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Zeichen, Tafeln, Inschriften und Zeichnungen im Bergbau

von Dr. Thomas Witzke


1. Gedinge- und Vortriebszeichen, Jahrestafeln, Vortriebstafeln

1.2. Formen von Gedingezeichen

Es können zwei grundlegende Typen von Gedingezeichen unterschieden werden, das "Schneeberger Gedinge" und das "Freiberger Gedinge", benannt nach dem vermutlichen Ort der Entstehung. Beide Typen differieren in Form und Verbreitung. Während das Schneeberger Gedinge zeitlich und räumlich eher begrenzt auftritt, hat das Freiberger Gedinge eine zum Teil recht große Verbreitung erfahren. Die Verbreitungsgebiete überschneiden sich zum Teil. Gelegentlich finden sich auch beide Zeichen in einer Grube, allerdings zeitlich nacheinander.


1.2.1. Das Schneeberger Gedinge

Die nach ADLUNG (1998) "Schneeberger Gedingezeichen" genannte Stufe hat die Form eines "Mercedes"-Sterns. Dieses Zeichen wurde vor allem in den oberen erzgebirgischen Revieren, sowohl den sächsischen als auch den böhmischen, verwendet und war besonders im 16. und 17. Jahrhundert in Gebrauch. Die Vortriebsrichtung ist dem Zeichen nicht zu entnehmen.
Dem Hauer wurde eine bestimmte Geldsumme für eine vorher festgelegte Auffahrung versprochen. Jede Woche, die er am Gedinge arbeitete, wurde der übliche Hauerlohn vom Gedingegeld abgezogen und ausbezahlt. Nach Fertigstellung der Auffahrung war das Restgeld sein Gewinn.


Bild 1.2.1.01:
Das Schneeberger Gedinge.









Bild 1.2.1.02:
Schneeberger Gedinge, um 1585. Auf einer Seitenstrecke des "Ritter St. Georg samt dem Lindwurm Stolln", Wolkenstein, Erzgebirge, Sachsen. Foto Thomas Witzke.









Bild 1.2.1.03:
Schneeberger Gedinge mit einer Inschrift, Quartal Crucis, V. Woche, 1585. Auf einer Seitenstrecke des "Ritter St. Georg samt dem Lindwurm Stolln", Wolkenstein, Erzgebirge, Sachsen. Foto Thomas Witzke.









Bild 1.2.1.04:
Schneeberger Gedinge, 16. Jahrhundert. Grube im Kiesholz, Marienberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto Thomas Witzke.









Bild 1.2.1.05:
Schneeberger Gedinge, 16. Jahrhundert. Reicher Silbertrost Stolln, Geyer, Erzgebirge, Sachsen. Foto Norbert Schüttler.











Die Grube St. Briccius liegt am Ostabhang des Pöhlberges, zwischen Königswalde und Geyersdorf östlich von Annaberg, im Bereich mehrerer nach Norden einfallender Spatgänge. Im Grubengebäude führten die 5-30 cm mächtigen Gänge Kupfer- und teilweise auch bauwürdige Zinnerze.
St. Briccius scheint schon um 1400 auf Zinn bebaut worden zu sein. 1442 erfolgte eine Belehnung und 1468/69 und 1483 brachte Erhard Altmann aus Geyer von St. Briccius und der 200 m westlich gelegenen Heiligen Dreifaltigkeit ca. 200 t Kupfer und etwa 1,3 t Silber aus. 1543-1575 besaßen die Annaberger Bergbauunternehmer Christoph und Barbara Uthmann die beiden Gruben, erbauten eine Schmelzhütte und betrieben letztmalig einen gewinnbringenden Abbau. Ihr Sohn Jacob mußte 1600 St. Briccius aufgeben. Bis zur Stillegung des Bergbaus 1892 wechselten sich Perioden des Stillstands und des Abbaus mit Zubuße ab (LAHL, 1992).
Im sogenannten "Goethestollen" (der angeblich auf Veranlassung von Goethe zur Untersuchung des Pöhlberges getrieben worden sein soll, tatsächlich jedoch schon vor Goethes Geburt angelegt wurde) sind Freiberger und Schneeberger Gedingezeichen zu sehen. Die Freiberger Zeichen finden sich in einem nachgerissenen Bereich, sie stammen also wohl nicht von der Auffahrung des Stollens, im Gegensatz zu den Schneeberger Gedingezeichen.
In der Reihe der Schneeberger Gedingezeichen findet sich auch ein einfacher senkrechter Strich, der sonst nur als Sonderform des Freiberger Gedinges bekannt ist, wenn der Steiger in Vertretung des Geschwornen das Gedinge abgenommen hat. Ob dem Zeichen hier auch diese Bedeutung zukommt oder ob es einfach nur aus irgendeinem Grund nicht beendet wurde, ist unbekannt.

Bild 1.2.1.06:
Schneeberger Gedinge, 16. Jahrhundert. Grube St. Briccius, Niveau Mittlerer St. Briccius im sogenannten "Goethestollen", Königswalde bei Annaberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto Thomas Witzke, Juli 2007.










Bild 1.2.1.07:
Gedingezeichen, 16. Jahrhundert. Grube St. Briccius, Niveau Mittlerer St. Briccius im sogenannten "Goethestollen", Königswalde bei Annaberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto Thomas Witzke, Juli 2007.





Angaben über das Vorkommen von Schneeberger Gedingezeichen (aber bisher keine Fotos) liegen aus folgenden Gruben vor:
"Heilig Geister Stollen" und "St. Erasmus Stollen", Glashütte, Erzgebirge, Sachsen;
"Elias Stollen" und "Ursula Stollen", Pobershau, Erzgebirge, Sachsen;
"Orgel-Stollen", Annaberg, Erzgebirge, Sachsen;
"Segen Gottes Erbstollen", Wolkenburg bei Glauchau, Sachsen;
Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen;
St. Niklasberg bei Moldava, Erzgebirge, Böhmen, Tschechische Republik.




Bild 1.2.1.08:
Verbreitung des Schneeberger Gedinges in Sachsen.



Literatur:
ADLUNG, St. (1998): Gedinge- und Vortriebszeichen im sächsischen Erzbergbau.- Schriftenreihe Akten und Berichte vom sächsischen Bergbau, Heft 7. Jens-Kugler-Verlag Kleinvoigtsberg.

© Thomas Witzke und die jeweiligen Bildautoren


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