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Neolithischer Bergbau in den Niederlanden
Der neolithische Feuerstein-Bergbau in Rijkholt bei Maastricht Die neolithischen Feuerstein-Gruben liegen östlich von Rijkholt in einem Wäldchen am Hang einer Hügelkuppe. Um die durch einen Forschungsstollen erschlossenen Grubenfelder liegen im Wald Abschlagplätze, an denen zahlreiche kleine und größere Feuerstein-Splitter mit z.T. deutlich erkennbaren Schlagspuren zu finden sind, sowie Plätze, an denen offenbar ungeeignete Feuersteinkonkretionen aussortiert wurden. Der Feuerstein-Abfall an solchen Plätzen erreicht z.T. bis 1,50 Meter Mächtigkeit. Feuerstein-Abschläge von Rijkholt bei Maastricht. Platz mit aussortierten Feuerstein-Knollen in Rijkholt bei Maastricht. Die rund 5000 Jahre alten, neolithischen Feuerstein-Gruben sind durch einen modernen, etwa 150 Meter langen Stollen aufgeschlossen. Am linken und rechten Stoß des Stollens sind in der Ausmauerung zahlreiche Öffnungen gelassen, durch die man in die prähistorischen Abbaue sehen kann. Diese Öffnungen sind durch Gitter verschlossen. Lage des Forschungsstollens und der erschlossenen Grubenfelder. Foto von einem Plan im Forschungsstollen. Da die Abbaue recht oberflächennah liegen und da bei den Ausgrabungen der Versatz aus den Abbauen entfernt wurde, mußten sie abgestützt werden. Die Abstützung erfolgte mit Stahlstützen und -schienen, die heute ziemlich angerostet und wenig ästhetisch aussehen. Blick in die neolithischen Feuerstein-Abbaue mit modernem Ausbau. Blick in die neolithischen Feuerstein-Abbaue mit modernem Ausbau. Blick in die neolithischen Feuerstein-Abbaue mit modernem Ausbau. Der Betrieb der neolithischen Gruben Eine C14-Datierung von Holzkohle in einem Schacht ergab ein Alter von 3150 Jahren vor der Zeitrechnung. Eine Schautafel im Forschungstollen erwähnt C14-Datierungen zwischen 3750 und 3940 v.d.Z. Die Gruben lassen sich damit eindeutig ins Neolithikum stellen. Das Neolithikum umfasst in Europa die Zeit zwischen etwa 5500 und 2000 v.d.Z. Metallwerkzeuge waren zu dieser Zeit noch nicht bekannt. Man schätzt die Dauer des Bergbaus in Rijkholt auf etwa 500 Jahre. Längere Unterbrechungen sind nicht anzunehmen. Die Abbau-Periode lag wahrscheinlich irgendwann zwischen etwa 3950 und 2650 v.d.Z. Eventuell ist auch von mehreren Perioden auszugehen. Der wissenschaftlich untersuchte Bereich umfasst eine Fläche von 2436,6 Quadratmetern mit 75 Schächten. Blick in die neolithischen Abbaue. Blick in die neolithischen Abbaue. Blick in die neolithischen Abbaue. Die Abbautechnik Von der Erdoberfläche wurden runde Schächte mit einem Durchmesser von etwa 1 m angelegt. Dabei wurden die Deckschichten aus Löss und Lehm durchteuft, bis man an die feuersteinführenden Kalkschichten kam. Im Kalkstein wurden auch einige Lagen nicht bauwürdiger oder wenig geeigneter Feuersteine durchteuft. Die Schächte erreichten Tiefen von 5 bis 12 Metern. Der Abraum wurde von einem Helfer nach oben gezogen, wie Seilspuren in den Schächten belegen. Wenn die gewünschte Feuerstein-Lage erreicht war, wurde der Sohlenbereich erweitert und mehr oder weniger sternförmig kurze Strecken oder Örter aufgefahren. Die Strecken erreichten nur wenige Meter Länge und wiesen Firsthöhen um 60 cm auf. Zum Teil gehen von diesen Strecken noch Seitenörter ab. Die Berge der zuerst aufgefahrenen Strecke wurden nach oben gefördert. Berge der weiteren Strecken versetzte man in die vorher aufgefahrenen, so dass nur wenig Abraum nach oben transportiert