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Zeichen, Tafeln, Inschriften und Zeichnungen im Bergbau
von Dr. Thomas Witzke
1. Gedinge- und Vortriebszeichen, Jahrestafeln, Vortriebstafeln
1.2. Formen von Gedingezeichen
Es können zwei grundlegende Typen von Gedingezeichen unterschieden werden, das "Schneeberger Gedinge" und das "Freiberger Gedinge", benannt nach dem vermutlichen Ort der Entstehung. Beide Typen differieren in Form und Verbreitung. Während das Schneeberger Gedinge zeitlich und räumlich eher begrenzt auftritt, hat das Freiberger Gedinge eine recht große Verbreitung erfahren. Gelegentlich finden sich auch beide Zeichen in einer Grube, allerdings zeitlich nacheinander.
1.2.2. Das Freiberger Gedinge
Die zweite Form wird nach ADLUNG (1998) nach dem Ort der Entstehung "Freiberger Gedinge" genannt. Die Grundform des Freiberger Gedingezeichens ist ein senkrechter Strich mit kurzem waagerechten Anstrich in der Mitte, der die Vortriebsrichtung angibt. Daneben gibt eine Reihe von Sonderformen, die zum Teil erstmals bei ADLUNG (1998) dokumentiert werden, für das Nachreißen der Firste oder Strosse (oder Wassersaige) oder auch von Firste und Strosse gemeinsam. In einigen Fällen fehlt der kurze waagerechte Anstrich, vermutlich dann, wenn das Gedinge vom Steiger der Grube in Vertretung des Geschwornen abgenommen wurde. Zu den auf den Bildern dargestellten Zeichen gibt es noch die spiegelbildlichen Formen bei Vortriebsrichtung von der anderen Seite. Nicht immer sind die Zeichen korrekt eingeschlagen. Es gibt sichere Fälle, in denen die waagerechten Anstriche in die falsche Richtung zeigen.
Die Zeichen müssen auch nicht vom Auffahren einer Strecke, sondern können auch vom Nachreißen stammen. Obwohl für spezielle Formen des Nachreißens Sonderzeichen existieren, wurden diese nicht immer verwendet. Es finden sich zum Teil auch normale und Sonderformen innerhalb einer nachgerissenen Strecke.
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Bild 1.2.2.01:
Das Freiberger Gedinge mit Sonderformen.
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Bild 1.2.2.02:
Das Freiberger Gedinge mit Sonderformen.
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Das Gedinge wurde alle vier oder fünf Wochen abgenommen und die Strecke vermessen. Entsprechend der aufgefahrenen Strecke wurde der Gedingegewinn oder Verlust berechnet. Durch die regelmäßige Abnahme des Gedinges konnten veränderte Gesteinsfestigkeiten eher bemerkt und wenn erforderlich, ein anderes Gedingegeld festgelegt werden. Wie in Kapitel 1.1. zu sehen, ist bei kleinen, unbedeutenden Gruben, die vermutlich das Geld für den Geschworenen sparen wollten, auch eine Abrechnung des Gedinges im Quartal erfolgt.
Das Freiberger Gedinge ist nicht nur aus dem Freiberger Revier bekannt, auch in anderen erzgebirgischen Revieren ist es bekannt. Ebenso ist es in Thüringen recht verbreitet, z.B. in Kamsdorf oder Schmiedefeld, und ist bis in das Sauerland/Nord-Hessen anzutreffen.
Die Gedingezeichen sind unterschiedlich groß, von etwa 4 cm bis etwa 20 cm Abmessung, und unterscheiden sich auch in der Ausführung. Einige Beispiele dafür sind auf den folgenden Bildern dargestellt. Eine untypische Form ist gelegentlich im Kamsdorfer Revier zu finden. Sie erinnert an das Zeichen für das Nachreißen von Firste und Strosse, weist jedoch noch einen gegabelten waagerechten Anstrich auf (Bilder 1.2.09 und 1.2.11). Da es sich in verschiedenen Stollen mit "normalen" Zeichen abwechselt und keine Hinweise auf Nachreißen zu finden sind, dürfte es sich wohl nur um eine stilistische Variante von einem Geschwornen handeln.
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Bild 1.2.2.03:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen mit einem Quartalswinkel, aus der Grube Reiche Zeche, Freiberg, Sachsen. Foto Thomas Witzke.
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Bild 1.2.2.04:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen, aus dem ursprünglichen Teil der Müdisdorfer Rösche, Müdisdorf bei Brand-Erbisdorf, Sachsen. Zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Foto Thomas Witzke.
