 1)      
  Summe        99,41   99,88 100,00

1) Gangmaterial
1) gerechnet mit [Ag9CuS4][(Ag5.8Cu0.2)(As,Sb)2S7]


Literatur:
BINDI, L.; EVAIN, M.; SPRY, P. & MENCHETTI, S. (2007): The pearceite-polybasite group of minerals: Crystal chemistry and new nomenclature rules.- American Mineralogist 92, 918-925

BRANDES, R. (1818): Chemische Untersuchung des Sprödglanzerzes von der Grube Neuer Morgenstern bei Freiberg und des Kupferglanzerzes aus Sibirien.- Schweiggers Journal für Chemie und Physik 22, 344-361

FRONDEL, C. (1963): Isodimorphism of the polybasite and pearceite series.- American Mineralogist 48, 565-572

HALL, H.T. (1967): The pearceite and polybasite series.- American Mineralogist 52, 1311-1321

International Mineralogical Association: Commission on New Minerals and Mineral Names (1967): Report.- Mineralogical Magazine 36, 131-136

PEACOCK, M.A. & BERRY, L.G. (1947): Studies of mineral sulpho-salts: XIII - Polybasite and pearceite.- Mineralogical Magazine 28, 1-13


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Clinomimetesit   =  Mimetesit-M, monokline polymorphe Variante von Mimetesit


Formel: Pb5(AsO4)3Cl

Fundort: Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen

Beschreibung:
DAI, Y. (1993): Clinomimetite, The history and substantion of the natural monoclinic dimorph of mimetite.- Mineralogical Record 24, 307-310

Diskreditierung:
PASERO, M.; KAMPF, A.R.; FERRARIS, C.; PEKOV, I.V.; RAKOVAN, J. & WHITE, T.J. (2010): Nomenclature of the apatite supergroup minerals.- European Journal of Mineralogy 22, 163-179




Mimetesit-M ("Clinomimetesit") in gelben Kristallen. Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen. Größe der Stufe 12 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



          Die Beschreibung von Clinomimetesit

1991 beschrieben Y. DAI, M. HUGHES & P.B. MOORE die Kristallstruktur von einem monoklinen, mit Mimetesit, Pb5(AsO4)3Cl, dimorphen Mineral mit dem Namen "clinomimetite". Da im deutschen Sprachgebrauch der Name Mimetesit statt Mimetit üblich ist, soll hier die Bezeichnung "Clinomimetesit" verwendet werden (in anderen Publikationen fand sich auch die Schreibweise "Klinomimetesit"). Das neu beschriebene Mineral kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21/b, mit a = 10.189, b = 20.372, c = 7.46 Å, γ = 119.88° und Z = 4. Um die Beziehung zum hexagonalen Mimetesit mit a = 10.212 und c = 7.419 Å (und γ = 120°) zu verdeutlichen, wurde eine für das monokline System nicht übliche Aufstellung gewählt. Die Strukturen von Mimetesit und Clinomimetesit sind sehr eng verwandt.

Die eigentliche mineralogische Beschreibung von Clinomimetesit wird erst 1993 von Yongshan DAI gegeben. Visuell ist eine Unterscheidung von Mimetesit nicht möglich. Clinomimetesit bildet fassförmige bis kurzprismatische Kristalle. Das Mineral ist auf dem Typexemplar blass grünlichgelb und weist eine Härte von 4 auf. Die gemessene Dichte beträgt 7.36, die berechnete 7.37 g/cm3. Clinomimetesit ist optisch zweiachsig negativ mit 2V = 8°, die Brechungsindizes unterscheiden sich praktisch nicht von denen des Mimetesits. Der wahrscheinlich erste Hinweis auf eine Abweichung von der hexagonalen Symmetrie findet sich schon bei Emile BERTRAND (1885). Er gibt an, dass Mimetesit von Johanngeorgenstadt und von der Grube Wolfgang Maaßen in Schneeberg optisch zweiachsig ist.