werden musste. Im allgemeinen bestanden auch Verbindungen zu den Nachbargruben, so dass es hier einerseits Fluchtmöglichkeiten gab, und andererseits auch für zusätzlichen Lichteinfall gesorgt war. Die Beregleute verwendeten kein Geleucht, sondern arbeiteten bei dem Tageslicht, das über die Schächte einfiel und von den hellen Kalksteinstößen gut reflektiert wurde. Als Gezähe wurden Hacken aus Feuerstein sowie Hacken und Brechwerkzeuge aus Hirschhorn und Schaufeln aus Schulterblättern verwendet. Blick in die neolithischen Abbaue. Zu erkennen sind auch Spuren der Werkzeuge. Blick in die neolithischen Abbaue. Blick in die neolithischen Abbaue. Die Weiterverarbeitung des Feuersteins Der gewonnene Feuerstein wurde nach oben transportiert und die unbrauchbaren Stücke ausgesondert. Brauchbares Material wurde zu Waffen und Werkzeugen verarbeitet. Hergestellt wurden z.B. kleinere Klingen und größere Beile. An Ort und Stelle wurden nur Rohformen hergestellt. Feinbearbeitung und eventueller Schliff der Werkzeuge erfolgten an anderer Stelle. Die Werkzeuge und Waffen aus dem Rijkholter Feuerstein waren begehrte Handelsartikel und wurden bis in einen Umkreis von 400 km nachgewiesen. Rechnet man die archäologischen Befunde auf das gesamte Grubenfeld hoch, so kommt man auf eine Masse an gewonnenem Feuerstein zwischen 19.580 und 23.140 Tonnen. In dem Areal sind etwa 2000 Schächte vorhanden gewesen. Bei einer Bergbauzeitzeit von rund 500 Jahren ergibt das im Mittel 4 Schächte pro Jahr. Das von einem Schacht erreichbare Abbaufeld kann im Durchschnitt in 35 Tagen abgebaut werden. Durchschnittlich 75 % des Feuersteins fallen als Abfall an. Pro Tag könnten zwischen 163 und 193 Feuersteinobjekte gefertigt worden sein. Der Abbau ist also von wenigen Personen zu bewerkstelligen gewesen. Abbau und Weiterverarbeitung fanden sicher arbeitsteilig statt. Bei der Menge an produzierten Werkzeugen kann hier durchaus von einem industriellen Ausmaß gesprochen werden. Die Entdeckung der Feuersteingruben und die Anlage des Forschungsstollens Die ersten Funde von Feuersteinabschlägen erfolgten 1886 durch den belgischen Archäologen Marcel de Puydt. Der erste echte Schacht konnte 1910 von Prof. Joseph Hamal-Nandrin entdeckt werden. In den folgenden Jahren stieß man auf weitere Schächte und ein Stollensystem. Zwischen 1923 und 1932 wurden zahlreiche weitere Grabungen durchgeführt, u.a. auch mit Unterstützung einer Gruppe im Exil lebender französischer Dominikaner-Mönche. Dabei konnten neben Schächten und Grubenbauen auch neolithische Keramik, menschliche Knochenreste sowie zahlreiche Feuersteinhacken und Hirschgeweihwerkzeuge gefunden. Ab 1964 kam es zu erneuten Grabungen. Man beschloss, einen Forschungsstollen durch das prähistorische Grubenfeld aufzufahren. Die Arbeiten dazu begannen am 6.6.1964. Der Ausbau des Stollens erfolgte zunächst mit Holz, ab 1965 mit Stahl. Bei den Arbeiten wurde auch ein Schädel gefunden, der in einem prähistorischen Stollen abgelegt war. Die Fundsituation spricht für eine rituelle Schädelbestattung. 1972 erreichte der Forschungsstollen eine Länge von 150 Metern. In den folgenden Jahren nahm man Sicherungs- und Konservierungsarbeiten, z.B. das Einsetzen von Stahlausbau in den alten Bauen, vor. 1979 wurde der Forschungsstollen offiziell eröffnet. Die Grube ist nicht allgemein zugänglich, aber kann nach spezieller Voranmeldung befahren werden. Das Mundloch des Forschungsstollens. |
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© Thomas Witzke / Stollentroll |