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Bild 1.2.2.05:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen, aus dem Reicher Silbertrost Stolln, Geyer, Erzgebirge, Sachsen. Bemerkenswert ist, dass es in dem Stollen auch ältere Schneeberger Gedingezeichen gibt. Foto Norbert Schüttler.
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In der Grube St. Briccius (siehe Kapitel 1.2.1.) finden sich im sogenannten Goethestolln im Niveau Mittlerer St. Briccius Freiberger und Schneeberger Gedingezeichen. Letztere stammen von der Auffahrung des Stollns, während die Freiberger Zeichen beim Nachreißen geschlagen wurden.
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Bild 1.2.2.06:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen. Grube St. Briccius, Niveau Mittlerer St. Briccius im sogenannten "Goethestollen", Königswalde bei Annaberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto Thomas Witzke, Juli 2007. |
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Bild 1.2.2.07:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen, Oberscheibe bei Schwarzenberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto Holger Lausch.
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Bild 1.2.2.08:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen aus dem Neuhoffnung Stollen, Kamsdorf, Thüringen, vor 1739. Foto Thomas Witzke.
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Bild 1.2.2.09:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen aus dem Neuhoffnung Stollen, Kamsdorf, Thüringen, vor 1739. Untypische Form mit gegabeltem Anstrich. Foto Michael Pfefferkorn.
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Bild 1.2.2.10:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen aus dem Juliane-Stollen, Kamsdorf, Thüringen, zwischen 1727 und 1774. Foto Thomas Witzke.
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Bild 1.2.2.11:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen aus dem Juliane-Stollen, Kamsdorf, Thüringen, zwischen 1727 und 1774. Untypische Form mit gegabeltem Anstrich. Foto Thomas Witzke.
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Bild 1.2.2.12:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen, Mittlerer Fürstenstollen, Steinheid (nordwestlich von Sonneberg), Thüringen. Foto Michael Pfefferkorn.
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Ungewöhnlich ist das Vorkommen von Freiberger Gedingezeichen im Unteren Tiefen Thal Stollen und am Georgschacht in Goldhausen bei Korbach im nördlichen Hessen. Es handelt sich um einen alten, 1585 eingestellten Bergbau auf Gold. In dem Stollen finden sich zahlreiche Zeichen über eine längere Erstreckung, es handelt sich also nicht um ein einmaliges Auftreten, für das man vielleicht eine andere Bedeutung annehmen könnte. Es lässt sich vermuten, dass Freiberger Bergleute den Gebrauch dieser Gedingezeichen mitgebracht haben.
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Bild 1.2.2.13:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen, Unterer Tiefer Thal Stollen, Goldhausen bei Korbach, Sauerland, Nord-Hessen. Vor 1585. Foto Thomas Witzke.
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Bild 1.2.2.14:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen, am Georgschacht (neben einem Bereich, der offenbar besonders sorgfältig auf Gold abgebaut wurde), Goldhausen bei Korbach, Sauerland, Nord-Hessen. Vor 1585. Foto Thomas Witzke.
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Bemerkenswert ist die im folgenden Bild dargestellte Situation mit zwei Gedingezeichen und einem Markscheidekreuz. Dass nur die Auffahrung weniger cm im Gedinge vereinbart wurde, ist sehr unwahrscheinlich, dafür dürfte der Verwaltungsaufwand zu groß sein. Möglicherweise hat es hier eine Korrektur gegeben oder das Gedinge ist aus irgendwelchen Gründen abgebrochen worden.
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Bild 1.2.2.15:
Einfaches Freiberger Gedingezeichen, Markscheidekreuz und zweites Gedingezeiches, aus dem Juliane-Stollen von Kamsdorf, Thüringen. Zwischen 1727 und 1774. Foto Michael Pfefferkorn.
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Weitere Angaben über das Vorkommen von Freiberger Gedingezeichen liegen aus folgenden Gruben vor:
"St. Lampertus", Hohenstein, Sachsen;
Könitz bei Saalfeld, Thüringen;
Stollen am Eichberg, Wickersdorf südwestlich von Saalfeld, Thüringen;
"Mit Gebeth und Arbeit", Reichmannsdorf südwestlich von Saalfeld, Thüringen;
"Glücksbrunn", Glücksbrunn, Thüringen.
Bild 1.2.2.16:
Verbreitung des Freiberger Gedinges in Sachsen.
Bild 1.2.2.17:
Verbreitung des Freiberger Gedinges in Thüringen.
Literatur:
ST. ADLUNG (1998): Gedinge- und Vortriebszeichen im sächsischen Erzbergbau.- Schriftenreihe Akten und Berichte vom sächsischen Bergbau, Heft 7. Jens-Kugler-Verlag Kleinvoigtsberg.
© Thomas Witzke und die jeweiligen Bildautoren
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