Clinomimetesit ist wahrscheinlich deutlich seltener als Mimetesit. Neben Johanngeorgenstadt konnte DAI (1993) das monokline Mineral auch noch von Eureka, USA nachweisen, während sich Proben von sieben anderen Fundorten als hexagonal erwiesen. Der Calciumgehalt scheint eine Beziehung zur Symmetrie zu zeigen. Geringe Ca-Gehalte stabilisieren die hexagonale Struktur. In Mimetesit-Kristallen wurden 0.4 - 1.4 % Ca gefunden, während in Clinomimetesit-Kristallen Ca praktisch nicht nachweisbar war (siehe Tabelle unten).
Das von DAI et al. (1991) untersuchte Typexemplar von Clinomimetesit befindet sich in der Sammlung der Smithsonian Institution (NMNH B13647). Clinomimetesit (Clinomimetit) wurde von der IMA als neues Mineral anerkannt.


          Die Diskreditierung von Clinomimetesit

Auf Grund von Problemen und inkonsistenten Benennungen innerhalb der Apatit-Supergruppe wurde ein Subkommittee der Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification der International Mineralogical Association etabliert, um eine neue Nomenklatur dieser Mineralgruppe zu erarbeiten. Der Bericht dazu wurde von PASERO et al. 2010 veröffentlicht. Der Bericht liefert Regeln für die Benennung von Mineralen mit Apatit-Struktur, definiert Gruppen innerhalb der Supergruppe, und schlägt einige Nomenklaturveränderungen, Diskreditierungen und Änderungen von idealen Formeln vor. Die Vorschläge wurden von der IMA akzeptiert. Die Diskreditierungen betrafen unter anderem die bisher als eigenständige Minerale beschriebenen monoklinen Polymorphe von Hydroxylapatit, Mimetesit und Johnbaumit. Die hexagonalen und monoklinen Strukturen sind sehr ähnlich, sie sind topologisch äquivalent. Nach den Nomenklaturregeln der IMA handelt es sich deshalb nicht um eigenständige Minerale, sondern um polymorphe Varianten. Der Clinomimetesit (clinomimetite) wurde deshalb in Mimetesit-M (mimetite-M) umbenannt und als eigenständiges Mineral diskreditiert.




Mimetesit-M ("Clinomimetesit") in gelben Kristallen. Grube Gnade Gottes und Neujahrsmaaßen, Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen. Größe der Stufe 7 cm. Mit altem Etikett von etwa 1800. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



          Mimetesit von Johanngeorgenstadt

Mimetesit von Johanngeorgenstadt ist schon sehr lange bekannt. Die wahrscheinlich erste Beschreibung stammt von Dietrich Ludwig Gustav KARSTEN von 1804. Ihm als "Gelbbleyerz" von Johanngeorgenstadt zugeschicktes Material war so verschieden von dem Gelbbleierz (Wulfenit) vom Bleiberg in Kärnten, dass er das Material genauer untersuchte und Valentin ROSE etwas zur chemischen Analyse übergab. KARSTEN beschreibt das Mineral wie folgt:
"Die Farbe des Fossils geht (so weit die mir zu Gesicht gekommenen Abänderungen reichen) aus dem Wachsgelben, bis zu dunkel Spargelgrün und blaß Grünlichgraue über. Einzelne Stellen ziehen sich auch etwas ins Honiggelbe, andere ins Olivengrün, und überall ist ein Stich ins Gelbe, als einer Art Grundfarbe, sichtbar.
Es zeigt sich krystallisirt, und zwar in kleinen und sehr kleinen, sehr flachen doppelt sechsseitigen Pyramiden, die Seitenflächen der obern auf die Seitenflächen der untern aufgesetzt, beyde an den Seitenkanten etwas konvex, aber die Kanten an der gemeinschaftlichen Grundfläche da scharf und deutlich, wo die Krystalle ausgebildet sind.
Man findet letztere Theils sehr schön rosenförmig, Theils knospig und kuglicht zusammengehäuft. [...].
Aus dem starkglänzenden bis ins wenigglänzende (bey der traubigen Varietät) übergehend;
Von Diamantglanz.
Inwendig ist das Fossil nur wenig glänzend von Fettglanz;
Es hat splittrigen Bruch;
Springt in unbestimmteckige Bruchstücke;
Ist durchscheinend,
Weich,
Milde und
Ausserordentlich schwer;
7,261 nach meinen Versuchen. [...]
Die Grube, wo man es zu Johann-Georgenstadt angetroffen hat, führt den Nahmen Gnade Gottes und Neujahrsmaaßen."
In einem sich direkt an die Veröffentlichung von KARSTEN anschließenden Artikel beschreibet Valentin ROSE detailliert die chemische Analyse des Minerals. Er findet als Hauptbestandteile "Oxydirtes Bley", "trockne Arsenicksäure" (das ist das Anhydrid, also Arsenoxid) und etwas "Salzsäure". Die Ergebnisse sind in der Tabelle unten dargestellt. Die von ROSE gefundene Zusammensetzung ist nicht weit von der idealen entfernt. Eine weitere Analyse vom "Arseniksauren Bleierz" veröffentlichte Friedrich WÖHLER 1825.


          Die Typlokalität von Mimetesit

Die ältesten Beschreibungen von Mimetesit stammen allerdings nicht von Johanngeorgenstadt. Der schwedische Chemiker und Mineraloge Johann Gottschalk WALLERIUS erwähnt 1747 in seinem Werk "Mineralogia, eller Mineralriket" ein "Plumbum arsenico mineralisatum, minera solida & crystallisata viridi". Hierbei handelt es sich aber vermutlich um Pyromorphit. Der angebliche Arsengehalt wurde vielleicht nur auf Grund der Farbe vermutet, denn WALLERIUS schreibt in einer ausführlicheren, verbesserten Auflage seines Mineralsystems von 1778, dass das Mineral kein Arsen oder Schwefel enthält.

Die wahrscheinlich erste echte Nachricht über das Bleiarsenat stammt von Joseph Louis PROUST von 1787. Er beschreibt kurz ein plomb vert arsenical als ein aus Bleioxyd und Arseniksäure bestehendes Mineral aus Andalusien, Spanien und vergleicht es mit dem mine de plomb verte phosphorique.

Von François Sulpice BEUDANT stammt 1832 der Name "Mimetèse" von griechisch mimetes = Nachahmer, wegen der Ähnlichkeit mit Pyromorphit. Der im deutschen Sprachgebrauch übliche Name Mimetesit stammt von August BREITHAUPT (1841). Wilhelm HAIDINGER führte 1845 den Namen Mimetit ein.


Chemische Analyse von Mimetesit

    neues Bleyerz,
  Johanngeorgenstadt
  (ROSE, 1804)
  Arseniksaures
  Bleierz,
  Johanngeorgenstadt
  (WÖHLER, 1825)
  Clinomimetesit,
  Johanngeorgenstadt
  (DAI, 1993)
  Mimetesit,
  theoretische
  Zusammensetzung
  PbO   77.50   75.59   74.61   74.99
  As2O5   19.   21.20   22.05   23.17
  P2O5       1.32     0.33  
  SiO2         0.14  
  SO3         0.15  
  Fe2O3     0.25      
  Cl     1.53 1)     1.89 1)     2.58     2.38
- O = Cl     - 0.58 - 0.54
  Summe   98.28 100.00   99.28 100.00

1) HCl


Literatur:
BERTRAND, E. (1885): Sur le mimétèse de Schneeberg.- Bulletin de la Societe Minéralogique de France 5, 254-255

BEUDANT, F.S. (1832): Traité élémentaire de Minéralogie.- Paris, Verdière, Vol. 2., 797 p. (p. 594-595)

BREITHAUPT, A. (1841): Vollständiges Handbuch der Mineralogie.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 2. Band, 406 p. (p. 289-290)

DAI, Y. (1993): Clinomimetite, The history and substantion of the natural monoclinic dimorph of mimetite.- Mineralogical Record 24, 307-310

DAI, Y.; HUGHES, M. & MOORE, P.B. (1991): The crystal structures of mimetite and clinomimetite, Pb5(AsO4)3Cl.- Canadian Mineralogist 29, 369-376

HAIDINGER, W. (1845): Handbuch der bestimmenden Mineralogie, enthaltend die Terminologie, Systematik, Nomenklatur und Charakteristik der Naturgeschichte des Mineralreiches.- Wien, bei Braumüller & Seidel, 629 p. (p. 503)

KARSTEN, D.L.G. (1804): Untersuchung eines neuen Bleyerzes. Erster Abschnitt. Aeußere Characteristik desselben.- Neues Allgemeines Journal der Chemie 3 (2. Jahrgang, erstes Heft), 60-64

PASERO, M.; KAMPF, A.R.; FERRARIS, C.; PEKOV, I.V.; RAKOVAN, J. & WHITE, T.J. (2010): Nomenclature of the apatite supergroup minerals.- European Journal of Mineralogy 22, 163-179

PROUST, J.L. (1787): Lettre, sur le borax &c.- Observations sur la Physique, sur l'Histoire Naturelle et sur les Arts 30, 393-396

ROSE, V. (1804): Untersuchung eines neuen Bleyerzes. Zweyter Abschnitt. Chemische Untersuchung des vorbeschriebenen Bleyerzes.- Neues Allgemeines Journal der Chemie 3 (2. Jahrgang, erstes Heft), 65-72

WALLERIUS, J.G. (1747): Mineralogia, eller Mineralriket, indelt och beskrifvit af Johan Gotschalck Wallerius.- Stockholm, bei Lars Salvii, p. 296

WALLERIUS, J.G. (1778): Systema mineralogicum, quo corpora mineralia in classes, ordines, genera et species suis cum varietatibus divisa, describuntur, atqve observationibus, experimentis et figures ænis illustratur.- Editio nova & correcta, Viennæ, ex Officina Krausiana, p. 308-309

WÖHLER, F. (1825): Ueber die Zusammensetzung der phosphorsauren und arseniksauren Bleierze.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 80, 161-172



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Protolithionit = Li-haltiger Annit oder Li-haltiger Siderophyllit oder Fe-haltiger Polylithionit


Formel: Mischkristalle zwischen KFe2+3(AlSi3O10)(OH)2, KFe2+2Al(Al2Si2O10)(OH)2 und KLi2Al(Si4O10)F2.

Fundort: Eibenstock, Sachsen; Geyer, Sachsen (sowie böhmisches Erzgebirge; Karlsbader Gebirge, Karlovy Vary, Tschechische Republik; Fichtelgebirge, Bayern und Tschechische Republik; Cornwall, England, UK; Mourne Mountains, Irland; Vaulry, Montebras, Meymac und La Lizolle, Zentralfrankreich)

Beschreibung:
SANDBERGER, F. (1883): Mitteilung an die Redaktion vom 19. April 1883. Über Lithion-Eisenglimmer und ihre Beziehungen zu Zinnerz-Gängen. Über Plagionit von Arnsberg in Westphalen.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1883, II. Band, 92-94
SANDBERGER, F. (1885): Untersuchungen über Erzgänge. Zweites Heft.- Wiesbaden, C.W. Kreidel's Verlag, p. 159-413 (speziell 167-169)

Diskreditierung:
RIEDER, M.; CAVAZZINI, G.; D'YAKONOV, YU.S.; FRANK-KAMENETSKII, V.A.; GOTTARDI, G.; GUGGENHEIM, S.; KOVAL', P.V.; MÜLLER, G.; NEIVA, A.M.R.; RADOSLOVICH, E.W.; ROBERT, J.-L.; SASSI, F.P.; TAKEDA, H.; WEISS, Z. & WONES, D.R. (1998): Nomenclature of the micas.- Canadian Mineralogist 36, 905-912



          Ein lithium- und eisenreicher Glimmer

Protolithionit wurde zunächst 1883 noch ohne Namen von zwei sächsischen Vorkommen und dann mit Benennung 1885 aus Sachsen und weiteren Fundstellen beschrieben. Über einhundert Jahre galt er als generell akzeptiertes Mineral bis zu seiner Diskreditierung im Jahr 1998.

In einer brieflichen Mitteilung an die Redaktion des Neuen Jahrbuchs für Mineralogie erwähnt Fridolin SANDBERGER (1881), dass die schwarzen Glimmer aus dem Eibenstock-Neudecker Granitstock Lithium-haltig sind. In einer weitere Mitteilung gibt SANDBERGER (1883) eine Analyse des Glimmers von Eibenstock durch Dr. Schröder und eine weitere aus dem Riesengranit von Geyer durch Dr. Niemeyer an. Er schreibt weiter:
"Es versteht sich von selbst, dass diese hocheisenhaltigen Lithionglimmer mit kleinerem Winkel der optischen Axen systematisch von den Zinnwalditen getrennt gehalten werden müssen, obwohl letztere mit ihnen vermuthlich in genetischem Zusammenhange stehen."

Etwas ausführlicher geht SANDBERGER (1885) in einer Publikation über Erzgänge auf Lithium-haltige Glimmer ein und definiert unter dem Namen Protolithionit ein neues Mineral:
"Bereits im ersten Hefte und schon in früheren Mittheilungen wurde nachgewiesen, dass die lithionhaltigen Glimmer ohne Ausnahme kleine Quantitäten von Zinnsäure als Vertreter eines Theiles der Kieselsäure enthalten. Von diese Glimmern kommen für den gegenwärtigen Zweck nur zwei in Betracht, ein tiefschwarzer bis brauner, in dünnen Blättchen mit brauner Farbe durchsichtiger und ein licht bräunlichgrauer, in dünnen Blättchen farbloser, der sog. Zinnwaldit. Der dunkele ist wie der andere optisch zweiaxig, besitzt aber nur einen sehr kleinen Axenwinkel und scheint darum im Nörremberg'schen Apparat zuerst einaxig. Er schmilzt vor dem Lötrohre sehr leicht unter purpurrother Färbung der Flamme und wird eben so leicht von erwärmter Salzsäure zersetzt. Die qualitative Analyse von Proben desselben aus verschiedenen Gegenden ergab mir einen sehr constanten Gehalt an Titansäure und Zinnsäure, sowie etwas Arsen Kupfer, Wismuth und Uran. Dazu kommen noch Spuren von Wolframsäure und die in neuester Zeit von mir in diesem und vielen anderern Glimmern entdeckte Borsäure, die aber nur in geringer Menge vorhanden ist. Bittererde fand ich stets nur in sehr geringer Menge. Hr. Dr. H. Schröder in Leipzig hat einen solchen Glimmer von 2,983 spec. Gew. aus dem Granit von Eibenstock quantitativ analysirt und gefunden:
Kieselsäure . . . . . . . 39,042                
Titansäure . . . . . . . 0,569
Zinnsäure . . . . . . . 0,223
Thonerde . . . . . . . 23,561
Eisenoxyd . . . . . . . 6,096
Eisenoxydul . . . . . . . 12,422
Bittererde . . . . . . . 0,966
Kalk . . . . . . . 0,781
Lithion . . . . . . . 3,386
Kali . . . . . . . 8,514
Natron . . . . . . . 0,713
Wasser . . . . . . . 3,245
Borsäure (von mir qualitativ nachgewiesen)
Fluor wurde leider nicht quantitativ bestimmt.
Dieser Glimmer ist nicht identisch mit Breithaupt's Rabenglimmer, mit welchem weder seine chemischen noch seine physikalischen Eigenschaften übereinstimmen und der auch nicht im Nebengesteine, sondern offenbar als lokaler Vertreter des Zinnwaldits zu Altenberg mit den Erzen auf den Gängen vorkommt, wohl aber mit den schwarzen und braunen Glimmern in zahllosen Graniten des sächsischen und böhmischen Erzgebirges, des Karlsbader Gebirges, des Fichtelgebirges, Cornwalls, Irlands (Mourne Mountains) und Centralfrankreichs (Vaulry, Montebras, Meymac, La Lizolle u.s.w.), welche in mächtigen Stöcken oder einzelnen Kuppen aus Gneiss, Glimmerschiefer oder Phyllit hervorragen. Bei der weiten Verbreitung dieses Glimmers und in Betracht, dass noch ein anderer von ihm sehr verschiedener Eisenlithionglimmer, der bereits erwähnte Zinnwaldit, wenn auch in beschränkterer Verbreitung und nur in Drusen und Gängen in den Lithionit-Graniten bekannt ist, wird es nöthig sein, denselben mit einem eigenen Namen zu belegen, er mag fortan Protolithionit heißen."



          Verschiedene Formeln für den Protolithionit

Die Formeln und Einteilung der Glimmer sind lange Zeit Gegenstand von Diskussionen gewesen. Aufgrund von zum Teil nur wenigen vorliegenden Analysen war dies jedoch kompliziert. A.F. HALLIMOND (1925) unterschied Natrium- und Kalium-Glimmer von den Lithium-Glimmern. Letztere unterteilte er in Lepidolit, Cryophyllit und Protolithionit. Zinnwaldit betrachtete er als intermediär zwischen Lepidolit und Protolithionit. Als Formel für den Protolithionit stellte er "K2O.Li2O.2Al2O3.3RO.6SiO2.2H2O" mit R = Mg,Fe,Mn auf. Übertragen in eine moderne Schreibweise lässt sich das als K2Li2Al4(Mg,Fe,Mn)3Si6O21(OH)4 angeben.

A.N. WINCHELL (1927) unterteilt die Lithium-Glimmer, das "Lepidolit System" in vier Minerale: Lepidolit, Polylithionit, Protolithionit und Cryophyllit. Für den Protolithionit stellt er die Formel H4K2Fe3Al4Si5O22 auf, merkwürdigerweise ohne Lithium als essentiellen Bestandteil. Er betrachtet das Mineral als "heptaphyllisch" = dioktaedrisch. Die Formel entspricht praktisch einem Annit.
WINCHELL ändert (1932) die Formel von Protolithionit in H4K2LiFe4Al3Si6O24. Hier ist Lithium jetzt in der Formel enthalten. Später ändert WINCHELL (1942) die Formel von Protolithionit erneut, vermutlich nach Analysen, die den Fluorgehalt zeigen: K2LiFe4Al3Si6O2OF4. Er betrachtet den Protolithionit jetzt als "oktaphyllisch" = trioktaedrisch. In dieser Arbeit unterteilt WINCHELL die Lithiumglimmer in drei Minerale, Polylithionit, Protolithionit und Paucilithionit. Letzteren definierte er hier neu als eigenständiges Mineral.

Protolithionit findet sich in der Folgezeit öfter in Publikationen, speziell wenn es um lagerstättenkundliche Arbeiten und Li-haltige Glimmer aus Graniten geht (z.B. KUNITZ, 1924; TRÖGER, 1962; GOTTESMANN & TISCHENDORF, 1980), da er als ein generell akzeptiertes Mineral galt.
TISCHENDORF et al. (1997) beschäftigen sich mit den Li-haltigen Glimmern und stellen eine Klassifikation anhand der Kationen in oktaedrischer Koordination in Diagrammen mit Fetotal+Mn+Ti-AlVI / Mg-Li auf. Komplette Formeln werden nicht angegeben, lediglich die Besetzung der oktaedrischen Position. Für Protolithionit wird eine ideale Variante mit (LiFe4Al)VI und eine durchschnittliche, natürliche Zusammensetzung mit (LiFe3Al2)VI angegeben. Daraus würden sich die kompletten Formeln K(Li0,5Fe2Al0,5)(AlSi3O10)(F,OH)2 bzw. K(Li0,5Fe1,5Al)(Al1,5Si2,5O10)(F,OH)2 ergeben. Beide entsprechen einem trioktaedrischen Glimmer.


          Die Diskreditierung

Auf Grund der komplizierten Situation bei den Glimmern, einiger Widersprüche und offenkundig unnötiger Namen wurde von der Commission on New Minerals and Mineral Names der International Mineralogical Association ein Subkommittee zur Bearbeitung dieser Mineralgruppe etabliert. Der Report des Subkommittees für die Glimmer wurde von der CNMMN der IMA akzeptiert und wurde durch RIEDER et al. (1998) publiziert. Er erschien damit lediglich ein Jahr nach der Arbeit von TISCHENDORF et al. (1997). In dem Report wird Protolithionit als eigenständiges Mineral diskreditiert, es stellt einen Li-haltigen Annit, Li-haltigen Siderophyllit oder Zinnwaldit dar, wobei letzterer auch kein eigenständiges Mineral ist, sondern eine Bezeichnung für trioktaedrische Glimmer der Reihe Siderophyllit - Polylithionit oder generell für dunkle, Li-haltige Glimmer.
Der Name Protolithionit wurde danach nur noch vereinzelt in der Fachliteratur verwendet und ist heute eher von historischem Interesse.



Chemische Analysen von Protolithionit (in Masse-%)

     Protolithionit
  Eibenstock
  SANDBERGER  
 (1883) 1)
  Protolithionit
  Geyer
  SANDBERGER  
 (1883) 2)
  Siderophyllit,
  theoretische
  Zusammensetzung    
  Polylithionit,
  theoretische
  Zusammensetzung    
  Annit,
  theoretische
  Zusammensetzung    
SiO2   39,042   37,83   24,99   65,26   33,70
TiO2     0,569     0,30         
SnO2     0,223     Spur         
Al2O3   23,561   24,35   31,80   13,84     9,53
Fe2O3     6,096     7,59         44,78
FeO   12,422   11,78   29,88      
MnO       0,27         
MgO     0,966     0,44         
CaO     0,781     0,20         
K2O     8,514   10,03     9,79   12,79     8,80
Na2O     0,713     2,24         
Li2O     3,386     1,73         8,11    
H2O     3,245     1,28     3,54         3,19
F     n.a.     4,28       10,31  
Summe        99,518 102,27 3) 100,00 100,01 4) 100,00

1) Analyse Dr. Schröder
2) Analyse Dr. Niemeyer
3) -1,80 wegen F äquivalent O, Summe = 100,52
4) nach Abzug von 4,34 wegen F äquivalent O


Literatur:
GOTTESMANN, B. & TISCHENDORF, G. (1980) Über Protolithionit.- Zeitschrift für geologische Wissenschaften 8, 1365-73

HALLIMOND, A.F. (1925): On the chemical classification of the mica group. I. The acid micas.- Mineralogical Magazine 20, 305-318

KUNITZ, W. (1924): Die Beziehungen zwischen der chemischen Zusammensetzung und der physikalisch-optischen Eigenschaften innerhalb der Glimmergruppe.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Beilage-Band 50, 365-413

RIEDER, M.; CAVAZZINI, G.; D'YAKONOV, YU.S.; FRANK-KAMENETSKII, V.A.; GOTTARDI, G.; GUGGENHEIM, S.; KOVAL', P.V.; MÜLLER, G.; NEIVA, A.M.R.; RADOSLOVICH, E.W.; ROBERT, J.-L.; SASSI, F.P.; TAKEDA, H.; WEISS, Z. & WONES, D.R. (1998): Nomenclature of the micas.- Canadian Mineralogist 36, 905-912

SANDBERGER, F. (1881): Mitteilung an die Redaktion vom 23. Dezember 1880. Über den Urangehalt von Primitivsilicaten und die daraus entstehenden Uranmineralien - Über das Auftreten von Zirkon und Rutil in Gesteinen und Mineralien - Färbendes Princip der dunkelen Zirkone - Mineralvorkommen von Schöllkrippen bei Aschaffenburg.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1881, I. Band, p. 257 - 260

SANDBERGER, F. (1883): Mitteilung an die Redaktion vom 19. April 1883. Über Lithion-Eisenglimmer und ihre Beziehungen zu Zinnerz-Gängen. Über Plagionit von Arnsberg in Westphalen.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1883, II. Band, 92-94

SANDBERGER, F. (1885): Untersuchungen über Erzgänge. Zweites Heft.- Wiesbaden, C.W. Kreidel's Verlag, p. 159-413 (speziell 167-169)

TRÖGER, W.E. (1962): Über Protolithionit und Zinnwaldit.- Beiträge zur Mineralogie und Petrographie 8, 418-431

WINCHELL, A.N. (1927): Further studies in the mica group.- American Mineralogist 12, 267-279

WINCHELL, A.N. (1932): The lepidolite system.- American Mineralogist 17, 551-553

WINCHELL, A.N. (1942): Further studies of the lepidolite system.- American Mineralogist 27, 114-130



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Zinnwaldit   =  Mischkristalle der Reihe Siderophyllit - Polylithionit


Formel: Mischkristalle zwischen KFe2+2Al(Al2Si2O10)(OH)2 und KLi2Al(Si4O10)F2.

Fundort: Zinnwald (Cinovec), Böhmen

Beschreibung:
GMELIN, C.G. (1826): Chemische Untersuchung eines Lithion-Glimmers von Zinnwalde in Boehmen.- Annalen der Physik und Chemie 82 (= Pogendorffs Annalen der Physik und Chemie 6), 215-226

Diskreditierung:
RIEDER, M.; CAVAZZINI, G.; D'YAKONOV, YU.S.; FRANK-KAMENETSKII, V.A.; GOTTARDI, G.; GUGGENHEIM, S.; KOVAL', P.V.; MÜLLER, G.; NEIVA, A.M.R.; RADOSLOVICH, E.W.; ROBERT, J.-L.; SASSI, F.P.; TAKEDA, H.; WEISS, Z. & WONES, D.R. (1998): Nomenclature of the micas.- Canadian Mineralogist 36, 905-912




"Zinnwaldit". Zinnwald, Erzgebirge, Sachsen. Größe der Stufe 4 x 4 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



          Zinnwaldit von Zinnwald

Zinnwaldit gehört genau genommen nicht in diese Aufstellung, da in den alten Beschreibungen "Zinnwald in Böhmen" als Fundstelle angegeben wird. Da sich die Lagerstätte Cinovec / Zinnwald jedoch auf böhmischem und sächsischem Gebiet befindet, soll das Mineral hier mit aufgenommen werden.

Christian Gottlob GMELIN veröffentlichte 1826 die Untersuchung eines "Lithion-Glimmers von Zinnwalde in Boehmen":
"Die Farbe des von uns untersuchten Glimmers von Zinnwald ist gelblich-grau. Er ist in vollkommenen sechsseitigen Tafeln krystallisirt, welche Drusen bilden. Krystalle von gelblich-weissem wolframsauren Kalk zeigen sich auf ihm da und dort aufgewachsen.
Sein specifisches Gewicht wurde = 3,000 bei + 11°R gefunden [...].
Für sich schmilzt er vor dem Löthrohr leicht unter Aufschäumen, und indem er die Flamme purpurroth färbt, zu einer dunkelbraunen Kugel."
GMELIN fand bei der Analyse: Kieselerde 46,233; Alaunerde 14,141; Eisenoxyd 17,973; Manganoxyd 4,573; Kali 4,900; Lithion 4,206; Flusssäure 8,530; Wasser 0,831; Summe 101,387 %.

Wilhelm HAIDINGER benennt das Mineral 1845:
"Zinnwaldit. H. Augitisch. Dicke sechsseitige Tafeln. Theilbarkeit 0 ausgezeichnet. Graulichweiss. Optisch zweiaxig. H. = 2.5 ... 3.0, G. = 2.94 ... 2.95. Zinnwald, Böhmen.
Glimmer von Zinnwald."

In dem Glimmer von Zinnwald fand SCHRÖTTER (1862) deutliche Gehalte von Rubidium und Cäsium, die über 0,2 % liegen sollen. Das Material ist deshalb zur Gewinnung der beiden Metalle geeignet.


          Die Diskreditierung von Zinnwaldit

Nachdem Zinnwaldit rund 150 Jahre lang als eigene Spezies galt, wurde er im Zuge einer Revision der Glimmergruppe durch RIEDER et al. (1998) als Bezeichnung für eine Reihe neu definiert, da er keine Endglied-Zusammensetzung aufweist und damit auch kein eigenständiges Mineral darstellt. Zinnwaldit bezeichnet jetzt trioktaedrische Glimmer der Mischkristallreihe Siderophyllit - Polylithionit oder allgemein dunkle, Lithium-haltige Glimmer.
Die Endgliedzusammensetzungen lauten:
SiderophyllitKFe2+2Al(Al2Si2O10)(OH)2
PolylithionitKLi2Al(Si4O10)(F,OH)2.
Zinnwaldit weist oft eine intermediäre Zusammensetzung um KLiFe2+Al(AlSi3O10)F2 auf. Auch das von GMELIN 1826 analysierte Material ist sehr ähnlich, nach Umrechnung von Fe3+ auf Fe2+ ergibt sich K0.47Li1.26Fe1.01 Mn0.26Al0.78(Si3.44 Al0.56O10)F2.01. Diese Analyse fällt in das Feld von Polylithionit.


Literatur:
GMELIN, C.G. (1826): Chemische Untersuchung eines Lithion-Glimmers von Zinnwalde in Boehmen.- Annalen der Physik und Chemie 82 (= Pogendorffs Annalen der Physik und Chemie 6), 215-226

HAIDINGER, W. (1845): Handbuch der bestimmenden Mineralogie, enthaltend die Terminologie, Systematik, Nomenklatur und Charakteristik der Naturgeschichte des Mineralreiches.- Wien, bei Braumüller & Seidel, 630 p. (p. 521-522)

RIEDER, M.; CAVAZZINI, G.; D'YAKONOV, YU.S.; FRANK-KAMENETSKII, V.A.; GOTTARDI, G.; GUGGENHEIM, S.; KOVAL', P.V.; MÜLLER, G.; NEIVA, A.M.R.; RADOSLOVICH, E.W.; ROBERT, J.-L.; SASSI, F.P.; TAKEDA, H.; WEISS, Z. & WONES, D.R. (1998): Nomenclature of the micas.- Canadian Mineralogist 36, 905-912

SCHRÖTTER (1862): Notizen. [Über Lithionglimmer von Zinnwald].- Journal für praktische Chemie 85, 460



TRÖGER, W.E. (1962): Über Protolithionit und Zinnwaldit.- Beiträge zur Mineralogie und Petrographie 8, 418-431




© Thomas Witzke

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